Zwei Megadeals und die Corona-Krise haben den deutschen Private-Equity-Markt im ersten Halbjahr geprägt. Die Zahl der Deals brach von 112 im Vorjahreszeitraum auf 94 ein.

 

Das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Private-Equity-Markt ist im ersten Halbjahr von 112 auf 94 Deals eingebrochen

Transaktionswert hat sich auf 24,2 Milliarden Euro mehr als verdreifacht

Der 17,2 Milliarden Euro teure Verkauf der thyssenkrupp Aufzugssparte war der größte Buyout überhaupt in Deutschland

Private-Equity-Markt dürfte in der zweiten Jahreshälfte wieder an Fahrt aufnehmen

Zwei Megadeals und die Corona-Krise haben den deutschen Private-Equity-Markt im ersten Halbjahr geprägt. Die Zahl der Deals brach von 112 im Vorjahreszeitraum auf 94 ein. Das entspricht einem Rückgang um 16 Prozent und markiert den niedrigsten Wert seit 2016. Insbesondere im zweiten Quartal machte sich die Zurückhaltung der Finanzinvestoren infolge der Corona-Pandemie bemerkbar: Von April bis Juni führten sie lediglich 38 Deals durch, im ersten Quartal waren es noch 56 Transaktionen.

Trotz des deutlichen Rückgangs: Der Transaktionswert war mit 24,2 Milliarden Euro von Januar bis Juni mehr als drei Mal so hoch wie im Vorjahreszeitraum. Ein so hoher Wert ist bisher in keinem ersten Halbjahr im Betrachtungszeitraum erzielt worden. Das lag vor allem an zwei Megadeals, die noch im ersten Quartal zustande kamen: Der Verkauf der Aufzugsparte von thyssenkrupp an ein Konsortium um Advent, Cinven und RAG markierte mit 17,2 Milliarden Euro das größte Buyout überhaupt in Deutschland. Hinzu kam die 2,8 Milliarden Euro teure Übernahme der Deutschen Glasfaser durch EQT und Omers.

Bei strategischen Investoren war eine ähnliche Entwicklung zu beobachten:  Während die Zahl der Deals von 265 auf 236 um elf Prozent zurückging, stieg der Transaktionswert deutlich um 73 Prozent auf 25,2 Milliarden Euro. In acht Fällen ließen sich strategische Investoren einen Deal mehr als eine Milliarde Euro kosten – mit Abstand die größte Transaktion war die Übernahme der Bombardier Transportation GmbH durch Alstom für 8,2 Milliarden Euro.

Das sind Ergebnisse einer Analyse des deutschen Private-Equity-Marktes durch das Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY (Ernst & Young).

Sandra Krusch, EY-Partnerin und Leiterin Private Equity für Deutschland, Österreich und die Schweiz kommentiert die Zahlen: „Die Corona-Pandemie hat im ersten Halbjahr den deutschen Private-Equity-Markt bestimmt. Die Finanzinvestoren waren zunächst zurückhaltend, weil die Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen noch nicht richtig abzuschätzen waren. Zahlreiche Deals wurden daher auf Hold gesetzt. Mit den Finanzergebnissen des zweiten Quartals können Investoren diese Auswirkungen nun besser beurteilen.“

Zahl der Exits verringert sich – strategische Investoren standen als Abnehmer bereit

Die Zurückhaltung hat sich insbesondere bei den Exits bemerkbar gemacht: Es kamen lediglich 14 Secondary Buyouts – also Verkäufe an andere Finanzinvestoren – zustande. Das ist der niedrigste Wert seit dem ersten Halbjahr 2016. Ein Börsengang kam in dem ungünstigen Umfeld erst gar nicht zustande. Strategische Käufer zeigten dagegen reges Interesse: 28 Mal standen sie als Abnehmer von Unternehmensbeteiligungen von Finanzinvestoren bereit, in der Vorjahresperiode war dies nur 21 Mal der Fall. Insgesamt sank die Zahl der Exits von 44 auf 42.

Wolfgang Taudte, Partner bei EY: „Das Umfeld für Verkäufe oder gar Börsengänge war äußerst ungünstig. Während Finanzinvestoren sich als Käufer spürbar zurückhielten, traten strategische Investoren dagegen häufiger in Erscheinung. Das liegt unter anderem daran, dass diese gerade in Krisenzeiten Konzernumstrukturierungen vorantreiben müssen und mit Zukäufen Synergien erzielen können.“

Industrieunternehmen und Informationstechnologie am begehrtesten

Daran orientierten sich immer stärker auch Finanzinvestoren: Sie investierten im ersten Halbjahr am häufigsten in die Bereiche Industrie (21 Deals) und Informationstechnologie (20 Deals). In den Industriebereich floss mit 18 Milliarden Euro auch das meiste Geld – wobei der weit überwiegende Anteil auf die Akquisition von thyssenkrupp Elevator entfiel. „Viele Unternehmen befinden sich mitten im Umbau“, so Taudte. „Die Digitalisierung, die Anpassung von Lieferketten und ein geändertes Käuferverhalten zwingen zahlreiche Firmen zur Anpassung ihres Portfolios. Zukäufe sind in dem Fall oft das einfachste und schnellste Mittel. Finanzinvestoren haben sich ein immer besseres Sektorenwissen angeeignet und stellen sich mit ihren Investitionen in bestimmte Branchen auf die Bedürfnisse von Unternehmen ein.“

Nach Ansicht von Sandra Krusch wird ein leichter Anstieg des Private-Equity-Markt in der zweiten Jahreshälfte erkennbar sein: „Unternehmen brauchen in der jetzigen Situation Liquiditätsspritzen sowie einen Sparringspartner, um ihre Geschäfte zu stabilisieren und ihre Lieferketten zu managen. Gut aufgestellte Finanzinvestoren können genau dies leisten. Hinzu kommt, dass viele Deals, die zunächst ausgesetzt wurden, weiterhin in der Pipeline sind. Sofern die Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht gravierender werden, dürfte der Private-Equity-Markt im weiteren Jahresverlauf Fahrt aufnehmen.“

 

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