DIFI fällt ungebremst

 

Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) von JLL und dem ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, der vierteljährliche Stimmungsindikator für gewerbliche Immobilienfinanzierungen in Deutschland, ist im zweiten Quartal 2020 um 37,8 Punkte zurückgegangen. Mit einem Minus von 56,7 Punkten handelt es sich um den tiefsten Stand des DIFI seit Beginn der Umfrage 2011.

“Corona und die damit verbundenen vielfältigen gesamtwirtschaftlichen Folgen haben den DIFI ungebremst fallen lassen. Dabei stehen die Teilsalden aller Nutzungsarten im Minus. Insgesamt ergibt sich das pessimistischste Gesamtbild der letzten zehn Jahren”, so Anke Herz, Team Leader Debt Advisory JLL Germany. Allerdings, betont Herz, gebe es keine Liquiditätskrise, Finanzierungen seien verfügbar. “Solides Produkt ist bei den Banken immer noch begehrt und wird, wenn auch zu einem niedrigeren Auslauf zu höheren Preisen finanziert”, so Herz. Opportunistisches Produkt finde alternative Finanzierer, die verstärkt in den Markt kommen – sofern man bereit und in der Lage ist, den Preis zu zahlen.

Die Mehrheit der befragten Experten*, Investoren, Kreditinstitute und Beratungshäuser geht sowohl für die Finanzierungssituation der vergangenen sechs Monate als auch in punkto der Finanzierungserwartungfür das kommende Halbjahr von deutlichen Verschlechterungen aus. Ein Minus von 62,4 bzw. 55,8 Punkten zeigt die Stimmung deutlich auf. “Fast alle Wirtschaftsbereiche mussten und müssen drastische Einschnitte verkraften. Die Prognosen zur Wirtschaftsentwicklung 2020 in Deutschland schwanken stark, reichen aktuell bis zu einem Minus von 9 Prozent”, so Dr. Carolin Schmidt, Department International Finance and Financial Management am ZEW, und sie ergänzt: “Man kann derzeit noch gar nicht absehen, wie sich die vielfältigen Konjunkturpakete der Bundesregierung, der EZB und der EU-Kommission mittel- und langfristig auswirken werden. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Experten mehr als deutlich von einer optimistischen Sicht entfernt sind.”

Nur der Logistiksektor könnte profitieren

Keine der benannten Nutzungsarten konnten sich nach Einschätzung der Expert*innen der Corona-Krise in den letzten Wochen entziehen. Situations- und Erwartungsergebnisse betrifft das gleichermaßen – mit deutlichen Unterschieden in den einzelnen Sektoren. Dabei kommen die Logistikimmobilien noch am besten weg. Mit einem Rückgang um 30,8 Punkte erreicht diese Nutzungsart beim Blick auf die Finanzierungssituation einen Stand von minus 26,5 Punkten. Für die Zukunft erwarten die Befragten sogar einen leichten Aufwärtstrend um 2,6 Punkte auf minus 15,3 Punkte. “Damit bleiben lediglich Logistikimmobilien, getrieben durch den Anstieg im Onlinehandel, relativ wertstabil”, so Anke Herz. Stark eingebrochen ist demgegenüber die Stimmung für die Finanzierungssituation des Einzelhandels und die Einschätzung für dessen Entwicklung in den kommenden sechs Monaten. Deutlich mehr als 80 Prozent der Befragten gaben eine negative Prognose ab; eine Chance auf Verbesserungen sehen sie nicht. “Bereits vor der Corona-Krise waren im Einzelhandel die Einschätzungen auf einem niedrigen Niveau. Alle weiteren Rückgänge fallen damit relativ betrachtet weniger ins Gewicht”, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Hart hat es auch die Büro- und vor allem die Hotelimmobilien getroffen. Bei Büros macht sich die rückläufige Nachfrage sowie die Erwartung steigender Homeoffice-Nutzung bemerkbar. Bei Hotels sind es in Corona-Zeiten die Absagen privater und dienstlicher Reisen sowie der großen Messen. Eine Verschlechterung der Finanzierungssituation zeigen die Minuswerte von 65,4 bzw. 84,0 Punkten. Dies entspricht Einbrüchen seit dem Vorquartal von minus 61,2 und minus 79,4 Punkten. “Ob beide Nutzungsarten sich aufgrund der Lockerungen der Beschränkungen auf Sechsmonatssicht zumindest leicht erholen können, ist eher fraglich. Nur ein kleiner Teil der Umfrageteilnehmer*innen hält dies für möglich. Der weitaus größere Teil erwartet hingegen, dass die starken Einbrüche der vergangenen Monate ihre Spuren hinterlassen werden”, so Anke Herz.

Auch die Kurve für Refinanzierungsmärkte zeigt nach unten

Nach einer eher hoffnungsvollen Bewertung der abgefragten Finanzierungsinstrumente durch die Expert*innen im Vorquartal sind im aktuellen Umfragezeitraum sowohl die Lageeinschätzungen als auch die Erwartungen stark zurückgegangen. Leichte Hoffnung bei den Befragten ist allein für Pfandbriefe erkennbar. Für dieses Refinanzierungsinstrument erwarten die Experten auf Halbjahressicht eine leichte Lageverbesserung. “In Zeiten der globalen Unsicherheit macht sich der als relativ sicher geltende Pfandbrief offensichtlich bezahlt”, so Herz.

Die übrigen Refinanzierungsinstrumente kommen für beide Zeiträume schlecht weg; unbesicherte Schuldverschreibungen, Mortgage Backed Securities und Immobilienaktien werden sich nach Einschätzung der Umfrageteilnehmer stark negativ entwickeln.

Der Margendruck scheint vorbei

Bei der Einschätzung markttypischer LTVs (Fremdfinanzierungsanteile bezogen auf Marktwerte) zeigen sich im Core- und Value-Add-Segment gleichläufige Tendenzen: Während die Beleihungsausläufe für die Nutzungsarten Einzelhandel und Wohnen leicht zulegen, sehen die Befragten sinkende LTVs für die übrigen Assetklassen. Am stärksten rückläufig sind die Beleihungsausläufe bei Hotels im Core-Segment: Diese sind seit dem Vorjahresquartal von 72,1 Prozent auf 59,7 Prozent zurückgegangen. Im Value-Add-Segment ist der Rückgang von 69,0 Prozent auf 58,8 Prozent nur geringfügig niedriger. “Für das im momentanen Umfeld riskante Neugeschäft muss also deutlich mehr Eigenkapital vorgehalten werden”, betont Anke Herz. Und ergänzt: “Die Zeiten des Margendrucks der vergangenen Jahre scheinen nun endgültig vorbei. Lediglich bei Wohnimmobilien, die sich als krisensicheres Investment erwiesen haben, ist ein Rückgang um 33,4 (Core) bzw. 18,2 (Value-Add) Basispunkte zu verzeichnen. Hier sind die Eigenkapitalinvestoren wie auch die Banken trotz gesunkener Margen weiterhin bereit zu investieren.” Bei den übrigen Nutzungsarten haben die durchschnittlichen Margen zugelegt, am stärksten für Hotels- und Einzelhandelsimmobilien. “Die Liquiditätskosten sind aber mittlerweile bereits leicht rückläufig”, äußert Anke Herz.

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Jones Lang LaSalle GmbH , Wilhelm-­Leuschner-Straße 78, D-­60329 Frankfurt am Main, Tel.: +49 (0) 69 2003 0, www.joneslanglasalle.de