Staatsschuldenquoten werden weltweit massiv steigen

 

Von Peking über London bis nach New York – das Coronavirus und seine Auswirkungen haben die Welt in Schock versetzt. „In China schrumpft zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren die Wirtschaft, während die USA und Europa einen wirtschaftlichen Abschwung erleben, den es so seit den 1930er Jahren nicht mehr gab“, sagt Thomas Völker, Geschäftsführer von Moneyfarm Deutschland.

Regierungen und Regulierungsbehörden, traditionell nicht für ihre Schnelligkeit bekannt, haben angesichts dieser Entwicklung rasch und weitreichend reagiert: Viele Staaten haben etwa Geld direkt auf die Konten der Menschen eingezahlt. Die Regierung der Vereinigten Staaten verschickt Schecks und im Vereinigten Königreich wird diese Woche das „Coronavirus Job Retention Scheme“ (Programm zur Erhaltung von Arbeitsplätzen) eingeführt. Dennoch verdüstern sich die Prognosen für die Weltwirtschaft immer weiter.

Welche Möglichkeiten haben die Staaten noch?

Eine Maßnahme, die aktuell wieder verstärkt auf Interesse stößt, ist das bedingungslose Grundeinkommen (BGE). „Die Einführung des BGE ist jedoch sehr unwahrscheinlich, da bisher noch kein Konsens über seine Auswirkungen herrscht“, so Völker. Den politischen Entscheidungsträgern wird die Einführung zum jetzigen Zeitpunkt daher ein zu großes Risiko sein.

Völker rechnet stattdessen in naher Zukunft mit einer Flut von Ankündigungen im Bereich Infrastrukturprojekte: „Investitionen der öffentlichen Hand sind eine bereits bewährte Möglichkeit, um die Wirtschaft anzukurbeln. Besonders attraktiv sind aktuell schaufelfertige Projekte, bei denen Planung und Genehmigung weitgehend abgeschlossen sind, weshalb sich ihre Umsetzung schnell auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Wirtschaftswachstum auswirken können.“ Erste Beispiele sind das Infrastrukturpaket von US-Präsident Trump in Höhe von zwei Billionen Dollar oder das umstrittene Eisenbahnprojekt High Speed Two in Großbritannien.

Wie wird die Pandemie die Wirtschaft verändern?

„Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass das Coronavirus den Welthandel nachhaltig verändern wird“, analysiert der Moneyfarm-Deutschland-Chef. Viele Länder prüfen nun die Sicherheit ihrer Lieferketten und werden wohl zu dem Schluss kommen, dass diese insbesondere für kritische Güter zu lang sind, um im Krisenfall einen zuverlässigen Fluss lebenswichtiger Güter für ihre Bevölkerung zu gewährleisten. „Sobald die Krise überstanden ist, werden viele Staaten die lokale Produktion von vielen Gütern forcieren“, so Völker. „Japan hat beispielsweise bereits angekündigt, dass es Unternehmen subventionieren wird, die ihre Produktion wieder zurück nach Japan verlagern. Dies wird die Produktionskosten für Unternehmen und möglicherweise auch die Endkosten für den Verbraucher in die Höhe treiben. Da sich die nationalen Sicherheitsinteressen ausweiten, scheint dies jedoch ein Preis zu sein, den viele Menschen zu zahlen bereit sind.“

Social distancing so schnell nicht vorbei

„Bis die Krise überstanden ist, wird es jedoch noch dauern“, vermutet Thomas Völker. „Die meisten offiziellen Ankündigungen sind sich darin einig, dass daher das sogenannte social distancing solange aufrechterhalten werden muss, wie noch kein Impfstoff gefunden wurde.“ Dies wird die Wirtschaft weiterhin belasten. Insbesondere die Unterhaltungs-, Freizeit- und Tourismusindustrie werden davon betroffen sein. Auch im Falle einer gestaffelten Lockerung der Auflagen wird sie wohl zu den letzten Branchen gehören, die zu einer Art Normalität zurückkehren kann.

Viele Unternehmen werden daher auf weitere Maßnahmenpakete angewiesen sein. Doch wer zahlt am Ende die Zeche für die gigantischen Konjunkturpakete und die aufgeblähte Staatsverschuldung? Bisher wurden die langfristigen Folgen der beschlossenen Maßnahmen außer Acht gelassen.

Während wir die erste Schockphase der Krise hinter uns lassen, wird klar, dass weltweit die Staatsschuldenquote massiv steigen wird. Erhöhte öffentliche Ausgaben für Dienstleistungen wie Gesundheit und Sozialleistungen werden die bereits strapazierten Bilanzen vieler Volkswirtschaften zudem noch weiter belasten.

„Wir rechnen daher damit, dass es weltweit zu Steuererhöhungen kommen wird und dass Unternehmen des privaten Sektors und Verbraucher aufgefordert werden, ihren Anteil daran zu tragen – auch wenn dies die Verbraucherausgaben dämpft. Es sei somit zu erwarten, dass selbst wenn die Wirtschaft und das öffentliche Leben in den kommenden Monaten Stück für Stück wieder anlaufen, die Erholung der Weltwirtschaft noch sehr lange dauern könnte. An den Kapitalmärkten könnte sich jedoch aufgrund der massiven Interventionen der Regierungen und Notenbanken sowie der damit verbundenen Liquiditätsschwemme eine partielle Entkopplung von der Realwirtschaft ergeben“, zieht Völker Resümee.

 

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