Fragen zur EZB-Sitzung am 12. März 2020 an Frank Häusler, Chefanlagestratege Vontobel Asset Management:
Erwarten Sie, dass die EZB am Donnerstag außerordentliche Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus ankündigt?
Abgesehen von der Senkung der Zinssätze um zehn Basispunkte gehen wir davon aus, dass die EZB die Käufe von Vermögenswerten erhöht und die Liquidität durch Maßnahmen wie TLTORs sichert. Was vermieden werden muss, ist ein Ausfallzyklus, der die Banken erneut treffen würde.
Welche außerordentlichen Maßnahmen könnte die EZB ergreifen, um eine wirtschaftliche Belastung in der EU durch das Coronavirus zu vermeiden?
Zusätzlich zu den zuvor genannten Ausführungen sollten die Maßnahmen so ausgerichtet werden, dass die zusätzliche Liquidität auf der Ebene der KMU (kleine und mittlere Unternehmen) landet (wie es die Bank of England gerade getan hat). Diese Firmen (und Familienbetriebe) sind in der Regel am stärksten von mangelndem Cashflow betroffen und ihre Liquiditätsplanung ist oft schwach. Daher könnte die EZB eine spezielle Zielkreditlinie für Banken einrichten, die darauf zugeschnitten ist, die Kreditvergabe an KMUs zu verbessern und auch Banken mit potenziellen Problemen bei notleidenden Krediten zu unterstützen. Es gilt, einen Teufelskreis zu vermeiden, in dem fehlende Einnahmen für Unternehmen zu Insolvenzen führen, die notleidende Kredite bei Banken schaffen und schließlich zu einer Kreditklemme führen.
Glauben Sie, dass fiskalische Maßnahmen bei der Bekämpfung des durch das Coronavirus verursachten wirtschaftlichen Schadens wirksamer wären als monetäre Maßnahmen? Welche Maßnahmen könnten die Regierungen auf nationaler Ebene fördern?
Das Hauptmandat der EZB ist die Preisstabilität, und deshalb ist es im Rahmen ihres Mandats sinnvoll, zunehmenden deflationären Tendenzen entgegenzuwirken. Eine direkte Einflussnahme auf die Wirtschaftstätigkeit ist für die EZB jedoch schwierig (d.h. direkter Einfluß auf der Nachfrageseite).
Hier wird die Finanzpolitik ihre Rolle spielen. Was wichtig wäre: Erstens ein koordiniertes, groß angelegtes Programm aus verschiedenen Ländern. Zweitens, dass es so strukturiert ist, dass es in erster Linie die Probleme des Corona-Virus-Schocks (Nachfrage und Angebot) abmildert. Dafür sollten die bevorstehenden finanziellen Kosten für Unternehmen und Haushalte durch Kürzungen oder Aufschub von Steuer- und Sozialversicherungszahlungen reduziert und der Zugangs zu finanzieller Unterstützung für Kurzarbeit erleichtert werden. Weitere mögliche Maßnahmen wären eine finanzielle Unterstützung für die Gesundheitsversorgung und Überbrückungsfinanzierungen. Diese Maßnahmen müssen den stärksten Schwerpunkt auf KMU und alle kleinen Familienbetriebe legen — dann, mit einer längerfristigen Perspektive: Investitionen durchführen, die die Produktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen (siehe z.B. die Technologieprogramme in China).
Wie sieht der Ausblick für die Geldpolitik der EZB im Jahr 2020 aus? Erwarten Sie, dass die Zinsen auf dem derzeitigen Niveau bleiben oder gibt es weitere Kürzungen? Schließen Sie Zinserhöhungen komplett aus? Werden die außerordentlichen Maßnahmen bei einer Verschlechterung der Lage verlängert?
Für 2020 sehen wir keine Zinserhöhung vor. Die Liquiditätsmaßnahmen und der Kauf von Vermögenswerten werden so schnell wie möglich auslaufen, aber nicht vor dem zweiten Halbjahr 2020. Wir gehen von einer U- und nicht von einer V-förmigen Erholung aus.
Hat die Bank of England (BoE) das Richtige getan, die Zinsen zu senken?
Abgesehen vom Coronavirus waren die Makrodaten aus Großbritannien heute Morgen enttäuschend, sowohl das BIP als auch die Industrieproduktion und der Ölpreisschock belasten die Wirtschaft. Angesichts der zusätzlichen Unsicherheit des Brexit, die einen Schatten auf die britische Wirtschaft wirft, ist das Vorgehen der BoE verständlich. In ihrer Mitteilung erwähnte sie bereits, dass sie eng mit der Regierung zusammenarbeitet und ihre Maßnahmen mit einem umfangreichen Finanzpaket einhergehen werden.
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