Das Coronavirus sorgt für Aufregung und so manche Merkwürdigkeiten an den Kapitalmärkten.
Um es aber vorwegzunehmen: Zu Hektik und Panik, wie sie insbesondere seit dem vergangenen Donnerstag vor allem an den Kapitalmärkten zu beobachten waren, besteht kein Anlass. Anleger sollten erst einmal auf Sicht fahren und sich Käufe ebenso wie Verkäufe an den Aktienmärkten gut überlegen. Denn wohl niemand kann momentan seriös vorhersagen, wie sich die Situation in den kommenden Tagen entwickeln wird.
Einige Überraschungen und eine große Erwartung – so agieren derzeit die Märkte
Worin bestehen nun die Merkwürdigkeiten rund um das Coronavirus und seine Auswirkungen auf die Kapitalmärkte? Zum einen war das Virus bereits ungefähr seit Mitte Januar in den Schlagzeilen. Der Volatilitätsindex V-DAX hatte zwar auch mit Ausschlägen darauf reagiert. Anschließend aber „normalisierten“ sich die Werte im V-DAX wieder. Aber am vergangenen Donnerstag schoss der Index dann wie aus dem Nichts auf einen Wert von über 40 hoch. Es ist nicht übertrieben, hier von einem regelrechten Volatilitätsschock zu sprechen. Wie meistens in solchen Fällen hilft allerdings auch hier eine historische Einordnung: Ein solcher Wert von über 40 im V-DAX kommt zwar nicht ständig vor, aber er war in den vergangenen Jahren durchaus öfter zu beobachten, nämlich in den Jahren 2011, 2015, 2016 und 2018.
Ein gewisses Überraschungspotenzial bietet auch die Tatsache, dass unter den Weltaktienmärkten am heutigen Morgen lediglich ein einziger Index im Plus notiert, nämlich der CSI 300. Also ausgerechnet ein Index aus dem Land, in dem das Coronavirus seinen Ausgangspunkt hatte: Der Volksrepublik China. Der Ausverkauf – und von einem solchen muss man angesichts der letzten Tage sprechen – hat vor allem in den USA und in Europa stattgefunden. So hat der DAX mit einem Minus von 15 Prozent in nur sechs Tagen den größten Kursrückgang seit 2011 hingelegt. Ein durchaus dramatischer Verlauf. Im S&P 500 vollzogen sich die Veränderungen in ähnlicher Geschwindigkeit.
Gerade in den USA spekulieren die Anleger nun gleich auf mehrfache Zinssenkungen durch die Federal Reserve. Dies verdeutlicht die drastisch gesunkene Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf einen Wert, der tiefer liegt als 2016! In der Eurozone sind die Erwartungen an die EZB hinsichtlich Zinssenkungen vergleichsweise geringer. Die Flucht in sichere Häfen ist aber dies- wie jenseits des Atlantiks unverkennbar. In das Bild einer äußerst aufgeregten Marktstimmung passen auch die gestiegenen Spreads im iTraxx Crossover.
Der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro hingegen lässt sich mit dem Begriff „Kurskapriolen“ am besten beschreiben. Angesichts der allgemeinen Marktentwicklungen wäre eigentlich ein festerer US-Dollar zu erwarten gewesen. Stattdessen notiert der Euro fester. Vermutlich wirken sich hier bereits die Erwartungen an die Fed hinsichtlich Zinssenkungen aus. Ähnliche Kapriolen schlägt auch der Goldpreis, eigentlich ja die klassische Assetklasse für Sicherheit. Ihr Preis sinkt statt zu steigen.
Fazit und Ausblick
Das Geschehen an den Märkten ist von Angst und Panik dominiert, und entsprechend hektisch geht es zu. Diese Hektik wird in den nächsten Wochen weiter anhalten. Dies bedeutet insbesondere weiterhin starke Kursschwankungen, noch verstärkt durch Handelsprogramme und Trendfolgesysteme. Die konjunkturellen Bremsspuren des Coronavirus sind noch nicht abschätzbar. Für Anleger kann das alles nur bedeuten: Kühlen Kopf bewahren, die Situation engmaschig beobachten und Überreaktionen vermeiden.
Ihr Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG
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