Die Börse als Schachtel Pralinen: mit Unsicherheit umgehen lernen
Alle Jahre wieder geht es zum Jahresende um die Frage: Welche Länder und welche Branchen werden wohl im nächsten Jahr zu den Gewinnern am Aktienmarkt gehören? Lutz Neumann, Leiter Vermögensverwaltung bei der Hamburger Sutor Bank, hat in dieser Hinsicht eine besondere Empfehlung: „Kaufen Sie 2020 Aktien aus Vietnam – oder auch aus allen anderen Ländern. Damit machen Sie langfristig nichts falsch“. Das Land Vietnam sieht Lutz Neumann dabei stellvertretend für aufstrebende Länder. „Wichtig ist, dass man überhaupt in Aktien investiert. Zu einer breit gestreuten Geldanlage gehören auch Emerging Markets“, erklärt Neumann. Bei der Gewichtung kommt es stets auf das eigene Risikoprofil an, doch eine bestimmte Kennzahl kann Orientierung bei der Gewichtung von Emerging Markets und Industrieländern bieten.
Die Börse als Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man bekommt
Nach wie vor schrecken jedoch viele Deutsche vor einem Investment in Aktien zurück. „Die Börse ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man bekommt“, fasst Lutz Neumann zusammen. „Einen festen Prozentsatz, den viele Anleger gerne als Rendite einkalkulieren wollen, gibt es am Aktienmarkt jedoch nicht.“ Mit dieser Unwägbarkeit täten sich nach wie vor viele stark sicherheitsorientierte Anleger, die das Prinzip Bundesschatzbrief mit fixer Rendite verinnerlicht haben, schwer, analysiert Neumann. „Viele sehen bei Aktien nur das kurzfristige Schwankungsrisiko, jedoch nicht die langfristigen Ertragschancen“. Da mittelfristig mit einem Anstieg der Zinsen nicht zu rechnen sei, komme 2020 – wie in allen anderen Jahren auch – kein Anleger an Aktien vorbei.
Aktuell komme jedoch ein weiteres mentales Hemmnis erschwerend hinzu: „Derzeit haben die Crash-Propheten wieder Hochkonjunktur“, sagt Lutz Neumann. Das habe damit zu tun, dass die Aktienmärkte in diesem Jahr bis dato eine sehr gute Entwicklung gezeigt haben. Beispiel DAX: Zwischen Anfang Januar 2019 und dem aktuellen Stand liegen rund 2.000 Punkte. „Für viele Börsenexperten scheint die positive Aktienperformance dieses Jahres zwangsläufig in einen Crash zu münden. Als langfristig orientierter Vermögensverwalter können wir nur sagen: Ob ein Crash kommt oder nicht, ist auf lange Sicht unerheblich.“ Denn über die Jahre glichen sich Schwankungen stets wieder aus. Wichtig sei jedoch, eine möglichst breite Streuung seiner Anlagen vorzunehmen.
Auf die Mischung kommt es an – Wirtschaftsleistung statt Marktkapitalisierung als Orientierung
Um eine möglichst gute Streuung über verschiedene Regionen weltweit zu erzielen, empfiehlt Lutz Neumann die Wirtschaftsleistung als Kennzahl. „Die Schwellenländer haben einen Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung von rund einem Drittel, vereinen aber nur rund ein Zehntel der weltweiten Marktkapitalisierung auf sich. Die Industriestaaten kommen dagegen mit einem Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung von zwei Dritteln auf einen Anteil an der weltweiten Marktkapitalisierung von annähernd 90 Prozent“, sagt Lutz Neumann. Viele Depots seien jedoch einseitig an der Marktkapitalisierung ausgerichtet. „Während die Marktkapitalisierung eines Landes eher eine Momentaufnahme ist, gibt die Wirtschaftsleistung fundiert Auskunft über die Leistungsfähigkeit eines Landes, und damit über zukünftiges Renditepotenzial. Depots, die sich an der weltweiten Marktkapitalisierung orientieren, sind daher in Emerging Markets stark untergewichtet. Empfehlenswert ist vielmehr ein Mischungsverhältnis von einem Drittel Emerging Markets und zwei Dritteln Industrieländer.“
50 Jahre MSCI World: Standard-Mischung mit Nachteilen
In diesem Sinne hält Lutz Neumann eine zu einseitige Orientierung an Indizes wie dem MSCI World für nicht zielführend. „Der MSCI World suggeriert qua seiner Bezeichnung eine breite weltweite Streuung. De facto beträgt jedoch allein der Anteil der US-Werte rund 60 Prozent, da insbesondere US-Tech-Werte über eine sehr hohe Marktkapitalisierung verfügen“, erklärt Neumann. Der MSCI World-Index, der vor 50 Jahren, am 31. Dezember 1969, mit einem Basiswert von 100 Punkten startete, ist dennoch bei vielen Anlegern ein Anlage-Klassiker, zumal sich viele aktive Fondsmanager mit weltweit ausgerichtetem Portfolio am MSCI World orientieren.
„Um im Bild der Pralinenschachtel zu bleiben: Der MSCI World ist die Standard-Mischung, die es in jedem Supermarkt gibt. Noch besser ist jedoch eine handverlesene Mischung, die auch Exotischeres bietet und damit eine wirkliche Weltauswahl ist. Das ist allein im Sinne der Risikostreuung empfehlenswerter“, sagt Lutz Neumann. „Natürlich fühlt sich nicht jeder dazu berufen, eine Mischung selbst zusammen zu stellen. Doch dafür gibt es Experten bei Banken und Vermögensverwaltern, die das übernehmen können.“ Hauptsache sei jedoch, überhaupt mit dem Investieren in Aktien zu starten: „Wer sich etwas Sinnvolles für das nächste Jahr vornehmen möchte, sollte ein Aktieninvestment ganz nach oben stellen. Noch besser ist es jedoch, direkt damit zu starten“, erklärt Lutz Neumann.
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