Kommentar von Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG
Die Aktienmärkte haben vorerst das bekommen, was sie sich in den letzten Monaten so sehnlich gewünscht hatten: Der Konjunkturabschwung hat den freien Fall beendet. Aber Vorsicht! Bislang sind es „nur“ die Frühindikatoren, die leichte Hoffnungsschimmer erkennen lassen. Wer sich jedoch die entsprechenden Werte wie den IFO-Index oder den Einkaufsmanager-Index aus den USA etwas genauer betrachtet, wird sehr schnell erkennen, dass der Weg aus dem Tal noch sehr weit ist. Bislang ist lediglich eine erste leichte Aufwärtsentwicklung zu sehen. Auch wenn die Konjunkturampel also höchstens ihre kräftige rote Farbe erst einmal nur etwas abschwächt, geben die Aktienmärkte bereits Vollgas, als könnte es grüner nicht mehr werden.
Sämtliche relevanten Indizes erreichen neue Jahreshöchststände: DAX, S&P 500, Nasdaq 100. Beim deutschen Leitindex ist das umso bemerkenswerter, als er noch vor fünf Wochen rund 1.000 Punkte niedriger lag. Aber nicht nur das: Die Indizes signalisieren sogar, dass neue historische Höchststände in Sicht sind. Sollen Anleger also – um im Bild zu bleiben – die Fahrt mitmachen, obwohl die Ampel erst auf hellrot steht? Die Antwort lautet: Im Prinzip ja, aber nur, wenn sie auf der richtigen Spur fahren. Und auf dieser Spur steht: „Zyklische Werte“. Denn die aktuelle Entwicklung der Aktienmärkte wird von den zyklischen Werten getragen. Die defensiven Werte hingegen, die in den vergangenen 1,5 Jahren der Stabilitätsanker in den Portfolios waren, beenden ihre Outperformance. Und das nicht nur in Relation zu den Zyklikern, sondern auch absolut. Es findet derzeit eine massive Sektorrotation statt.
Vor dem Hintergrund, dass die Geldpolitik der Notenbanken bis auf Weiteres sehr expansiv bleiben wird, könnte sich diese Entwicklung – steigende Kurse, mehr getragen von Hoffnung als von starken Konjunkturdaten – noch eine ganze Zeit so fortsetzen. Eine Erhöhung der Aktienquote empfiehlt sich aber vorerst ebenso wenig wie eine Reduzierung. Anleger fahren am besten mit der Devise: Die Augen offen halten und die Entwicklung genau beobachten. Und bloß nicht zu Rentenpapieren wechseln. Diese bilden – um eine letzte Analogie zum Straßenverkehr zu ziehen – auch weiterhin nur die Standspur.
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