GAM Marktkommentar

2017 war ein gutes Jahr für Emerging Markets (EM). Das weltweit synchronisierte Wirtschaftswachstum und ein positives Kreditwachstum in den Schwellenländern sorgten für Rückenwind. Auch die veränderte US­Außenpolitik unter US­Präsident Donald Trump stieß unerwartet Tor und Tür für Investmentgelegenheiten auf, die sich aus Themen wie der geplanten Mauer zwischen den USA und Mexiko, den Spannungen mit Nordkorea, den Klimakonventionen, den russischen Sanktionen, den territorialen Auseinandersetzungen im Südchinesischen Meer und der Aufhebung der US­ Beteiligung an der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) ergaben.

Doch mit den Kursturbulenzen der vergangenen Tage ist auch die Furcht an die internationalen Finanzmärkte zurückgekehrt. Der Cboe Emerging Markets ETF Volatility Index, ein Barometer für die Kursschwankungen von Schwellenländer­Aktien, stieg binnen fünf Tagen um mehr als 20 Prozent an (Stand: 5. Februar 2018). Die fundamentale Lage der Wirtschaft spricht allerdings nicht unbedingt für anhaltend schlechte Börsenzeiten. „Die Aussichten für Emerging Markets bleiben auch dieses Jahr positiv“, sagt Tim Love, Investment Director für Emerging­Markets­Aktien bei GAM. Sowohl lateinamerikanische als auch asiatische Länder seien gut positioniert, um weiterhin vom gegenwärtigen globalen Aufschwung profitieren zu können.

Daneben sprächen weitere gute Gründe für eine Anlage in Emerging­Markets­Aktien: „Aktien aus Schwellenländern bieten ein attraktives Wachstum des Gewinns je Aktie, hohe Free­Cashflow­Renditen und Expansionsmöglichkeiten, die andere Aktienmärkte teilweise schon ausgeschöpft haben. Zudem sind die Bewertungen der einzelnen Unternehmen nach wie vor günstig – sowohl historisch betrachtet als auch im Vergleich zu ihren Konkurrenten in den Industrieländern. Emerging­Markets­Aktien sollten daher für alle Anlegergruppen interessant sein“, so Love.

Stützende Faktoren für EM­Aktien

Die Ausgangslage für Aktien aus den Schwellenländern sei dieses Jahr insgesamt recht ermutigend. Trotz Befürchtungen einer strafferen Geldpolitik in bestimmten Teilen Asiens sei es in den meisten Schwellenländern eher unwahrscheinlich, dass die Inflation dieses Jahr hoch genug sein werde, um eine aggressive Straffung auszulösen. „Wir verfolgen dennoch aufmerksam, wie sich die anziehende Inflation in einigen entwickelten Märkten und eine steigende US­Zinskurve auf Emerging­Markets­Aktien auswirken wird“, sagt Love.

Weitere positive Faktoren sollten EM­Aktien derweil unterstützen: „Das Wachstum des inländischen Konsums als Motor der chinesischen Wirtschaft ist einer davon. Weitere Beispiele sind langfristige Trends in den Bereichen E­Commerce, Gesundheitswesen, Reisen und Tourismus, Bildung, Urbanisierung sowie Clean­Tech – wie zum Beispiel Chinas ,Beautiful China‘ Initiative. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe technologischer oder anderer disruptiver Themen, wie Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz, Blockchain, Elektrofahrzeuge, autonome Fahrzeuge und Hochleistungsrechner.“

Schrecken der Vergangenheit

Wo es Chancen gibt, gibt es jedoch auch Risiken. So sei das Gesamtbild für Emerging Markets nicht nur positiv. „Die Finanzkrise von 2007/2008 führte zu einem außergewöhnlichen Konjunkturzyklus und einer langwierigen Markterholung. Da diese Hausse auf dem Schrecken vor zehn Jahren beruht, ist es für einige Branchen nach wie vor eine angespannte Situation. Infolgedessen ist dort die Risikobereitschaft entsprechend gering“, erklärt Love. Dazu käme die über lange Zeit künstlich niedrig gehaltene Volatilität an den Aktienmärkten, welche von einigen Anlegern bereits als neue Norm wahrgenommen wurde. „Die Idee, sich auf die vermeintlich höhere Volatilität von Emerging­Markets­Aktien einzulassen, war für einige daher zu viel des Guten. Einige Investoren bevorzugten Unternehmens­ oder Staatsanleihen in Emerging Markets, da sie das Risiko/Rendite­Verhältnis dort als geringer einschätzten – trotz des bereits hohen Verschuldungsgrades“, so Love.

Gefahren im Blick behalten

Zudem sei es ratsam, auch nach möglichen Gefahren wie der Ausbreitung einer schweren Krankheit Ausschau zu halten. „Dies könnte der Wirtschaft mehr schaden als ein Börsencrash, Terrorismus oder geopolitische Probleme. Es mag schwer zu glauben sein, aber man braucht sich nur die Auswirkungen der SARS­Krise von 2003 auf die asiatischen Märkte anzusehen. Die erhöhten geopolitischen Risiken, die von Nordkorea ausgehen, stehen ebenso fest auf dem Radar wie die zunehmende Militarisierung in Nord­ und Südostasien sowie die Spannungen im Südchinesischen Meer“, so Love weiter. Auch die Innenpolitik in den EM­Staaten gewinne zunehmend an Bedeutung für Anleger: Die bevorstehenden großen Wahlen in Lateinamerika und auf dem indischen Subkontinent werden dabei richtungsweisend sein. Auch andere potentielle „Black Swan“­Ereignisse könnten entstehen, wie zum Beispiel chaotische Liquidititätseinbrüche ähnlich dem Crash von 1987, welcher primär ein Resultat ungeschickter Kommunikation seitens der amerikanischen Notenbank war.

Der Optimismus bleibt

„Zusammenfassend sind wir dennoch der Meinung, dass es gute Gründe gibt, in Bezug auf Emerging­Markets­Aktien optimistisch zu sein. Sofern keine Black Swan­Ereignisse auftreten, können EM­Aktien ihre Underperformance seit der Finanzkrise gegenüber dem S&P 500 sowie den EM­Anleihen aufholen“, sagt Love.

Starke Erträge bei den Unternehmen hätten zudem die Bewertungen für EM­Aktien bereits zu Beginn dieses Jahres unterstützt. „Dies wird sich unserer Meinung nach so fortsetzen und dazu beitragen, dass sich das Kurs­Gewinn­ Verhältnis nach Jahren der Entwertung moderat erhöhen wird. EM­Aktien befinden sich damit aktuell in einem sogenannten ,Sweet Spot‘. Anleger sollten jedoch darauf achten, dass sie ihre Positionen entsprechend ihrem Risikoprofil halten und in der zweiten Jahreshälfte 2018 von einer etwas höheren Volatilität ausgehen“, schließt Love.

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