Schadenmanagement: Versicherte überzeugen und Kosten senken
Mehr als 80 Prozent der Kosten von Sachversicherern entfallen auf den Schadenaufwand und die zugrunde liegende Schadenregulierung. Zugleich hat keine andere Leistung einen so großen Einfluss auf die Kundenloyalität wie die Unterstützung im Schadenfall. Trotzdem steht das Schadenmanagement in seiner ganzen Komplexität bislang kaum im Fokus der Versicherer. Deren Mitarbeiter haben nach Schätzungen der internationalen Managementberatung Bain & Company derzeit bei weniger als zwei Dritteln aller Schadenfälle einen vollständigen Überblick. Welche Chancen die Assekuranz damit verpasst, bringt die neue Bain-Studie “Auf Aktion programmiert: Eine neue Ära im Schadenmanagement” zutage. Danach können Versicherer mit einem optimierten Schadenmanagement ihre Gesamtkosten um 3 bis 5 Prozent senken und gleichzeitig ihre Kunden stärker binden. Dies kann weitgehend innerhalb eines Jahres realisiert werden.
“Versicherer sollten im Schadenfall viel häufiger agieren, anstatt einfach nur zu reagieren und sich auf die Regulierung zu beschränken”, erklärt Bain-Partner und Co-Autor Dr. Christian Kinder. Wie das konkret aussehen kann, verdeutlicht folgendes Beispiel: Ein vernetztes Auto alarmiert bei einem Auffahrunfall automatisch das Servicecenter des Versicherers. Ein Mitarbeiter nimmt sofort Kontakt auf und bietet Hilfe an. Bei größeren Schäden organisiert er den Abschleppwagen und bei Bedarf einen Termin in der nächsten Vertragswerkstatt inklusive Bereitstellung eines Ersatzfahrzeugs. “Technisch ist proaktives Vorgehen schon heute machbar, organisatorisch allerdings noch eine Herausforderung”, so Kinder. “Und kulturell bedeutet es gar einen Neubeginn für die Sachversicherer.”
Zusätzliche Ertragschancen
Auf seinem Status quo sollte kein Anbieter beharren, denn proaktives Schadenmanagement erwarten Versicherungsnehmer im digitalen Zeitalter. Sie wollen vor allem unkomplizierte und schnelle Hilfe im Schadenfall sowie unverzügliche Reparaturen. Im Rahmen einer Bain-Studie zur Kundenloyalität, an der mehr als 10.000 deutsche und 4.000 Schweizer Versicherte teilgenommen haben, begrüßt jeder Zweite ein erweitertes Leistungsspektrum seines Anbieters. In der Kfz-Sparte erklärt sogar jeder zweite Kunde in Deutschland, dass er die Versicherung für Services, die über das klassische Leistungsspektrum hinausgehen, wechseln würde. Bain-Partner und Co-Autor Dr. Klaus Neuhaus betont: “Die Rolle der Sachversicherer wandelt sich vom Produktverkäufer und Schadenregulierer hin zum Lösungsanbieter. Das entspricht nicht nur den Erwartungen der Kunden, sondern eröffnet auch zusätzliche Ertragschancen.”
Das praxiserprobte Claims Excellence Framework von Bain mit seinen drei Stellhebeln Schadeneinkauf, Schadensteuerung und Kosteneffizienz schafft dafür den entsprechenden strategischen Rahmen. Im Mittelpunkt steht die Auswahl der richtigen Partner. Denn bei rund der Hälfte der Versicherungsfälle kommt ein externes Unternehmen zum Einsatz, sei es eine Kfz-Werkstatt, ein Gutachter oder ein Handwerksbetrieb. “Versicherer müssen alles daransetzen, exzellente Partner mit hohem Qualitäts- und Serviceniveau zu gewinnen”, so Neuhaus. “Denn deren Leistung entscheidet letztendlich über die Loyalität der Versicherten.”
Mehr Effizienz und Kundentreue
Mit einer optimierten Schadensteuerung können Versicherer den Anteil dieser Partner am Schadenaufkommen deutlich erhöhen. Branchenvorreiter wirken zum Teil bei mehr als der Hälfte der Schadenfälle aktiv auf die Auswahl der Dienstleister ein. Generell ist es mithilfe des Claims Excellence Framework möglich, den Anteil aktiv gesteuerter Schadenfälle um bis zu 25 Prozent zu steigern, die Preise der beteiligten Dienstleister um bis zu 30 Prozent zu senken und die Produktivität im Schadenmanagement selbst um 15 Prozent zu verbessern. “Die Versicherer sollten nicht länger zögern, ihr Schadenmanagement auf Aktion zu programmieren”, konstatiert Branchenexperte Kinder. “Neben der Effizienz nimmt auch die Kundenloyalität zu – ein doppelter Vorteil im umkämpften Sachversicherungsmarkt.”
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