Die Zuversicht für die deutsche Wirtschaft ist zuletzt infolge heruntergeschraubter Wachstumsprognosen und Gewinnwarnungen geschwunden. Christian von Engelbrechten, Fondsmanager des Fidelity Germany Fund hält die Skepsis für überzogen.
Trotz der Wachstumsdelle in der Industrie sollte die deutsche Wirtschaft auf Sicht der nächsten zwölf Monate weiter wachsen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Handelskonflikte wie erwartet nicht verschärfen. Nach einer Schwächephase, die wahrscheinlich zu einer Stagnation im zweiten Quartal führt, sollten sich die Stimmungsindikatoren sowie die Wirtschaftsaktivität wieder verbessern. Wesentliche Antriebskräfte sind die anhaltend gute Konsumstimmung und sich aufhellende Perspektiven für die Industrie.
Konsum bleibt in Deutschland eine wichtige Stütze
Während die Nettoexporte seit einigen Quartalen rückläufig sind, gehen vom privaten Konsum weiterhin positive Effekte für die Konjunktur aus. Wichtige Indikatoren, wie eine gute Stimmung am Arbeitsmarkt, leicht steigende Löhne und eine geringe Inflation sollten dafür sorgen, dass die gute Konsumlaune weiter anhält. Auch wenn einige Unternehmen Entlassungen angekündigt haben, ist die Zahl der Beschäftigten zuletzt weiter auf historische Spitzenwerte gestiegen. Indikatoren, wie die Anzahl offener Stellen und Zahlen zum Fachkräftemangel, sorgen zudem für positive Impulse.
Industrie sollte sich unter anderem dank besserer Exportchancen wieder erholen
Wenn sich die Handelskonflikte beruhigen, sollten sich die Stimmungsindikatoren und die Investitionsneigung der Unternehmen wieder verbessern. In der zweiten Jahreshälfte – insbesondere ab dem vierten Quartal – sollte es für viele Unternehmen leichter werden, bei Vorjahresvergleichen gut abzuschneiden. Es entfallen dann einige Belastungsfaktoren des vergangenen Jahres, wie die Einführung neuer Zertifizierungsverfahren in der Autobranche oder gestiegene Transportkosten wegen der niedrigen Flussstände im letzten Sommer. Positiv sollten darüber hinaus der niedrigere Ölpreis und der leicht schwächere Euro wirken.
China, die USA und Frankreich können als wichtige Handelspartner Deutschland ebenfalls zu einer moderat positiven Entwicklung beitragen. Mit Blick auf die jüngsten Wirtschaftsdaten und die Kreditvergabe zeichnet sich ab, dass die Konjunkturprogramme in China zu greifen beginnen. So sind im Juni sowohl die Industrieproduktion als auch die Einzelhandelsumsätze gestiegen.
Auch in den USA wächst die Wirtschaft weiterhin moderat. Eine Verschärfung der Handelskonflikte, die der Wirtschaft und damit Trumps Chancen für eine Wiederwahl schaden, ist eher unwahrscheinlich.
Da alles daraufhin deutet, dass sowohl die FED als auch die EZB an der lockeren Geldpolitik festhalten werden, gibt es zu Aktien nur wenige Anlagealternativen. Für deutsche Aktien spricht, dass die Dividendenrenditen hiesiger Unternehmen im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen außergewöhnlich hoch sind. Bei den meisten Unternehmen sind die Dividenden zudem durch Cashflows und gesunde Bilanzen gut abgesichert. Die vergleichsweise robusten Aktienkursentwicklungen nach den deutlichen Gewinnwarnungen von BASF und Daimler zeigen, dass inzwischen viel Skepsis eingepreist ist und das Vertrauen in eine Verbesserung der Lage zunimmt.
Strukturelle Wachstumsbremsen wie eine rekordhohe globale Staatsverschuldung, eine alternde Bevölkerung und sinkende Produktivität werden auch in Zukunft voraussichtlich lediglich ein moderates Wachstum erlauben. Somit wird sich an der Lage, wie wir sie mit Ausnahme des Jahres 2016 schon seit 2010 sehen, nichts substanziell ändern: moderates Wachstum, eine expansive Geldpolitik und damit einhergehend steigende Aktienkurse von qualitativ hochwertigen Wachstumsunternehmen. In diesem Umfeld gilt es, auf weniger konjunkturabhängige Unternehmen zu setzen, die mit neuen Produkten, Innovationen und Marktanteilsgewinnen ein organisches und nachhaltig überdurchschnittliches Wachstum erwarten lassen.
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