Die Aktienmärkte weltweit hatten die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten zunächst moderat freundlich aufgenommen.

Die Aussicht auf Deregulierung und Steuersenkungen führte zu einigen Kursgewinnen. Aus Sicht von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, verschiebt sich nun jedoch der Fokus auf die möglichen Folgen einer protektionistischen US-Handelspolitik. Haben die Märkte die damit verbundenen Risiken bisher unterschätzt? „Die erste Zollrunde wurde eingeläutet, liegt aber immer noch unter dem, was Präsident Trump im Wahlkampf angekündigt hatte. Wir sind der Ansicht, dass die wirtschaftliche Realität den Präsidenten letztlich einschränken wird“, erklärt Tilmann Galler. Allerdings erhöhe das über den Erwartungen liegende Ausmaß und der Umfang der ersten Ankündigung vom Februar das Risiko, dass die Politik die Oberhand über die Wirtschaft behalte, und hohe Zölle ein dauerhafteres Merkmal der US-Handelspolitik bleiben könnten. Die Diversifizierung des Portfolios ist aus Sicht des Ökonomen der Schlüssel, um die Unsicherheit in der Handelspolitik sowie die Inflations- und Wachstumsrisiken zu überstehen.

Lehren aus erster Trump-Amtszeit: Warenverkehr nachhaltig beeinflusst

Für Tilmann Galler zeigt die US-Ankündigung umfassender Zölle auf Importe aus Kanada, China und Mexiko und die darauffolgende Marktreaktion, dass Präsident Trumps Zollpolitik das Potenzial hat, sowohl die Weltwirtschaft als auch die globalen Finanzmärkte zu erschüttern. „Die Aussetzung der Zölle gegen Mexiko und Kanada wenige Tage nach der Ankündigung ist jedoch auch ein Beweis für die hohe Unsicherheit hinsichtlich des zukünftigen Verlaufs und Ausmaßes der US-Handelspolitik“, erklärt der Kapitalmarktexperte. Die Dauer der Zölle und Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner seien wichtige Variablen, die es zu beobachten gelte, um die Gesamtauswirkungen auf Wachstum und Inflation einzuschätzen.

Sollte Präsident Trump seine Zoll-Wahlkampfversprechen durchsetzen, würde dies den durchschnittlichen Zollsatz auf US-Warenimporte auf knapp 12 Prozent des Gesamtwerts der US-Importe ansteigen lassen. Das wäre der höchste Stand seit dem 2. Weltkrieg. Die Folgen für Welthandel, Inflation und Kapitalmärkte wären erheblich. Die erste Präsidentschaft von Trump gibt in diesem Kontext einige wertvolle Hinweise über die Wirkungsweise von Zöllen.

„Die Handelskonflikte aus den Jahren 2018 und 2019 haben den globalen Warenverkehr nachhaltig beeinflusst. Der Importanteil chinesischer Güter in den USA ist seit Dezember 2017 von 21,5 Prozent auf 13 Prozent gefallen. Profitiert davon haben im Gegenzug Mexiko und vor allem Korea, Vietnam und Taiwan deren Importanteil kräftig angestiegen ist. Interessanterweise ist in der gleichen Periode der Exportanteil Chinas in der ganzen Welt von 12,9 Prozent auf 14,5 Prozent angestiegen. Das heißt die Zölle haben zu einer Umleitung chinesischer Waren geführt und den Trend zur Neuordnung des globalen Warenverkehrs befeuert“, führt Tilmann Galler aus.

Dieser Trend dürfte sich mit einer neuen Zollrunde fortsetzen. Gleichzeitig könnten Direktinvestitionen in den USA einen kräftigen Schub erfahren, während Exportkapazitäten in den von US-Zöllen stark betroffenen Ländern zurückgefahren werden. „Europäische Aktien stehen, was den Handel mit den USA betrifft, besonders im Risiko, denn 24 Prozent der Umsätze der Unternehmen im MSCI Europa kommen aus den USA“, sagt Galler.

Zollpolitik könnte sich auf Inflation und Geldpolitik auswirken

Der Renditeanstieg am US-Rentenmarkt und das Auspreisen zukünftiger Leitzinssenkungen seit Oktober 2024 gibt nach Einschätzung von Tilmann Galler aber auch einen Hinweis darauf, dass sich die Zollpolitik der neuen Regierung als inflationär erweisen könnte. „Die Kerngüterinflation war in den fünf Jahren vor den ersten US-Zöllen fast kontinuierlich negativ. 2019 ist diese Komponente der Verbraucherpreise zum ersten Mal positiv geworden. Der Effekt war nicht dramatisch, denn dank zahlreicher gewährter Ausnahmen ist der effektive Zollsatz auf alle Güter von 1,4 auf nur 2,8 Prozent gestiegen. Ein Universalzoll von 10 Prozent ohne Ausnahmen wäre jedoch sehr viel inflationärer, als dies 2018 der Fall war. Eine höhere US-Inflation hätte wahrscheinlich auch Folgen für die Geldpolitik der US-Notenbank. Die Chance auf weitere Zinssenkungen würden schwinden – und damit die Hoffnung auf eine Entlastung der hohen Finanzierungskosten der hohen US-Staatsschulden“, erklärt Galler. Bereits heute verschlinge der jährliche Zinsaufwand der US-Regierung 15 Prozent der Staatsausgaben.

Eine wichtige Rolle spielten auch die Währungen. Der chinesische Renminbi hat in der heißen Phase des Handelskonflikts mit den USA zehn Prozent gegenüber dem US-Dollar abgewertet. So konnten chinesische Waren trotz US-Zöllen ihre Wettbewerbsfähigkeit bewahren. Die Einführung neuer Zölle dürfte deshalb den US-Dollar weiter stärken.

Veränderte Rahmenbedingungen heute im Vergleich zu 2018/19

In zwei Punkten unterscheiden sich aus Sicht von Ökonom Galler die aktuellen Rahmenbedingungen jedoch gegenüber 2018. „Erstens ist der Wert des handelsgewichteten US-Dollars 25 Prozent höher und zweitens ist der angedrohte Zollanstieg deutlich massiver. Wechselkursanpassungen werden dadurch weniger in der Lage sein die negativen Folgen der US-Zölle zu kompensieren. Die Margen ausländischer Exportunternehmen könnten vor diesem Hintergrund stärker unter Druck geraten und die Preise für US-Konsumenten stärker steigen“, sagt Galler.

Sollte die neue US-Regierung die Zollpolitik noch sehr viel aggressiver umsetzen als im Wahlkampf versprochen, droht ein negativer Wachstumsschock für die globale Wirtschaft. In diesem Fall wäre der Wachstumseffekt der Zölle größer als der Preiseffekt und damit deflationär in der Wirkung.  Eine unangenehme Gemengelage für die Aktien- und Anleihenmärkte. Eine stärkere Diversifikation des Portfolios ist in Anbetracht der drohenden Zollentwicklungen sinnvoll. „Alternative Investments können dazu beitragen, einige der Aufwärtsinflationsrisiken abzumildern, während europäische Staatsanleihen im Falle eines deflationären Schocks einen Puffer bieten sollten“, erklärt Galler.

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