Tobias Strübing: Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat mit seinem Beschluss vom 3. Juli 2024 (Az. 8 U 848/24) die Anforderungen an die Begründung der Leistungseinstellung durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung weiter konkretisiert.
Das Gericht stellte klar, dass eine Leistungseinstellung nur dann wirksam ist, wenn sie nachvollziehbar und detailliert begründet wird. Das gilt auch für den Fall, dass die BU-Rente nur für einen bestimmten Zeitraum gezahlt werden soll und die Berufsunfähigkeitsversicherung aus diesem Grund mit dem Anerkenntnis auch gleichzeitig die Leistungseinstellung erklärt; so genannte „uno actu“ – Entscheidung.
In dem verhandelten Fall hatte ein ehemaliger Berufssportler gegen seine Berufsunfähigkeitsversicherung geklagt, nachdem die ihm Folgendes mitgeteilt hatte:
„Sie erhalten vom 01.08.2019 bis zum 31.03.2020 befristet Leistungen gemäß § 9 (1) der allgemeinen Versicherungsbedingungen der Tarifgruppe SBU … aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung. Für die Dauer der Berufsunfähigkeit brauchen Sie zu diesem Vertrag keine Beiträge mehr zu zahlen. Außerdem erhalten Sie eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von … Euro.
Telefonisch teilten Sie mit, dass Sie gesundheitlich wieder dazu in der Lage sind, Ihrer Tätigkeit als Berufssportler nachzugehen. Nachdem Sie seit Anfang März nicht mehr arbeitsunfähig geschrieben sind, konnten Sie wieder mit dem Training beginnen und sollten auch wieder regulär an Auswärtsspielen teilnehmen. Unsere Leistungen erbringen wir daher bis zum 31.03.2020. Über diesen Zeitpunkt hinaus liegt keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit mehr vor.“
Die Berufsunfähigkeitsversicherung hatte damit argumentiert, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Berufsunfähigkeit nicht mehr vorlägen und er unter Hinweis auf die telefonischen Auskünfte, die Leistung bis zum 31.03.2020 befristen konnte. Er verweigerte daher eine weitere Leistung.
Das OLG Nürnberg entschied jedoch, dass eine pauschale Behauptung des verbesserten Gesundheitszustands nicht ausreicht, um Leistungen auch wieder wirksam einstellen zu können. Vielmehr müsse der Versicherer auch bei solchen „uno actu – Entscheidungen“ (Verbindung von Anerkenntnis und Einstellung in einem Schreiben) auch eine fundierte Vergleichsbetrachtung anstellen und darlegen, inwiefern sich die Situation des Versicherten konkret verändert habe. Das OLG Nürnberg betonte, dass auch in solchen Fällen eine nachvollziehbare Begründung zwingend erforderlich ist und ein Versicherer sich nicht darauf beschränken kann, allein die aktuelle gesundheitliche Situation des Versicherten zu beschreiben und daraus zu folgern, dass keine Berufsunfähigkeit mehr vorliegt. Damit war die Leistungseinstellung in dem Schreiben unwirksam und der Kläger bekam auch über den 31.03.2020 die Rente zugesprochen.
„Mit dieser Entscheidung stärkt das OLG Nürnberg die Rechte der Versicherungsnehmer und stellt hohe Anforderungen an Versicherer, wenn sie sich auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes berufen.“ so Rechtsanwalt Strübing von der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte, „Versicherungsnehmer aber auch Versicherungsvermittler, die von einer plötzlichen Leistungseinstellung betroffen sind, sollten prüfen, ob die Begründung der Versicherung den vom OLG Nürnberg aufgestellten Anforderungen entspricht.“
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