Positive Trendwende bei Profitabilität – Demografische Entwicklung setzt Branche erheblich unter Druck

Europas Top-25-Versicherer bleiben auf Erfolgskurs. Sie sind auch im Jahr 2023 gewachsen und haben sich dabei als robust und solvent erwiesen. Trotz schwieriger konjunktureller Rahmenbedingen und gravierender geopolitischer Unsicherheiten ist es ihnen gelungen, den positiven Trend des Vorjahres beizubehalten und im Gegensatz zu anderen Branchen der Volkswirtschaft profitabel zu wirtschaften. Daran änderte auch der neue Bilanzierungsstandard IFRS 17 nichts, den die meisten großen Versicherer für ihren Konzernabschluss im Jahr 2023 erstmalig anwenden mussten. Er sorgte indes dafür, dass sich die Gewichtung der Umsätze unter den Top-25 insgesamt verschoben hat.

Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle European Insurance Study (EIS) der Strategie-, Management- und IT-Beratung zeb, die jährlich erscheint und inzwischen zum sechsten Mal erhoben wurde.

Non-Life wächst deutlich – Life schrumpft

Wie die EIS im Detail zeigt, haben die 25 größten europäischen Versicherer ihren Umsatz im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 5,3 Prozent steigern können. Während der Bereich Non-Life um über 13 Prozent zulegte, schrumpfte der Bereich Life um knapp 3 Prozent. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So hat der Anstieg der Zinsen Einlageprodukte von Banken attraktiver gemacht und Lebensversicherern geschadet. Im Non-Life Bereich konnten die Versicherer dagegen eine notwendige Erhöhung der Preise im Zuge der grassierenden Inflation durchsetzen. Damit erwirtschaftet der Bereich Non-Life mittlerweile erheblich höhere Umsätze als Life. Eine Entwicklung, die sich bereits in den vorherigen Jahren beobachten ließ.

Profitabilität steigt endlich wieder, Solvabilität bleibt auf hohem Niveau

Nach mehreren Jahren zurückgehender Profite ist den Top-25-Versicherern im Jahr 2023 eine Trendwende gelungen. Das operative Ergebnis vor Steuern ist im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent gestiegen. Die Nettoerträge sind um 49 Prozent gewachsen. Auch das zeigt: Die großen Versicherer in Europa haben es rechtzeitig geschafft, negative Effekte der Inflation durch höhere Preise zu kompensieren. Der nun zu beobachtende Rückgang der Inflation dürfte die Gewinne bis auf weiteres auf hohem Niveau halten.

Solvabilität bleibt auf hohem Niveau

Ein Blick auf die Solvenzquoten der europäischen Versicherer ergibt, diese liegen mit im Schnitt 227,5 Prozent weiterhin auf einem hohen Niveau. Im Vergleich zum Vorjahr 2022 ist ein leichter Anstieg um 0,5 Prozentpunkte zu beobachten. Keiner der Top-25-Versicherer droht auch nur annähernd unter die aufsichtsrechtliche Schwelle von 100 Prozent zu fallen. Die niedrigste Solvenzquote liegt bei 180 Prozent, die höchste weist mit 307 Prozent der italienische Versicherer Poste Vita auf. Das alles zeigt: Die großen europäischen Versicherer sind zurzeit stabil aufgestellt.

Demografischer Wandel wirft Schatten voraus

Für die aktuelle EIS haben sich die Studienautoren schwerpunktmäßig mit dem demografischen Wandel in Europa befasst, der bis zum Jahr 2034 von Land zu Land erhebliche Unterschiede aufweisen wird. Die demografische Entwicklung in den untersuchten 18 Ländern Europas ist damit alles andere als homogen. Schweden z.B. kann bis 2034 mit einer jungen und wachsenden Bevölkerungsentwicklung rechnen, in Großbritannien wird die Zahl der Erwerbsfähigen im Alter von 25 bis 64 um fast 2% wachsen. Für Deutschland ist eine alternde, schrumpfende Bevölkerungsentwicklung zu erwarten. Die Anzahl der Erwerbsfähigen wird um fast 13% sinken. Hier schlägt der demografische Wandel im Vergleich zu den anderen analysierten Ländern in Europa am stärksten und schnellsten zu.

Alter und schrumpfender Markt – Folgen für Versicherer in Deutschland

Die demografische Entwicklung trifft die Versicherer in Deutschland mit voller Wucht. Kundenstamm und Basis des Geschäftsmodells verändern sich, ebenso die Belegschaft und damit das Fundament der eigenen Organisation. Die jungen und attraktiven Zielgruppen werden schrumpfen. Ungewiss ist, ob die Gruppe der 60- bis 80-jährigen, die traditionell eher weniger Versicherungsschutz benötigt, das auffangen kann. Ein Blick auf die Profitabilität zeigt ein weniger einheitliches Bild. Hier dürften die Kosten durch Maßnahmen im Personal- und IT-Bereich steigen und zugleich auf geringere Prämienvolumina verteilt werden. Versicherer haben den Handlungsbedarf erkannt und adressieren die Auswirkungen des demografischen Wandels in verschiedenen Dimensionen. Zu den Maßnahmen gehören die Gewinnung junger Kunden und die Einrichtung eines zeitgemäßen Personalmanagements, mit dem oft vernachlässigten Potenzial der Mitarbeiterbindung.

zeb-Partner Dieter Kipp, Mitautor der Studie, abschließend: “Der demografische Wandel wird für Versicherer in Deutschland zur großen Herausforderung. Versicherer sind diesen Auswirkungen nicht hilflos ausgeliefert. Man kann sie bewältigen – mit entschlossenen und vor allem frühzeitigen Maßnahmen.”

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