Deutscher bAV-Index 2024
bAV heute steht im Fokus von langfristiger Stabilität und Attraktivität. Unternehmen optimieren ihre bAV, um kalkulierbare und werthaltige Leistungen für Mitarbeitende zu gewährleisten.
WTW veröffentlicht den Deutschen bAV-Index 2024. Die Analyse der Versorgungswerke von über 200 Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen bilden ein repräsentatives Abbild der aktuellen arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge (bAV) in Deutschland. Deutlich wird: Unternehmen setzen immer mehr auf eine attraktive und zugleich risikooptimierte bAV. So nutzen fast alle Unternehmen mittlerweile ein beitragsorientiertes System, zu großen Teilen in Form eines kapitalmarktorientiertem Zinsmodell. Zudem geben Arbeitgeber immer häufiger Anreize für Eigenbeiträge. Risikoleistungen haben sich zum eigenen Gestaltungsfeld entwickelt mit signifikanten Unterschieden in Ausgestaltung und Wertigkeit.
Der Deutsche bAV-Index analysiert die Versorgungswerke von Unternehmen mit Größenordnung von 250 bis über 100.000 Mitarbeitenden. Sie gibt einen Überblick über die aktuelle Ausgestaltung und zeigt branchenübergreifende Trends in der Plangestaltung auf. Hier zeigen sich die Großunternehmen als klare Trendsetter. „Großunternehmen sind oftmals 10 bis 15 Jahre weiter als der Markt“, erläutert Dr. Johannes Heiniz, Senior Director Retirement bei WTW und ordnet die Erkenntnisse folgendermaßen ein: Im Kern zeigt die Auswertung, dass die aller meisten Unternehmen den Wechsel zu beitragsorientierten Systemen nun vollzogen und die Mehrzahl auf eine Anlage der Beiträge auf dem Kapitalmarkt setzt. „Unternehmen fokussieren sich jetzt auf die Optimierung ihrer bAV-Systeme im Spannungsfeld von Attraktivität und Risiko. So können sie im Interesse von Unternehmen und Mitarbeitenden langfristig kalkulierbare und gleichzeitig werthaltige bAV-Leistungen sicherstellen“, fasst Heiniz zusammen.
Kapitalmarktorientierte Modelle sind weit verbreitet
Die Umstellung der Altersversorgung auf ein beitragsorientiertes System ist im Markt nahezu abgeschlossen (97 Prozent). Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen berechnet also die Altersleistung auf Basis von jährlichen Beiträgen sowie deren Wertentwicklung. Die Mehrheit der betrachteten Unternehmen mit beitragsorientierten bAV-Zusagen nutzen kapitalmarktorientierte Zinsmodelle. Mit 58 Prozent überwiegen versicherungsbasierte Gestaltungen, die insbesondere bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen dank effizienter Verwaltungsmöglichkeiten nach wie vor am beliebtesten sind. Ein fondsbasiertes Modell verwenden inzwischen 21 Prozent der Unternehmen (vgl. 2021: 16 Prozent). Weiterhin rückläufig ist die Verbreitung von Festzins-Modellen.
In den meisten deutschen Unternehmen (80 Prozent) wird der Beitrag mit Hilfe einer Split-Beitragsformel ermittelt – meist mit einem Split an der Beitragsbemessungs-grenze der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG). Das hat den Vorteil, dass für Hochverdienende die fehlende Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden kann. Im Median liegen die Beitragssätze bei 3 Prozent bis zur BBG und 10 Prozent oberhalb der BBG.
Obwohl die meisten Unternehmen auf ein beitragsbasiertes System setzen, bleibt der Beitragssatz stark branchenabhängig und schwankt signifikant. „Unternehmen müssen bei der Bemessung ihrer Gesamtvergütungspakete genau hinschauen, was für ihre Branche als marktüblich gilt“, rät Heiniz. „So liegen in Branchen wie Pharma und Chemie die Beitragssätze traditionell relativ hoch, während andere Sektoren, beispielsweise Bau und Handel, vergleichsweise niedrige Sätze aufweisen.“
Anreize für Eigenbeiträge zunehmend durch Matching-Modelle
Die meisten Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden Möglichkeiten, ihre bAV durch Eigenbeiträge („Entgeltumwandlung“) weiter auszubauen. Bei Unternehmen mit integrierter Entgeltumwandlung im arbeitgeberfinanzierten System etablieren sich sogenannte Matching-Modelle zunehmend: Insgesamt 80 Prozent der Arbeitgeber legen zusätzliches Geld dazu, wenn der Mitarbeitende in seine Altersvorsorge einzahlt. „Matching-Modelle motivieren Mitarbeitende, einen eigenen Beitrag zur Altersvorsorge zu leisten und stärken das individuelle Vorsorgeniveau im Alter“, so Heiniz und ergänzt: „Die Möglichkeit der Bezuschussung erhöht die Attraktivität des Unternehmens und kann im Wettbewerb um talentierte Arbeitskräfte den entscheidenden Unterschied ausmachen.“
Risikoleistungen als fester Bestandteil der bAV-Gestaltung
Neben Altersleistungen bieten 97 Prozent der Unternehmen auch eine Absicherung für den Fall von Invalidität. Dabei zeigt sich eine zunehmende Zweiteilung des Marktes: Während ein Teil der Unternehmen lediglich die angesparten Altersleistungen bereitstellt, haben andere Unternehmen separate hochwertige Risikoleistungen eingeführt, die eine signifikant höhere Absicherung bieten. Moderne, kollektive Versicherungsansätze werden zunehmend eingesetzt, um bilanzneutrale und flexible Lösungen zu schaffen, die den Bedürfnissen von Unternehmen und Mitarbeitenden gleichermaßen gerecht werden. Heiniz begrüßt diese Entwicklung: „Durch die Entwicklung hin zu beitragsorientierten Systemen ist eine Lücke im Fall von Tod und Invalidität für jüngere Personen entstanden. Daher ist es umso wichtiger, dass mehr und mehr Unternehmen die Risikoleistung als separates Gestaltungselement begreifen, um (auch) für die Fälle von Invalidität und Tod eine werthaltige Absicherung zu gewährleisten.“
BRSG II: Warten auf Durchbruch in der Verbreitung der bAV
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz II (BRSG II) wurde das BRSG nachgeschärft, um die bAV in Deutschland weiter voranzutreiben. „Das BRSG II enthält Nachbesserungen im Wesentlichen auf technischer Ebene, die zu begrüßen sind. Insbesondere bleibt weiterhin die Entwicklung der Sozialpartnermodelle zu beobachten, die nach dem Willen des Gesetzgebers die Verbreitung der bAV in Deutschland maßgeblich voranbringen soll. Ein solcher Effekt ist jedoch bislang ausgeblieben“, bewertet Heiniz den Referentenentwurf der Bundesregierung. Denn: Die bislang eingeführten Sozialpartnermodelle finden sich in Branchen, in denen die bAV traditionell bereits einen hohen Verbreitungsgrad hat. Branchen wie der Handel haben sich jedoch bislang auch durch die Möglichkeit der reinen Beitragszusage nicht zur flächendeckenden Einführung von bAV bewegen lassen.
„Um der Verbreitung der bAV in Deutschland einen wirklichen Schub zu geben, muss der Vorsorgebedarf der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fläche stärker in den Fokus gerückt werden“, betont Heiniz. „Gerade im Segment der unteren Lohngruppen und in Branchen, die bislang noch nicht auf bAV setzen, bietet die kollektive Form des Sparens Arbeitnehmenden effizienten Zugang zu Vorsorgeformen und unterstützt eine nachhaltige Altersvorsorge, die Arbeitgeber aktiv unterstützen können“, so Heiniz weiter.
Über die Studie: Deutscher bAV-Index
Die Studie zeichnet ein repräsentatives Abbild der aktuellen arbeitgeberfinanzierten bAV in Deutschland. Sie bildet Strukturmerkmale, Leistungen und Kosten der Versorgungswerke von insgesamt 210 Unternehmen aus 13 Branchen ab. Die Ergebnisse wurden mit Gewichtungsfaktoren nach den Kriterien Branche und Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter in Deutschland der tatsächlichen Unternehmensverteilung im deutschen Markt angepasst.
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