Kommentar von Luyi Guo, Research-Analyst Health Care Sector Research Team, Janus Henderson Investors

  • Der Markt für neue GLP-1-Medikamente dürfte bis Ende des Jahrzehnts die 100-Milliarden-US-Dollar-Marke überschreiten, mit Eli Lilly und Novo Nordisk an der Spitze.
  • Konkurrierende Medikamente dürften frühestens 2027 auf den Markt kommen.
  • Ein zunehmendes Angebot an GLP-1, einschließlich neuer Varianten, die die Wirksamkeit oder die Benutzerfreundlichkeit verbessern, könnte mit der Zeit dazu beitragen, die Preise zu senken und die Kostenerstattung zu verbessern.

Seit ihrer Markteinführung 2021 sind die Umsätze inkretinbasierter Medikamente – die durch die Nachahmung von Hormonen im Darm zur Kontrolle des Insulin- und Blutzuckerspiegels und zur Förderung des Sättigungsgefühls eine enorme Gewichtsabnahme bewirken – explodiert. Im zweiten Quartal dieses Jahres erzielten die auch als GLP-1-Agonisten bezeichneten Medikamente einen Jahresumsatz von mehr als 50 Milliarden US-Dollar. Bei einer jährlichen Wachstumsrate von etwa 50 % könnte der Markt bis Ende des Jahrzehnts leicht die 100-Milliarden-US-Dollar-Marke überschreiten. Damit wären GLP-1-Medikamente die umsatzstärkste therapeutische Kategorie aller Zeiten.

Aufgrund des Marktpotenzials investieren Biopharmaunternehmen massiv, um konkurrenzfähig zu sein, und versuchen, die Art der Verabreichung (z. B. orale Tabletten gegenüber wöchentlichen Injektionen), die Wirksamkeit, die Dauer und die unerwünschten Nebenwirkungen zu verbessern. Darüber hinaus erforscht die Branche das Potenzial der Medikamente zur Behandlung anderer Erkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafapnoe, Fettleber und Diabetes.

Da die Bewertungen einiger Biopharmaunternehmen bereits erheblich angezogen haben, wird die Herausforderung für Anleger vor allem darin bestehen, herauszufinden, welche Unternehmen und Produkte am besten abschneiden werden. Auch die Preisgestaltung und die Bereitschaft der Krankenkassen weltweit, die Behandlungskosten zu übernehmen, sind angesichts der enormen Nachfrage nach diesen Medikamenten von Bedeutung.

Konkurrenz schläft (nicht)

Zwar entwickeln viele Unternehmen derzeit Inkretine zur Gewichtsabnahme, doch wird es noch mehrere Jahre dauern, bis eines der Medikamente die Spätphase klinischer Studien abschließt und auf den Markt kommt. Danach könnte es noch eine Weile dauern, bis die Arzneimittelhersteller die Produktionskapazitäten aufbauen, um die Nachfrage zu befriedigen – alles Faktoren, die Eli Lilly und Novo Nordisk einen erheblichen Vorteil verschaffen.

Und dennoch werden Eli Lilly und Novo Nordisk mit der Zeit mehr Konkurrenz bekommen. Amgen könnte eine der ersten großen Herausforderungen sein. Das Unternehmen entwickelt gerade MariTide, ein bispezifisches Molekül, das den GLP-1-Rezeptor aktiviert und einen anderen Rezeptor, das sogenannte GIP, antagonisiert. In klinischen Versuchen hat sich gezeigt, dass dieser duale Wirkmechanismus zu einer ähnlichen Gewichtsabnahme führt wie Zepbound und Wegovy, jedoch mit weniger Injektionen – einmal monatlich statt einmal wöchentlich. Amgen testet das Medikament auch für gewichtsbedingte Erkrankungen wie Herz-, Leber- und Nierenkrankheiten, um den potenziellen Patientenkreis von MariTide zu erweitern. Es wird erwartet, dass das Medikament in den kommenden Monaten in Phase-3-Studien übergeht und möglicherweise 2027 auf den Markt kommt.

Was tun Eli Lilly und Novo Nordisk, um ihre Marktführerschaft zu sichern?

Beide Unternehmen investieren aggressiv in die Stärkung und Weiterentwicklung ihrer GLP-1-Pipelines. Eli Lilly arbeitet an der Entwicklung von Orforglipron, der ersten oralen Version eines GLP-1, die möglicherweise 2026 auf den Markt kommen könnte. Die Möglichkeit einer täglichen oralen Einnahme dürfte dazu beitragen, die weltweiten Lieferengpässe zu lindern und Patienten eine größere Auswahl zu bieten. Das Unternehmen entwickelt außerdem einen Dreifach-Hormonrezeptor-Agonisten namens Retatrutid, der 2027 auf den Markt kommen könnte. Retatrutid hat das Potenzial gezeigt, einen erheblichen Gewichtsverlust (im Bereich von 20 %) zu bewirken und das Leberfett bei Patienten mit Metabolischer Dysfunktion-assoziierter Steatohepatitis (MASH) zu reduzieren.

Novo arbeitet unterdessen an der Entwicklung von CagriSema. Das Medikament kombiniert Wegovy mit Cagrilintid, einem lang wirkenden Amylin-Analogon, das die Magenentleerung verzögert und den Blutzuckerspiegel senkt. In frühen klinischen Studien führte der duale Ansatz zu einer schnelleren Gewichtsabnahme (bis zu 25 % im Vergleich zu ~17 % bei Wegovy), ohne dass es zu einem Stillstand kam. Das Medikament hat sich auch bei Patienten mit Typ-2-Diabetes als wirksamer erwiesen, bei denen Inkretine gewöhnlich eine geringere Gewichtsabnahme bewirken. Es wird erwartet, dass CagriSema die Ergebnisse der Phase-3-Studie vor Jahresende liefert und bereits 2026 auf den Markt kommen könnte.

Ausblick auf Preisgestaltung und Kostenerstattung für GLP-1

Die meisten Anleger gehen davon aus, dass die GLP-1-Preise mit steigendem Angebot sinken werden (mit steigenden Mengen sinken meist auch die Arzneimittelpreise). Darüber hinaus wird Semaglutid (das in Wegovy verwendete Peptid) 2027 gemäß dem Inflation Reduction Act Gegenstand von Preisverhandlungen bei Medicare sein, dem staatlichen Gesundheitsprogramm für ältere Menschen in den USA. Diese Faktoren sind dem Markt jedoch durchaus bekannt und könnten durch steigende Absatzmengen ausgeglichen werden, wenn Arzneimittelhersteller ihre Angebote zur Gewichtsreduzierung verbessern und mehr Versicherer sich bereit erklären, die Medikamente in ihren Leistungskatalog aufzunehmen.

GLP-1-Präparate, die einen über die Gewichtsabnahme hinausgehenden gesundheitlichen Nutzen nachweisen können, haben möglicherweise die besten Chancen, für eine Kostenerstattung in Frage zu kommen. So ist es Medicare gesetzlich untersagt, die Kosten für Medikamente zur Gewichtsabnahme zu übernehmen, erstattet aber die Kosten, wenn die Therapien für andere medizinische Indikationen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschrieben werden. Ein ähnlicher Trend könnte sich in den Gesundheitssystemen weltweit abzeichnen, sollten sich GLP-1s weiterhin als wirksam gegen diese und andere Komorbiditäten erweisen.

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