Transaktionsvolumen liegt mit mehr als 23 Milliarden Euro fünf Prozent über dem Vorjahr
„Bottoming out“. So bezeichnen internationale Marktteilnehmer die Phase, in der wir uns gerade befinden. Zu Deutsch: „Bodenbildung“ – wobei in der englischen Begrifflichkeit das kleine Wörtchen „out“, also hinaus, noch etwas mehr Optimismus verbreitet. Die Zahlen unterstreichen dies: In den ersten neun Monaten 2024 wurde auf dem deutschen Investmentmarkt für Immobilien ein Transaktionsvolumen in Höhe von rund 23,4 Milliarden Euro verbucht. Damit ergibt sich ein Plus gegenüber dem Vorjahr von fünf Prozent.
Dr. Konstantin Kortmann, Country Leader JLL Germany: „Nach den Turbulenzen der vergangenen Jahre hatte kaum jemand mit einem schnellen Aufschwung an den Immobilienmärkten gerechnet. Dass es aber doch recht lange dauern würde, bis Investoren, Nutzer und Unternehmen wieder eine gewisse Planungssicherheit gewinnen würden, hatten auch die wenigsten befürchtet. Dafür brauchte es die Zinssenkungen der Notenbanken als Signal und damit scheint dieser Punkt erreicht. Mehr und mehr Akteure schalten vom Abwarte- auf den Aktivmodus, weil es zunehmend Vergleichswerte durch abgeschlossene Transaktionen gibt. Zugleich zeigt sich, wie sehr der Markt gelernt hat, mit der Parallelität mehrerer politischer und wirtschaftlicher Krisen umzugehen, und sich auch nicht durch die Eskalation im Nahen Osten und der bevorstehenden US-Wahl von seinem vorsichtig positiven Kurs abbringen lässt.“
JLL-Umfrage: Gros des Marktes rechnet mit Verbesserung im kommenden Halbjahr
Die Stimmung an den globalen Investmentmärkten hat sich verbessert. Nach einer JLL-Umfrage bei Investoren sagen mehr als die Hälfte der Befragten, dass sich die Lage in den nächsten sechs Monaten in Europa verbessern wird. Ende 2023 erwarteten dies nur 23 Prozent. Und davon sollte auch der deutsche Investmentmarkt als einer der nach wie vor liquidesten und transparentesten profitieren. „Als Stimulus mag dabei das Einläuten des Zinssenkungszyklus in Europa und auch in den USA wirken, wenngleich sich die realisierten Zinsschritte der EZB und der FED kaum spürbar in den Finanzierungszinsen niedergeschlagen haben. Diese waren bereits eingepreist, allein aber die Erwartung der Märkte, die Leitzinsen zu senken, hat zu einer Stabilität der monetären Bedingungen geführt“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.
So dürfe man den aktuellen Kurs der fünfjährigen Swap-Rates, der mit 2,22 Prozent am 27. September den niedrigsten Wert seit mehr als zwei Jahren erreichte, auch dahingehend interpretieren, dass sich die Finanzmärkte auf eine Beibehaltung des eingeschlagenen Weges der Zentralbanken verlassen. Die Grundlage für ein Wiederanspringen des Transaktionsmarkts, die Liquidität in Form vom Fremdkapital, scheint also wieder in Takt, was auch durch die jüngsten Ergebnisse des JLL-Immobilienfinanzierungsindex Difi bestätigt wurde, bei dem die befragten finanzierenden Banken einen deutlichen Optimismussprung in Bezug auf die Lage und die Erwartung am Finanzierungsmarkt durchklingen ließen.
„Dies wird aber nun nicht dazu führen, dass wir ein plötzlich sich entzündendes Feuerwerk an Verkäufen sehen, und aus neutraler Sicht kann man sich auch nur einen moderaten Aufschwung wünschen, ohne Übertreibungen und ohne unrealistische Fantasien“, stellt Scheunemann klar. Dieser Realismus prägt den neuen Marktzyklus und lässt die ungesunde Dekade des „Nullzinsumfelds“ endgültig hinter sich. Die Ergebnisse am deutschen Investmentmarkt spiegeln genau diese Entwicklung wider. Zwar steht ein leichtes Umsatzplus im Vergleich zum Vorjahr, doch der Zwölfmonatsvergleich fällt damit etwas niedriger als noch zum Halbjahr aus. Das „bottoming out“ vollziehe sich eben nicht dynamisch, Bodenschwellen verlangen Achtsamkeit und langsame Fahrt, so Scheunemann.
Fokussierung auf Living und Logistik hält an – Rechenzentren rücken ins Blickfeld
Eigenkapitalstarke Investoren nutzen weiterhin die aktuelle Marktphase, um ihr Anlageportfolio mit Immobilien zu erweitern. „Besonders Family-Offices und vermögende Privatpersonen sind hier aktiv. Institutionelle Anleger agieren demgegenüber zwar immer noch etwas verhaltener, doch auch in dieser Akteursgruppe wächst das Interesse an Immobilien langsam wieder. Bei allen derzeit aktiven Käufergruppen beobachten wir ein verstärktes Interesse nach Logistik und Wohnimmobilien“, berichtet Jan Eckert, Head of Capital Markets JLL DACH. Nicht verwunderlich ist es daher, dass auf diese beiden Assetklassen mit fast 50 Prozent das Gros des in den ersten neun Monaten investierten Gesamtvolumens fällt. Auch Infrastrukturinvestments wie der Kauf von Rechenzentren erfreuen sich immer mehr Beliebtheit bei den Investoren, nachdem die führenden KI-Anbieter in diesem Segment einen Boom ausgelöst hat. „Hier erwarten wir in den kommenden Jahren stetig steigende Transaktionsvolumina, die allerdings in der Summe nicht an die etablierten Assetklassen heranreichen werden und weiterhin als Ergänzung zu bestehenden Immobilienportfolios zu sehen sind“, ordnet Eckert das Wachstum ein.
Auf Platz drei hinter Living und Logistik liegen nahezu gleichauf mit 17 beziehungsweise 16 Prozent Büro- und Einzelhandelsimmobilien. Während sich bei Büros noch keine spürbare Belebung feststellen lässt und die Quartalsvolumina seit dem ersten Quartal 2023 konstant im Bereich um 1,2 Milliarden Euro pendeln, konnten im aktuellen Quartal gleich fünf Shoppingcenter einen neuen Eigentümer finden. Die Restrukturierung dieser Assetklasse ist im vollen Gange, und auf dem aktuellen Preisniveau finden sich gute Opportunitäten, um solche meist in die Jahre gekommenen Center neu aufzustellen, zu sanieren oder auch mit anderen Nutzungen zu kombinieren.
Portfoliotransaktionen kommen nur langsam wieder in Fahrt
Nach wie vor stützt sich das Plus am Investmentmarkt ausschließlich auf Einzeltransaktionen. Diese summieren sich in den ersten neun Monaten auf 16,2 Milliarden Euro und vereinen damit mehr als zwei Drittel des Gesamtvolumens auf sich. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steht ein deutliches Wachstum von 17 Prozent. Portfolios sind nach wie vor eher selten anzutreffen. Hier hat JLL einen Umsatz von 7,2 Milliarden Euro registriert und damit 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Immerhin hat sich die Anzahl solcher Paketverkäufe mit insgesamt 85 Transaktionen im Vergleich zu 2023, als es 89 Deals gab, nahezu stabil gezeigt.
Die Bedeutung von Portfolios für die Gesamtstatistik wird deutlich, wenn man die größten Transaktionen des Jahres betrachtet: Hier liegen Portfolios und Einzeldeals mit jeweils fünf Transaktionen gleichauf. „Wenn wir Volumen und Portfolio als Gradmesser für die Risiko-, Kaufs- und Verkaufsbereitschaft der Investoren und Finanzierungsbereitschaft der Banken ansehen, so gibt das dritte Quartal Anlass zur Zuversicht. Von den fünf größten Transaktionen waren vier Paketverkäufe, allesamt mit Volumina im deutlich dreistelligen Millionen-Euro-Bereich“, so Eckert.
In einer weiter gefassten Betrachtung aller Transaktionen mit einem Volumen von 100 Millionen Euro und größer zeigt sich indes eine deutliche Belebung des Marktes mit aktuell fast 50 Transaktionen – ein kräftiger Anstieg im Vergleich zu 2023 mit lediglich 35 Deals.
„Für das letzte Quartal des Jahres erwarten wir eine Fortsetzung des moderaten Aufschwungs. Eine Jahresendrallye, wie so häufig in einem vierten Quartal, erwarten wir aber nicht. Aus derzeitiger Sicht erscheint ein Transaktionsvolumen in Höhe von 37 Milliarden Euro realistisch und auch das würde bedeuten, das mehr als 13 Milliarden Euro in den Monaten Oktober bis Dezember gehandelt werden müssten“, gibt Scheunemann einen Ausblick.
Berlin und München nach wie vor führend beim Transaktionsvolumen
Keine hervorstechenden Veränderungen gab es beim Blick auf die sieben Hochburgen. Mit zwölf Milliarden Euro wurden in den ersten neun Monaten rund 31 Prozent mehr in Immobilien investiert als im Vorjahresvergleich. Der Anteil dieser Märkte am deutschlandweiten Transaktionsvolumen stieg von 41 Prozent auf aktuell 51 Prozent.
Berlin führt nach wie vor die Rangliste der transaktionsstärksten Märkte an, knapp 4,5 Milliarden Euro sind gleichbedeutend mit einem Plus von 49 Prozent. Eine höhere Steigerungsrate erzielten allerdings Düsseldorf – hier betrug das Plus 52 Prozent auf eine Milliarde Euro – und München mit 60 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. In Hamburg haben sich die Transaktionsaktivitäten im abgelaufenen Quartal erhöht und aus dem prozentualen Minus zum Halbjahr ist ein kleines Plus von zwei Prozent geworden. Stuttgart verharrt dagegen mit 48 Prozent tief im Minus. Frankfurt kann an das Vorjahresergebnis mehr als anknüpfen und verbucht mit 23 Prozent ein solides Plus. Die Mainmetropole ist traditionell sehr „bürolastig“. Wenn auch für den Bürosektor wieder mehr Zuversicht herrscht und Verkäufer und Käufer vermehrt zueinander finden, werden die Aktivitäten in Frankfurt noch stärker zulegen.
Renditen entwickeln sich uneinheitlich in den einzelnen Assetklassen
Nicht mehr ganz im Gleichschritt verläuft die Entwicklung der Spitzenrenditen in den einzelnen Assetklassen. Während es sowohl bei Büroimmobilien, Wohnimmobilien (Mehrfamilienhäuser), Highstreet- und Fachmarktprodukten in der Spitze im Mittel über die Metropolen hinweg jeweils keine Veränderung im dritten Quartal gab, beobachtet JLL im Logistiksegment eine Trendwende. Hier sinken die Spitzenrenditen um rund zehn Basispunkte auf 4,30 Prozent. Die andere Richtung schlugen hingegen Shoppingcenter ein. Dort passt JLL die Spitzenrendite aufgrund der nun deutlich größeren Datenbasis um 40 Basispunkte auf 5,90 Prozent an.
Für die Entwicklung der Spitzenrenditen ist unter anderem der Blick auf die Risikoprämie als Differenz zwischen Immobilienrendite und der Rendite für langlaufende Staatsanleihen entscheidend. Diese hat sich aktuell wieder deutlich vergrößert und liegt Ende September bei 225 Basispunkten auf Basis der aktuellen Bürorendite. „Das ist der größte Abstand seit dem ersten Quartal 2022. Die externen Indikatoren zeigen also in die richtige Richtung. Im weiteren Verlauf bleibt abzuwarten, wie sich diese Tendenzen auf die Kaufpreisverhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer auswirken und ob sich der Bid-Asking-Spread wieder schließt“, sagt Scheunemann.
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