Trotz Haushaltswoche und Koalitions-Krisen-Klima nahm sich Bundesfinanzminister Christian Lindner knapp ein Stunde Zeit, um im Paul-Löbe-Haus des Bundestages vor einer handverlesenen Zahl von ca. 100 Gästen das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der privaten Altersvorsorge vorzustellen.

Auch ‘k-mi’ war hier vor Ort. “Vom Sparen zum Investieren fürs Alter: Private Vorsorge mit dem Altersvorsorgedepot”, so der Titel der Veranstaltung, die von Anja Schulz, MdB und Berichterstatterin für Altersvorsorge und Kapitalmärkte der FDP-Bundestagsfraktion, moderiert und geleitet wurde. Zunächst zu Verfahren und Timing des Gesetzentwurfes selbst. Der Entwurf ist ein noch gut gehütetes Geheimnis! Er befindet sich, so Lindner, derzeit im “Vorhabenclearing”, u. a. mit dem Kanzleramt – noch vor der offiziellen Ressortabstimmung – also in einer sog. regierungsinternen Frühkoordination. Laut dem Finanzminister sind es noch “Stunden, Tage oder wenige Wochen”, bis sich der Bundestag mit dem Entwurf befasst. Das Inkrafttreten ist für den 01.01.2026 geplant.

Lesen Sie bei uns exklusiv, welche Eckdaten und Details Christian Lindner in dieser Woche dazu schon preisgab: Zunächst verwies der FDP-Vorsitzende auf bisherige Reformschritte der Ampel in den beiden Säulen der Altersvorsorge bAV und GRV: In der bAV sollen Pensionskassen mehr Spielraum in der Kapitalanlage erhalten und u. a. die Risikokapitalquote angehoben werden. Zur Stützung der gesetzlichen Rentenversicherung wurde das ‘Generationenkapital’ entwickelt. Bei letzterem gelte die Devise “don’t try this at home”, so Lindner, da hier mit dem KENFO ein professioneller Vermögensverwalter am Werk ist, der zuletzt 11 % p. a. Rendite erzielt hat und u. a. Mittel einsetzt, die der Bund zu günstigen Konditionen aufnehmen kann. Die Förderung der privaten Altersvorsorge pAV sei bisher zu stark versicherungsorientiert gewesen durch ‘Riester’: Geringe Renditen, kaum noch Neuabschlüsse bzw. mangelnde Attraktivität. Riester verkörpere die deutsche Mentalität von ‘Gürtel und Hosenträger gleichzeitig’, so der Finanzminister.

Künftig soll es nun, basierend auf den Empfehlungen der Fokusgruppe private Altersvorsorge, zwei Kategorien der Förderung geben: 1.) Für Produkte mit Versicherungscharakter in Form von Zulagen und steuerlicher Förderung sowie optional mit einer nur 80%igen Beitragsgarantie. 2.) Für ein Altersvorsorge-Depot ohne Garantie mit Wahlfreiheit für eigene Anlagen und gleicher steuerlicher Förderung und Zulagen. Die Bausteine und Module der Förderung vor allem für das Altersvorsorge-Depot sehen wie folgt aus:  ++ Nachgelagerte Besteuerung: Die Besteuerung erfolgt erst in der Auszahlungsphase, so dass Erträge in der Ansparphase den Zinseszinseffekt besser nutzen können  ++ Beitragsproportionale Förderlogik: Diese beträgt in der Grundzulage 20 Cent pro investierten Euro und “spare”, so Lindner, “Bürokratie und Nerven” u. a. durch den Wegfall einkommensabhängiger Beitragsberechnungen. Allerdings soll es für Geringverdiener und Berufseinsteiger zusätzliche Bonuszulagen geben  ++ Positivliste, Zertifizierung von Produkten: Das Gesetz wird eine Positivliste enthalten. Wenn es nach Lindner gehe, sind dort auch z. B. Einzelaktien möglich. Nicht möglich werden wohl komplizierte Options-, Hebel- oder Kryptoprodukte sein. Grundsätzlich liegt es an den Anbietern, förderfähige Produkte zu zertifizieren, was weitere Vereinfachung mit sich bringen soll.

Anja Schulz formuliert den Ansatz und die Idee der FDP hinter dem Altersvorsorge-Depot gegenüber ‘k-mi’ wie folgt: “Wir Freie Demokraten im Deutschen Bundestag finden: Die Zukunft der Altersvorsorge liegt in der klugen Nutzung des Kapitalmarkts. Statt allein aufs Sparen zu setzen, müssen wir die Chancen des Investierens nutzen. Der staatlich geförderten Altersvorsorge fällt hier eine Schlüsselrolle zu. Nach der Bauchlandung mit Riester muss sie aus ihrem engen Korsett an Kriterien befreit werden. Anstelle starrer Vorgaben braucht es Flexibilität und Verständlichkeit – es braucht echte Anreize für den langfristigen Vermögensaufbau.”

‘k-mi’-Fazit: Der Grundstein ist gelegt, nun kommt es auf die Details des Entwurfs an, insbesondere wie strikt die Positivliste dort ausgestaltet wird und dass die Zertifizierungshürden mittelstandsfreundlich ausgestaltet werden. Aus unserer Sicht haben auch vollregulierte Sachwertprodukte wie AIF und ELTIF dort ihren Platz und ihre Berechtigung. In diesem Sinn und unter Einbindung des unabhängigen Vertriebs werden wir das kommende Gesetzgebungsverfahren auch konstruktiv begleiten. Das Altersvorsorge-Depot hat u. E. das Zeug, einen echten Impuls für die kapitalmarktorientierte Altersvorsorge zu geben und zusätzliche Chancen für unabhängige Vermittler zu eröffnen. Die Riester-Fesseln werden weitgehend abgelegt, die teilweise sehr lebensfremd sind, insbesondere, wenn man etwas Flexibilität in der Vorsorge und Anlage wünscht. Auch wenn es die FDP momentan in der Ampel schwer hat, ist hier anzuerkennen, dass unter einem FDP-Finanzminister wieder Schwung in die bislang verkrustete Politik zugunsten von Rente und Kapitalmarkt gekommen ist.

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