Von David Wehner, Head of Liquid Assets
Die erste Zinssenkung der US-Notenbank Fed nach der jahrelangen Niedrigzinsphase war schon im vergangenen Jahr erwartet worden. Nun ist es endlich so weit.
Für Anleger erscheint dadurch die Zukunft an der Börse besser prognostizierbar. Das bietet Chancen, aber auch ein paar Tücken.
Lange haben Anleger auf die erste Zinssenkung der US-Notenbank spekuliert, jetzt herrscht Gewissheit: Die Fed senkt ihren Leitzins um 0,5 Prozentpunkte, Geld und Kredite werden somit billiger. Je nach Perspektive hat das Vor- und Nachteile. Für Anleger ergeben sich dadurch jedenfalls eine Reihe von Chancen, allerdings auch ein paar unterschätzte Risiken.
Der Markt hatte auf eine Zinssenkung von 0,5 Prozentpunkten spekuliert. Dies, obwohl die jüngsten Wirtschaftsdaten eher einen Preisdruck aufwiesen und die politischen Überlegungen im Vorfeld einer Präsidentschaftswahl schwer wiegen.
Nach der Zinssenkung und der Rede von Jerome Powell bewegt sich der Markt eher seitwärts. Der Notenbankpräsident warnt davor, den Zinsschritt von 50 Basispunkten als neue Geschwindigkeit zu definieren. Der Markt wird nun neue Impulse benötigen, um den Aufwärtstrend der vergangenen Tage fortzusetzen.
Eine Kennzahl könnte die Fed an weiteren Zinssenkungen hindern: die Inflation. Wir befinden uns in einer Phase, in der die die Kerninflation, also die Inflation ohne Energie- und Lebensmittelkosten, durch Megatrends wie Demografie, Deglobalisierung und Dekarbonisierung erhöht ist. Wenn die Zentralbanken ihre Zinsen aufgrund einer drohenden konjunkturellen Schwäche senken, kurbeln sie die Nachfrage nach Gütern an. Zudem stimulieren Zinssenkungen die Unternehmensinvestitionen, was die Nachfrage zusätzlich belebt. Mit einer anziehenden Konjunktur können aber auch die Verbraucherpreise steigen. In Kombination mit anhaltenden geopolitischen Risiken, die zu einem Anstieg der Rohstoffpreise, insbesondere bei Öl, führen können, besteht die Gefahr eines erneuten Aufflammens der Inflation. Daher rechnen wir in den nächsten Jahren mit einer erhöhten Inflationsdynamik.
Nach der Fed-Zinssenkung scheint jedoch klar, dass sich die US-Notenbank zunächst auf die konjunkturellen Risiken konzentriert und die Inflation für beherrschbar hält. Anders als die Fed unterschätzen die Kapitalmarktteilnehmer offenbar die konjunkturellen Risiken, da sich die Aktienmärkte in den vergangenen zwölf Monaten sehr gut entwickelt haben. Selbst die Marktkorrektur Anfang August führte schnell wieder zu Käufen, und die wesentlichen Aktienindizes konnten bis Ende August einen Großteil der Verluste aufholen. Der Börsenoptimismus ist immer noch sehr hoch.
Dennoch erachten wir es für möglich, dass die Aktienmärkte im weiteren Verlauf des September und im Oktober die Tiefstände von August erneut testen oder sogar neue Tiefstände ausbilden. Rückläufige Unternehmensgewinne oder eine Verschärfung der geopolitischen Konflikte könnten ohne Weiteres einen Tiefentest heraufbeschwören. Auch die hart umkämpften und von Attentatsversuchen überschatteten US-Präsidentschaftswahlen könnten den Börsenoptimismus erschüttern. Trübt sich die Stimmung in der Wirtschaft ein, wird dies voraussichtlich stärkere Unterstützungsmaßnahmen der Zentralbanken in Form von weiteren Zinssenkungen zur Folge haben. Dann könnten die Aktienmärkte einen Boden ausbilden, die kurze Baisse überwinden und wieder in eine Aufwärtsbewegung übergehen.
Sinkende Zinsen würden den Anleihemarkt hingegen eher belasten, da die Renditen bei Rentenpapieren mit kurzen Laufzeiten zunächst rückläufig wären. Langfristig dürfte sich dadurch auch die Zinsstruktur wieder normalisieren, so dass länger laufende Anleihen höhere Renditen bieten als kurzlaufende Anleihen. Derzeit ist dies aufgrund der inversen Zinsstrukturkurve noch umgekehrt. Profitieren dürften auch Immobilieninvestments, da die Zinssenkungen Baufinanzierungen wieder günstiger machen und hierdurch den Immobilienmarkt stützen können und Investments in diesem Bereich attraktiver machen.
Im Moment steht somit die Frage im Vordergrund, wie es mit der Zinspolitik der Notenbanken weitergeht.
Die USA benötigen zur Finanzierung ihres stark angewachsenen Schuldenbergs strukturell niedrigere Zinsen, da die Zinslast ansonsten einen Großteil des US-Bundeshaushalts beanspruchen würde. Sowohl der Fed als auch dem Finanzministerium ist dieses Problem bewusst. Zudem gilt es abzuwarten, wie sich die Wirtschaft und die Inflation in den kommenden Monaten entwickeln.
Grundsätzlich haben wir vermutlich den Höhepunkt der wirtschaftlichen Expansion in den USA bereits überschritten und befinden uns nun in einer Phase konjunktureller Abkühlung. Diese Faktoren zusammengenommen deuten darauf hin, dass auch 2025 eine unterstützende Geldpolitik der Zentralbank fortgesetzt wird. Die Zinsen dürften weiter sinken – und der Börse somit neuen Schub verleihen.
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