Obwohl die Konjunkturaussichten weltweit nicht gerade rosig sind, laufen die Aktienmärkte stramm nach oben.
„Das liegt zum einen an den Zinssenkungen der Notenbanken, die viele als Impulsgeber interpretieren“, sagt Carsten Gerlinger, Managing Director und Head of Asset Management bei Moventum AM. „Doch muss auch klar sein, dass die Zinssenkungen Ausdruck einer lahmenden Konjunktur sind und der letzte Notnagel, eine Rezession zu verhindern.“ Anleger sollten deshalb vorsichtig bleiben.
In den USA verlieren die Großen 7, die Tech- und KI-Unternehmen der ersten Reihe, deutlich an Dominanz. „Hier werden die ambitionierten Bewertungen zunehmend kritisch hinterfragt, weil bislang noch keine konkrete Monetarisierung der KI-Investitionen absehbar ist“, sagt Gerlinger. Die steigenden Kurse stammen vom immer noch positiven Sentiment der Marktteilnehmer. „Hier wird nach wie vor ein Soft Landing der US-Wirtschaft erwartet“, sagt Gerlinger. „Und es verlassen sich alle darauf, dass die Zinssenkungen die wirtschaftlichen Aussichten verbessern.“ Die Aktienmärkte preisen immer noch ein positives Konjunkturszenario mit ambitionierten Gewinnzuwächsen von bis zu 15 Prozent im S&P 500 ein, während die Rentenmärkte das Gegenteil erwarten.
In Europa steht die gute Aktienmarktentwicklung noch stärker im Widerspruch zum schwachen konjunkturellen Umfeld in der Eurozone. „Die Politik findet nach wie vor kein Rezept, um die Wirtschaft zu stimulieren, zumal Haushaltszwänge den Spielraum beschränken“, sagt Gerlinger. Auch das mäßige Wirtschaftswachstum in China liefert keine Stimulation für Europa. Allerdings sind die Bewertungen europäischer Aktien unverändert günstig, Small und Mid Caps haben sich stabilisiert. „Analog zu den USA ruhen die Hoffnungen auf den Zinssenkungsstimuli“, so Gerlinger.
Anders sieht das in Japan aus. „Hier schwebt die Aussicht auf weitere Zinserhöhungen als Damoklesschwert über dem japanischen Aktienmarkt“, sagt Gerlinger. „Die für japanische Verhältnisse mit drei Prozent hohe Inflation wird die Bank of Japan früher oder später zum Handeln zwingen.“ Im Gegensatz dazu sprechen die günstigen Aktienbewertungen, starke Bilanzen, aber auch Aktienrückkäufe und gute Dividenden für japanische Aktien. „Damit bleiben japanische Aktien zwar interessant“, so Gerlinger. „Als Belastung könnten sich jedoch weitere Zinsschritte der Bank of Japan erweisen.“ Im Zuge dessen könnte auch der Yen weiter steigen, was das Risiko aus Euro-Anlegersicht einschränkt.
Aktienmärkte in den Emerging Markets bleiben bewertungstechnisch interessant, sind jedoch durch den Trend zur Deglobalisierung unter Druck geraten. „Die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung in China erwies sich als kurzes Strohfeuer“, so Gerlinger. „Zwar wird für 2024 ein chinesisches Wirtschaftswachstum von bis zu fünf Prozent erwartet.“ Das liegt jedoch weit unter dem Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre. „Indien wächst mit fast acht Prozent überdurchschnittlich stark und zieht unverändert Investoren an“, sagt Gerlinger.
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