Nvidia präsentiert Rekordzahlen, doch die Börse reagiert enttäuscht.

Der starke KI-Wachstumstrend ist zwar noch nicht vorbei, wird aber zunehmend dem Realitätscheck unterzogen. Anleger sollten mit Bedacht vorgehen.

Von David Wehner, Do Investment AG

Wenn die Gemüter überhitzt sind, hilft eine kalte Dusche. Und die bekamen Anleger, die in den vergangenen Jahren auf das Trendthema Künstliche Intelligenz (KI) setzten, nach den jüngsten Nvidia-Zahlen Ende August. Das Unternehmen, dass dank der starken Nachfrage nach Hochleistungschips für KI-Systeme schon seit einigen Jahren glänzende Geschäfte macht, hatte erneut Rekordzahlen präsentiert und die Analystenerwarten dabei sogar übertroffen: Umsatz plus 122 Prozent, Nettogewinn plus 168 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Quartalsergebnisse waren einmal mehr schwindelerregend.

Doch an der Börse gab es die kalte Dusche. Die Aktie fiel zum Börsenstart um drei Prozent. Auf Wochensicht hat die Nvidia-Aktie 7,7 Prozent verloren. Bei einer der wertvollsten Aktie der Welt, die Nvidia mit einer Marktkapitalisierung von zeitweise drei Billionen Dollar ist, summieren sich die Kursverluste so auf mehr als 200 Milliarden Dollar. Und weil Nvidia als Leuchtturm der Branche seine Wettbewerber überstrahlt, mussten auch andere gehypte KI-Aktien Federn lassen.

Als Gründe für die Kursverluste wurden schnell zwei Wermutstropfen in dem rekordverdächtigen Zahlenwerk ausgemacht: Zum einen ist Nvidias Bruttogewinnmarge mit 75,7 Prozent (!) ein wenig niedriger ausgefallen als im Vorjahr, zum anderen war der Ausblick etwas weniger mutig als von Anlegern erhofft. Nüchtern betrachtet sind das Petitessen. Die Nvidia-Aktie hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdreißigfacht, allein 2024 konnte sie schon um 150 Prozent zulegen. Das ist in den vergangenen zehn Jahren unter den großen, schwergewichtigen Aktien ein einmaliger Vorgang. Die Tatsache, dass ein Teil der Anleger nun lieber Gewinne mitnahm, zeigt, dass der Markt allmählich erwachsen wird. Die Einsicht, dass selbst KI-Aktien nicht ewig in den Himmel wachsen können, nimmt zu.

Wettbewerb wird intensiver, Konjunktur schwächelt

Ein Grund, warum es nicht ewig so weitergehen kann: Nvidias Marktposition wird zunehmend angreifbar. Große Techkonzerne wie Microsoft, Apple oder Alphabet entwickeln mit Milliardenbudgets Konkurrenzprodukte. Die wenigen anderen Halbleiterhersteller wie AMD, ARM oder SMCI wollen ebenso von der KI-Welle profitieren wie die „Big 7“ und ihre Satelliten wie ASML, Adobe, Lam Research und Applied Materials. Es sind große Entwicklungsabteilungen und Chipfabriken im Aufbau, die über kurz oder lang KI-Platzhirschen wie Nvidia Marktanteile abnehmen werden.

Ein weiterer Grund für die gestiegene KI-Skepsis ist die Konjunktur. Die Prognose, das KI für zwei Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstum ursächlich sein könnte, zeigt sich nicht in den Konjunkturdaten. Die Weltwirtschaft tritt vielmehr in eine Schwächephase ein, vor allem Asien und Europa zeigen sich schwach. Zudem ist inzwischen zu beobachten, dass Unternehmen wie SAP, Meta, Alphabet oder Microsoft sich dank KI in der Lage sehen, auch hochbezahlte Stellen zu streichen. Auch das schwächt den Konsum und damit die Konjunktur.

Weniger Halbleiter, mehr KI-Profiteure

Der Beweis, dass sich mit Hilfe einer KI viel Geld verdienen lässt, ist auf der Anwenderseite bislang ausgeblieben. Es ist wie in Zeiten des großen Goldrauschs: Zunächst verdienen jene, die Schaufeln und Hacken verkaufen, erst später heben die Goldgräber die eigentlichen Schätze. Halbleiter sind so etwas wie die Schaufeln für künftige KI-Anwendungen.

Solange es keine globale Rezession gibt, kann der Börsenhype um Nvidia und Co. also noch weitergehen. Nach mehreren Korrekturphasen sind die Aktien auch nicht mehr zu teuer, das Risiko einer platzenden KI-Blase ist somit gesunken. Es ist aber möglich, dass hier allmählich ein Plateau bei der Bewertung von KI-Aktien erreicht wurde.

Für Anleger bedeutet das zwar nicht, sich aus KI-Aktien zurückzuziehen, allerdings sollten sie bei KI-Aktien selektiver vorgehen. Je erwachsener der KI-Markt wird, umso eher sollten sie den Shift von den Halbleiterproduzenten zu den KI-Profiteuren, also den Nutzern und Gewinnern der KI-Anwendungen, vollziehen. Die Halbleiterproduzenten wie Nvidia könnten Anleger geringer gewichten, und stattdessen auf die künftigen KI-Profiteure setzen, beispielsweise in den Bereichen Automatisierung, Pharma, Lebensmittelproduktion oder Biotech. Anleger mit KI-Fokus sollten hier selektiv vorgehen und auf ausreichende Diversifikation achten. So aufgestellt können sie noch lange vom KI-Trend profitieren.

Über den Autor:

David Wehner ist Head of Liquid Assets beim unabhängigen Münchener Vermögensverwalter Do Investment.

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Do Investment AG, Oettingenstraße 35, 80538 München, Tel: 089 954119330, www.do-investment.de