Kommentar von Junichi Inoue, Head of Japanese Equities, Janus Henderson Investors

  • Drastischer Kurseinbruch veranlasste Investoren Positionen und Investmentansatz zu überdenken.
  • Gründe für den Ausverkauf: u. a. die Auflösung des Yen-Carry-Trade, nicht rückgeführte und in Yen konvertierte Gewinne aus Übersee, übermäßiger Enthusiasmus für KI-nahe Aktien und einseitige Wetten auf eine Yen-Abwertung.

Das rasante Wachstum erneuerbarer Energiequellen wie Wind- und Solarenergie hat eine kritische Frage aufgeworfen: Wie kann diese intermittierende Energie effektiv gespeichert und verteilt werden? Da die Versorger mit zunehmendem Lastwachstum kämpfen und auf eine vollständige Dekarbonisierung hinarbeiten, müssen sie sich zwingend fragen: Wie viel erneuerbare Energie können sie integrieren, bevor sie an ihre praktischen Grenzen stoßen?

Am 5. August 2024 verzeichnete der Nikkei-225-Index den zweitgrößten Einbruch seiner Geschichte. Der größte Einbruch erfolgte am Schwarzen Montag 1987, gefolgt von der globalen Finanzkrise 2008 auf Platz drei. Die zweite Zinserhöhung kam zwei Monate früher als vom Markt erwartet, folgte aber einem vorherbestimmten Kurs, und fiel mit nur 15 Basispunkten niedriger aus.

Unerwartetes Volumen und Tempo beim Abbau der Yen-Carry-Trades

Erklärt wird der massive Rückgang derzeit vor allem mit der Auflösung des Yen-Carry-Trade. Es ist jedoch schwierig, das Ausmaß des Yen-Carry-Trade und seine Hauptakteure eindeutig zu bestimmen. Eine Wertpapierfirma behauptete, alle Geschäfte seien aufgelöst worden, während eine andere angab, es seien nur 30 %. In Wirklichkeit ist das tatsächliche Volumen des Yen-Carry-Trade nicht bekannt, da der Großteil des Devisenhandels nach wie vor außerbörslich (OTC) abgewickelt wird und somit weniger zuverlässige Handelsdaten verfügbar sind. Und größtenteils nutzen nur Commodity Trading Advisors (CTAs) FX-Futures, die aufgrund ihrer Regulierung und ihres Handels am offenen Markt transparenter sind.

Die unmittelbare Panik ist vorerst vorbei. Die meisten Positionen der CTAs und Momentum-Anleger scheinen aufgelöst worden zu sein (Yen-Short-Positionen in FX-Futures wurden gedeckt und spekulative Yen-Positionen sind jetzt unverändert). Dies bedeutet, dass die Wechselkurseffekte auf die von japanischen Unternehmen im Ausland erzielten Gewinne weitgehend minimiert wurden.

Gewinne aus Übersee werden nicht rückgeführt und in Yen umgerechnet

Ein Besuch im letzten Monat bei einem Exportunternehmen, das den größten Teil seiner Gewinne in den USA erwirtschaftet, brachte einige interessante Erkenntnisse. Der Finanzvorstand verriet, dass das Unternehmen in den letzten drei Jahren keinen einzigen in den USA erwirtschafteten Gewinn rückgeführt hatte. Dividenden und Aktienrückkäufe wurden mit niedrig verzinsten Yen finanziert. Die Zinserträge aus den Gewinnen stammten aus Festgeldanlagen in den USA, die sich auf einige Billionen Yen beliefen. Viele Unternehmen dieser Art halten US-Dollar-Einlagen, die einer einzigen Devisenintervention entsprechen. Darüber hinaus werden die von japanischen institutionellen Investoren im Ausland erzielten Zins- und Dividendenerträge meist in Landeswährungen reinvestiert. Eine extreme Abwertung des Yen und eine alternde Bevölkerung könnten jedoch zu einer Yen-Konvertierung führen. Diese breitere Definition des Yen-Carry-Trade wird unseres Erachtens in der Hypothese des strukturell schwachen Yen übersehen.

Überwältigende Mehrheit am Markt fordert Yen-Abwertung 

Ein weiterer Faktor, der zu der Marktkorrektur führte, dürfte die Homogenisierung des Anlageverhaltens sein. So wurde der Yen beispielsweise mit einer historischen Abweichung von der Kaufkraftparität gehandelt. Die Unterbewertung war vergleichbar mit der kurz vor der Unterzeichnung des Plaza-Abkommens im Jahr 1984 (das vermutlich zur japanischen Preisblase in den späten 80er Jahren beitrug). Trotzdem schwächte sich der Yen angesichts des Zinsgefälles zwischen Japan und den USA weiter ab, und die Forderungen nach einer Aufwertung des Yen wurden durch Theorien über eine strukturelle Abwertung des Yen überwunden.

KI-getriebener Boom treibt „Crowded Trades”

Auch der Sektor der Halbleiterausrüstung in Japan war ein Crowded Trade, der auf der Welle des KI-Booms mitschwamm. Obwohl viele dieser Unternehmen zweifellos über Wettbewerbsvorteile verfügen, wurden viele von ihnen zu überhöhten Bewertungen (Preisen) gehandelt. Der marktweite Erfolg von trendfolgenden Anlagestrategien hat im Laufe der Zeit dazu geführt, dass bewertungsorientierte Investitionen schwieriger wurden. Dies schuf die Voraussetzungen für eine Korrektur: Die Stimmung am Markt war aufgrund der starken Kursverluste bei Aktien aus dem KI-Bereich in den vorangegangenen Wochen und der Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen trotz der sich rasch abschwächenden US-Beschäftigungsdaten auf hohem Niveau zu halten, bereits getrübt.

In dieser Situation löste das Zusammenspiel der oben genannten Faktoren und Wochen später die (für einige) überraschende Zinserhöhung der Bank of Japan Ende Juli einen massiven Sell-off aus, insbesondere bei den seit Jahresbeginn stark gestiegenen Aktien aus. Viele Hedge-Fonds mit hohem Leverage und einer niedrigen Verlustschwelle (und die zudem auf Basis eines Kalenderjahres mit Gewinn und Verlust arbeiten) waren gezwungen, fremdfinanzierte Positionen schnell aufzulösen, was den Umfang der Kursbewegungen übertrieb. Dies verdeutlicht die Gefahren, die entstehen, wenn man auf Trends setzt, anstatt sich auf die Fundamentaldaten von Unternehmen wie Gewinne und Bewertungen zu konzentrieren.

Yen-Aufwertung kann positiv sein

Nach der Korrektur des Yen ist der Markt gegenüber einer einseitigen Wette auf eine Yen-Abwertung vorsichtiger geworden. Strukturelle Hypothesen zu Japans Handelsdefiziten werden hervorgehoben, doch der Leistungsbilanzüberschuss liegt derzeit auf einem Rekordhoch, während die Zinsdifferenzen schrumpfen. Darüber hinaus könnte eine Yen-Aufwertung tatsächlich die Inputkosten senken und zur Eindämmung der Inflation beitragen. Dies könnte unseres Erachtens auch den Druck auf die Gewinnspannen der Unternehmen verringern und zu nachhaltigen Lohnerhöhungen führen. Sollte sich dieses Szenario bewahrheiten, kann die BoJ ihre Geldpolitik auf Basis der Inflationsraten gestalten, ohne sich von den Wechselkursen beeinflussen zu lassen. Obwohl die Aufwertung des Yen theoretisch einen negativen Einfluss auf die Ergebnisse der Exporteure hat, hat der Aktienmarkt diesen Faktor bei der Aktienbewertung nicht berücksichtigt, als der Yen-US-Kassakurs 160 erreichte. Daher könnten sich die Auswirkungen auf die Markteinschätzung eines fairen Wertes von unter 150 in Grenzen halten – der jüngste Marktrückgang hat den Yen deutlich unter diese Marke fallen lassen.

Volatilität schafft Chancen 

Die schnellen Kapitalmarktbewegungen haben die Risikotoleranz des Marktes verringert, was zu einem vorsichtigeren Markt und zum Überdenken von Einwegwetten auf eine Yen-Abwertung geführt hat. In Japan vollzieht sich derweil ein Wandel in der Unternehmensführung und der Kapitaleffizienz, der erhebliche verborgene Wertpotenziale für Anleger freisetzen dürfte. Während wir kurzfristig mit anhaltender Volatilität rechnen, hat uns der jüngste Kursrückgang ermöglicht, viele fehl bewertete Aktien zu identifizieren. Mittelfristig dürfte die Erholung des Nikkei attraktive Möglichkeiten zur Erzielung von Überschusserträgen auf dem zweitgrößten Aktienmarkt der Welt bieten.

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