Die plötzlichen Kursverluste von Anfang August haben unter Anlegerinnen und Anlegern für große Verunsicherung gesorgt.
Dabei müssten sich Investierende mit einem langfristig ausbalancierten Vermögensportfolio keine allzu großen Sorgen machen. Wie eine langfristig erfolgreiche Anlagestrategie aussieht, die auch in schwierigen Zeiten funktioniert.
Aktuelle Markteinschätzung von Nermin Aliti, Leiter Fonds Advisory der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ
Die Corona-Pandemie, hohe Inflationsraten, rasant steigende Zinsen und die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt, der Ukraine-Krieg, der Handelsstreit der US-Regierung mit China, hohe Energiepreise und brüchige Lieferketten – kurzum: An Krisen und Herausforderungen hat es in den vergangenen Jahren sicherlich nicht gemangelt. Und nun kommt noch die Angst vor einem Krieg zwischen Israel und dem Iran und damit einer Eskalation des Nahost-Konflikts hinzu. Zudem belastet die nachlassende Konjunkturentwicklung in den USA und Europa und der Wahlkampf um das Amt des US-Präsidenten sorgt ebenfalls für Unruhe. All das macht einige Anlegerinnen und Anleger so nervös, dass sie unter Druck geratene Wertpapiere möglichst rasch verkaufen und ihr Vermögen in Sicherheit bringen wollen.
Auf lange Sicht überwiegen die Chancen
Panik war und ist aber kein guter Anlageberater. Denn oftmals nehmen Investierende dabei nicht nur Verluste in Kauf, sondern lassen sich auch noch Chancen entgehen. Selbst wenn sich Krisen mal häufen: Langfristig überwiegen an den Börsen die Chancen, Rückschläge werden vergleichsweise schnell überwunden und Crashs erweisen sich im Nachhinein oft als gute Investitionsgelegenheiten.
Auch die jüngste Kurskorrektur zeigt das recht deutlich: Weil Japans Notenbank überraschend und vor allem stärker als erwartet die Zinsen anhob, wurden viele institutionelle Investoren kalt erwischt. In den Jahren zuvor hatten sie mit so genannten Carry Trades nahezu risikolos viel Geld verdient, indem sie sich in Japan Geld günstig liehen und es in unterschiedliche Assetklassen in anderen Ländern anlegten – vor allem in den USA. Durch die Erhöhung des Leitzinses auf plus 0,25 Prozent und der damit verbundenen Aufwertung des Yen lohnten sich die Carry Trades nicht mehr so sehr und bescherten den Investoren sogar zum Teil Verluste. Der Abverkauf dieser Anlagen ging mit heftigen Kursverlusten an den Kapitalmärkten einher – insbesondere an den Aktienmärkten.
Eine Korrektur erweist sich häufig als günstige Einstiegschance
Viele Anlegerinnen und Anleger fürchten in solch einem Marktumfeld weitere Kursverluste, zumal auch andere Belastungsfaktoren wie eine wackelige Konjunkturlage und geopolitische Risiken dann wieder stärker in den Fokus rücken. Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt:
Selbst nach einem ausgewachsenen Börsencrash erholten sich die Märkte in den Folgewochen und -monaten wieder und riefen Investoren auf den Plan, die auf der Suche nach aussichtsreichen Investments der Börse wieder Stabilität verliehen. Ein Crash oder eine deutliche Kurskorrektur erwiesen sich rückblickend also häufig als günstige Einstiegsgelegenheit.
Fakt ist: Krisen und unvorhergesehene Ereignisse gehören seit jeher zu den typischen Börsenrisiken und sind für sich genommen nichts Ungewöhnliches. Die Geschichte lehrt, dass die allermeisten davon aber nur einen zeitlich begrenzten Einfluss auf die Börsenentwicklung haben. Anlegerinnen und Anleger sollten daher vor allem zunächst Ruhe bewahren und sich die nächsten Schritte gründlich überlegen. Beispielsweise hat es nach Ausbruch des Ukraine-Krieges nur wenige Monate gedauert, bis die Börsen den Schock darüber verdaut hatten und die Kursverluste ausgeglichen waren. Anstatt in Panik alles zu verkaufen, hätten Umschichtungen und gezielte Zukäufe die Portfolio-Rendite sogar steigern können, etwa durch Zukauf von Energieversorger-Aktien.
Diversifikation ist und bleibt ein Muss
Eine erfolgreiche Geldanlage sollte daher auf einer langfristigen Anlagestrategie beruhen, die vorübergehende Verlustphasen gut überstehen kann. Der Anlagehorizont sollte bei mindestens fünf Jahren liegen, damit genügend Zeit bleibt, um schwierige Marktphasen mit Kursverlusten durchzustehen. Zudem sollte für die Zeit starker Kursrückschläge ausreichend Cash zur Verfügung stehen. So können nach Kurskorrekturen günstige Kaufgelegenheiten genutzt werden.
Um mögliche Verluste in herausfordernden Börsenphasen so gering wie möglich zu halten, ist die Verteilung des Vermögens über unterschiedliche Anlageklassen, die sogenannte Diversifikation, ein Muss. Assetklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Devisen, Immobilien oder Gold verhalten sich bei Crashs oder Korrekturen recht unterschiedlich, teilweise sogar gegenläufig. So können etwa Kursverluste am Aktienmarkt gleichzeitig den Anleihemarkt beflügeln, weil in so einer Phase sicherere, verzinste Wertpapiere bevorzugt werden.
Außerdem sind die Assetklassen in unterschiedlichem Maße von aktuellen Börsentrends betroffen. Ziehen sich Anlegerinnen und Anleger beispielsweise vermehrt aus den gehypten KI- und Halbleiteraktien zurück, können Industriewerte oder geringer kapitalisierte Aktiengesellschaften eher profitieren. Und sind Zinssenkungen der Notenbanken absehbar, kann das Aktien von stark fremdfinanzierten Branchen wie der High-Tech-Industrie zugutekommen. Zudem können Anleihen bei sinkenden Marktzinsen Kursgewinne erzielen. Ist ein sicherer Hafen in turbulenten Zeiten gefragt, Anleihen aber nur gering verzinst, rückt wiederum Gold in den Fokus der Anleger.
Investorinnen und Investoren stehen somit vor der Herausforderung, ihr Vermögensportfolio so zu diversifizieren, dass die Verlustrisiken insgesamt möglichst gering, die Renditechancen aber weiter attraktiv bleiben. Wem das zu mühsam erscheint, kann auch auf vermögensverwaltende Lösungen oder Mischfonds zurückgreifen, die genau diese Strategie verfolgen und die Gewichtung einzelner Anlageklassen der jeweiligen Börsenphase anpassen. Hier ist ein erfahrenes Management gefragt, dass auch in schwierigen Zeiten Anlagechancen zu nutzen weiß. Aktiv gemanagte Lösungen sind damit besonders in volatilen Märkten eine gute Wahl. Und wem das Risiko einer Einmalanlage zu groß ist, kann mit einem Sparplan die Verlustgefahr zusätzlich reduzieren.
Grundsätzlich gilt: Je breiter das Portfolio über verschiedene Anlageklassen, Branchen und Länder gestreut ist, umso geringer sind die langfristigen Verlustrisiken und umso geringer auch die Schwankungen im Wertpapierdepot.
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