Versicherungsunternehmen sind gefordert, verstärkt an der Wahrnehmung und Bedeutung als Anbieter nachhaltiger Produkte zu arbeiten.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland positionieren sich etwas deutlicher und ein wenig positiver gegenüber dem Thema Nachhaltigkeit als noch im Vorjahr. Dennoch tun sich viele noch immer schwer damit, eine Verbindung zu Versicherungsprodukten zu ziehen. So sehen 53 Prozent der Befragten Nachhaltigkeit nicht als Aufgabe von Versicherungsunternehmen. Unverändert 47 Prozent der Verbraucherschaft gibt an, das eigene Handeln von Nachhaltigkeitszielen beeinflussen zu lassen. Das zum vierten Mal erhobene Stimmungsbarometer der Management- und Technologieberatung BearingPoint zeigt: Der Trend zur fortschreitenden Nachhaltigkeitsmüdigkeit seit 2022 scheint auf einem niedrigen Niveau gestoppt. Dennoch bleibt das Thema für viele Befragte diffus. Zwar unterscheiden die Befragten zwischen der Wirkung auf Gesellschaft, Unternehmen und ihrem eigenen Handeln, sparen Ressourcen oder beim Einkauf. Doch die Wahl eines Versicherers macht gerade einmal ein Viertel vom Angebot nachhaltiger Produkte abhängig. Auch weiterhin gilt daher für Versicherungsunternehmen, verstärkt an der Wahrnehmung und Bedeutung als Anbieter nachhaltiger Produkte zu arbeiten.
Momentaufnahme: Nachhaltigkeit in Gesellschaft, Unternehmen und persönlichem Handeln
Mehr als jede(r) zweite Befragte ist der Ansicht, dass Nachhaltigkeit Einfluss auf das Handeln der Gesellschaft (57 Prozent, 2023: 52 Prozent) und der Unternehmen (52 Prozent, 2023: 43 Prozent) nimmt. Ihr persönliches Handeln sehen unverändert 47 Prozent der Befragten durch Nachhaltigkeitsziele beeinflusst. Wie im Vorjahr finden sich konkrete Beispiele des eigenen nachhaltigen Handelns vor allem bei Umweltschutz und Ressourceneinsparung. Als einziger zweistelliger Wert sticht hier 2024 “bewusster Einkaufen/weniger Konsum” mit 15 Prozent hervor. Dies passt allerdings auch zum allgemein zurückhaltenden Konsum und spiegelt womöglich keine ausschließlich nachhaltige Motivation wider.
Erstmals nach der Bedeutung von ESG-Zielen (Environment/Umwelt, Social/Soziales und Government/Unternehmensführung) für Unternehmen gefragt, gaben 23 Prozent der Befragten an, dass E (Umwelt) das primäre Ziel für das Handeln von Unternehmen sein sollte, während 20 Prozent Soziales und 15 Prozent die Unternehmensführung nannten. 23 Prozent hingegen sprachen sich gegen alle drei Ziele aus. Offenbar ist die Begrifflichkeit und Bedeutung von ESG bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern wenig präsent. Dafür spricht auch, dass rund ein Fünftel der Befragten (19 Prozent) keine Angaben machen konnte.
Ein ebenfalls diffuses Bild ergab sich bei der Frage, auf welche konkrete nachhaltige Förderung oder Aktivität es den Befragten bei einem Versicherungsunternehmen ankomme. Die Top 3 waren “Umwelt/Umweltschutz” (10 Prozent), “Investitionen/Art der Investition” (8 Prozent) sowie der recht allgemeine Punkt “Nachhaltigkeit” (8 Prozent). Auffallend: 30 Prozent wussten nichts zu antworten.
Wichtige Rolle der Versicherer beim Thema Nachhaltigkeit wieder mehr gewünscht
Versicherungsunternehmen sollen eine wichtige Rolle bei der Förderung von Nachhaltigkeit spielen – dieser Aussage stimmen bei der diesjährigen Befragung wieder mehr Befragte zu als im Vorjahr (47 gegenüber 39 Prozent). 2022 sagten allerdings noch 53 Prozent der Befragten, Versicherungen sollten mit ihren Produkten nachhaltiges Verhalten fördern.
Die Umfragen der letzten Jahre zeigen auch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher noch immer nur wenig zwischen dem Produktangebot und dem Verhalten eines Versicherungsunternehmens als Ganzem differenzieren können oder wollen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass noch immer rund ein Drittel der Befragten keine Antwort auf die Frage geben kann, ob Versicherungsunternehmen heute schon nachhaltige Produkte anbieten.
“Versicherungsunternehmen stehen auch weiterhin vor einer schwierigen Herausforderung: Kunden zeigen sich nach wie vor skeptisch gegenüber den Nachhaltigkeitsbemühungen der Unternehmen. Der negative Trend der Vorjahre scheint aber zumindest gestoppt. Versicherungskunden positionieren sich im Vergleich zu früher beim Thema Nachhaltigkeit etwas klarer – und das meist mit positiveren Sichtweisen auf das Thema. Die absoluten Veränderungen in den Ergebnissen unserer Umfrage legen den Schluss nahe, dass diese positive Wendung insbesondere aus dem Feld der bislang Unentschiedenen kommen könnte. Hier zeigt sich ein relevantes Potenzial, um Kunden für und mit dem Thema Nachhaltigkeit zu gewinnen. Dabei sind Nachhaltigkeit und ESG-Ziele aber weiterhin erheblich erklärungsbedürftig”, so Giso Hutschenreiter, Partner bei BearingPoint und Versicherungsexperte.
Bereitschaft zu Leistungseinbußen oder höheren Prämien nimmt minimal zu
Bei der Frage nach einem Verzicht auf Leistungen zugunsten von Nachhaltigkeit scheint ein Umfrage-Tief womöglich durchschritten: Waren es 2023 nur 26 Prozent der Gesamtbevölkerung, die angaben, sich zu diesem Schritt entscheiden zu können, ist die Zustimmung in diesem Jahr mit 28 Prozent leicht höher. Erneut ist die Akzeptanz bei den 18- bis 24-Jährigen nahezu doppelt so hoch wie bei den über 55-Jährigen. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in beiden Jahren rund 60 Prozent aller Befragten (eher) nicht dazu entscheiden wollen (2023: 60 Prozent, 2024: 61 Prozent).
Zu einer Zahlung einer höheren Prämie für einen nachhaltigen Zweck wären in diesem Jahr 27 Prozent der Deutschen bereit. Dieser Umfragewert entspricht dem der Befragung 2022, lediglich im vergangenen Jahr lag er fünf Prozentpunkte niedriger.
Konkret können sich Versicherte einen Leistungsverzicht etwa bei Ersatzleistungen – z. B. gebrauchte statt neue Kfz-Teile – (45 Prozent, 2023: 37 Prozent) oder bei Einschränkungen von Dienstleistungen – z. B. Sammeltaxi statt Einzelfahrten – (33 Prozent gegenüber 30 Prozent im Vorjahr), vorstellen. Für die Sicherung höherer Sozialstandards würden 36 Prozent der Befragten auch höhere Beiträge zahlen, 2023 waren es nur 31 Prozent. 2022 lag dieser Wert allerdings noch bei 56 Prozent.
Wie das Angebot nachhaltiger Produkte die Wahl des Versicherers beeinflusst
Ein Viertel der Befragten sagt, dass das Angebot nachhaltiger Produkte für sie ein Kriterium bei der Entscheidung für oder gegen einen Versicherer ist (2023: 19 Prozent, 2022: 29 Prozent). 57 Prozent verneinen dies (2023: 60 Prozent, 2022: 51 Prozent). Bemerkenswert: Je älter die Befragten, desto stärker werden nachhaltige Produkte als Auswahlkriterium abgelehnt.
Wenn es um die Renditeerwartung geht, erwarten 51 Prozent eine niedrigere Rendite im Vergleich zu herkömmlichen Versicherungsprodukten, 41 Prozent hingegen erwarten eine höhere Rendite. Zum Vergleich: Im Vorjahr glaubten 55 Prozent an eine niedrigere Rendite und 38 Prozent an eine höhere.
“Wie in den Vorjahren ist eine gewisse Bereitschaft zu eigenem nachhaltigem Handeln erkennbar, doch herrscht gegenüber nachhaltigen Anlageprodukten und deren potenziellen Renditen mehrheitlich Skepsis – viele wissen nicht einmal von entsprechenden Produkten. Hier ist mehr denn je die Aufklärungsarbeit der Versicherungsunternehmen gefragt”, so Giso Hutschenreiter: “Zudem bestätigt sich die Feststellung der Vorjahre – Nachhaltigkeit darf für die meisten Verbraucher und Verbraucherinnen nichts kosten.
Über die Studie
Die verwendeten Daten beruhen auf einer Umfrage von BearingPoint, die über das Marktforschungsinstitut YouGov Deutschland durchgeführt wurde. An der Online-Umfrage zum Thema “Sustainable Insurance” nahmen zwischen dem 3. und 5. Juli 2024 insgesamt 2.066 Personen in Deutschland teil. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahren. Die Umfrage wird in vergleichbarem Set-up jährlich seit 2021 durchgeführt und erlaubt die Ableitung von Entwicklungen.
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