Marktkommentar von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL

Nachdem der US-Arbeitsmarktbericht im April schwächer als erwartet ausfiel, sanken die Renditen von europäischen und US-Staatsanleihen, während Aktienindizes und Goldnotierungen stiegen – und beenden womöglich die Anfang April begonnene Konsolidierungsphase nach dem Erreichen neuer Allzeithöchststände.

Die Erwartung an künftige Zinssenkungen der Fed wurden erneut angepasst und gehen nun von zwei Zinssenkungsschritten – beginnend im September bis zum Jahresende – aus. Die Abkühlung am Arbeitsmarkt zeichnet sich – wenn auch nur langsam – zunehmend ab, was längerfristige Trends der Arbeitslosenquote, der Beschäftigungsveränderung, der durchschnittlichen Wochenarbeitsstunden und der durchschnittlichen Stundenlöhne belegen. Zudem rutschte der ISM-Einkaufsmanagerindex für den Servicesektor erstmals seit Januar 2023 unter die Expansionsmarke von 50 Punkten und signalisierte damit eine künftig sinkende Produktion. Die deutlich schwächer ausgefallene Beschäftigungskomponente untermauerte zudem die Erwartung eines weiter abkühlenden Arbeitsmarktes. Allerdings überraschte die Preiskomponente der Umfrage unter Unternehmen negativ, stieg deutlich und suggeriert damit weiter steigende Einkaufs- und Absatzpreise, vor allem aber Lohnkosten. Auch eine Umfrage unter kleineren Unternehmen legt nahe, dass deren Absatzpreise vorerst weiter steigen werden. Zuletzt höhere Importpreise deuten in die gleiche Richtung. Die Fed dürfte diese Komponenten genau im Blick behalten und auf eindeutige Signale eines nachlassenden Preisdrucks warten, bevor sie konkrete Zinssenkungen in den Raum stellt.

An den Börsen könnte kurzfristig auch wieder Enttäuschung einkehren, wenn kommende Inflationsdaten nicht den gewünschten Trend nach unten bestätigen. Und auch US-Präsident Joe Biden wird die Inflation genau beobachten, denn einer vom wirtschaftspolitischen Think Tank Brookings kürzlich veröffentlichten Umfrage unter US-Bürgern zufolge, gehört die Entwicklung der Preise für Waren und Services des täglichen Bedarfs zu den größten ökonomischen Sorgen der Wählerinnen und Wähler. An Nummer zwei rangiert mit großem Abstand die Lage am Arbeitsmarkt. Die weitere geldpolitische Ausrichtung könnte also auch dem Wahlkampf entscheidende Impulse verleihen. Von der Fed wird implizit verlangt, die Inflation zu drücken, aber dabei nicht die Arbeitslosigkeit zu stark steigen zu lassen – eine Gratwanderung mit großer Gefahr, eines der beiden Ziele zu verfehlen.

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