Marktkommentar von Matthew Benkendorf, CIO, Vontobel Quality Growth

  • Die US-Wahl, schwächerer Konsum und sinkende Unternehmensgewinne belasten den Ausblick für die Aktienmärkte
  • Chancen bestehen bei qualitativ hochwertigen Unternehmen unter anderem im Gesundheits- und Konsumgüterbereich sowie im Techsektor
  • Folgen von KI noch schwer zuverlässig zu beziffern: Anleger sollten konsequent auf die Bewertungen und echte KI-Anwendungsfälle achten

Risiken für die Aktienmärkte bestehen auch 2024 fort: Dazu zählen das Rezessionsrisiko, potenziell sinkende Unternehmensgewinne und zunehmende geopolitische Sorgen. Der im November verstorbene legendäre Investor und Vize-Vorsitzende von Berkshire Hathaway, Charlie Munger, betonte in einem seiner letzten Interviews mit dem TV-Sender CNBC, dass herausfordernde Märkte Durchhaltevermögen und das konsequente Nutzen von Chancen erfordern. Auch wir halten im erwarteten Umfeld Durchhaltevermögen und Konsequenz für entscheidend. Dabei sehen wir neben den Chancen vor allem drei potenzielle Risiken.

Politik, Wirtschaft und Gewinne belasten den Ausblick

Die US-Wirtschaft konnte zwar 2023 eine Rezession vermeiden. Doch die Zinserhöhungen wirken zeitverzögert und deuten in Verbindung mit sinkenden Konsumentenersparnissen und dem enormen Haushaltsdefizit auf eine Abkühlung 2024 hin. Zudem dürfte die US-Notenbank Fed sich schwer tun, ihr Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen. Das dürfte die Unternehmensgewinne zusätzlich belasten, zumal die Firmen konfrontiert sind mit Lohnerhöhungen und steigenden Finanzierungskosten, Lieferengpässen sowie politischen und geopolitischen Herausforderungen. Die US-Unternehmensgewinne waren dank der lockeren Geldpolitik, hoher Ausgabenniveaus und steuerlicher Anreize in den vergangenen Jahrzehnten besonders hoch. Doch das Umfeld dürfte sich im kommenden Jahr deutlich ändern und die Unternehmensgewinne belasten.

Gerade, weil die Aktienkurse und Zinsen höher als noch zu Jahresbeginn stehen, hätte eine weitere geopolitische Eskalation potenziell noch größere Auswirkungen. In den USA könnte sich zudem die im Wahljahr übliche Volatilität auf Grund der Polarisierung noch verschärfen. In Wahljahren setzen die Regierungsparteien zwar oft auf steuerliche Anreize, doch solche Maßnahmen erscheinen angesichts der Haushaltssituation unwahrscheinlich.

Chancen bei Technologie, Gesundheit und Konsumgütern

Wir sind skeptisch, ob die „glorreichen Sieben“ die Börsen langfristig weiter antreiben werden, auch wenn wir für einige von ihnen sehr zuversichtlich sind. Zudem sehen wir bessere Gelegenheiten: Etwa bei ausgewählten Titeln aus den Sektoren Gesundheitswesen und Konsumgüter, die auch in einem unsicheren Umfeld nachhaltiges Wachstum erzielen. Im Finanzsektor sehen wir unter anderem Potenzial bei Börsenbetreibern und in der Technologiebranche setzen wir bevorzugt auf die Blue Chips. Wir glauben insgesamt, dass Aktien hochwertiger Unternehmen mit einem inflationssicheren Geschäftsmodell und klaren Gewinnperspektiven deutlich attraktiver sein können als Anleihen, auch wenn diese wieder höhere Renditen aufweisen.

Bei Künstlicher Intelligenz (KI) setzten Anleger dieses Jahr auf die Unternehmen mit dem stärksten Bezug zu KI sowie auf das spekulative Potenzial. Wir halten es für schwierig, die mittelfristigen Folgen der KI zu einem solch frühen Zeitpunkt zuverlässig zu beziffern und konzentrieren uns daher auf unmittelbare Anwendungsfälle. Mehrere der Techwerte, in die wir investieren, haben neue generative KI-Funktionen in ihr bestehendes Produktangebot integriert, um so ihre bereits vorhandenen Stärken in nachhaltigeres Ertragswachstum umzusetzen. Strenge Bewertungsdisziplin und Realitätssinn sehen wir bei KI als entscheidend.

China: Langsame Erholung geht weiter

Chinas Erholung hat bislang enttäuscht und wir glauben, dass sich Konsum und Immobilien weiterhin eher schrittweise erholen. Wir suchen nach beständigen und berechenbaren Unternehmen mit einem guten Ausblick. Wir überprüfen unsere Beteiligungen sehr genau und im weltweiten Vergleich, um sicherzustellen, dass wir unabhängig vom Standort oder vom Sektor in die besten Unternehmen investieren.

Europa: Niedrige Bewertungen, große Herausforderungen

Europa kämpft mit höheren Leitzinsen, einer schwierigen Energiesituation und der Schwäche Chinas als wichtigem Handelspartner. Wirtschaftsfördermaßnahmen wie der Wiederaufbaufonds verblassen im Vergleich zu den US-Programmen. Zudem müssen einige Länder ihre Defizite abbauen. Insgesamt steht Europa 2024 ein weiteres wirtschaftlich schwieriges Jahr bevor. Die Ausgangsbewertungen sind aber niedrig und obwohl das Gewinnwachstum im Durchschnitt schwach ausfallen dürfte, sollten sich einige Unternehmen – insbesondere diejenigen mit strukturellen Wachstumstreibern – als widerstandsfähig erweisen.

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