Was Argentiniens Wahl für Konsequenzen haben könnte, erläutert Claudia Calich, Head of Emerging Markets Debt bei M&G Investments Public Fixed Income.
„Nach seinem Sieg bei den argentinischen Präsidentschaftswahlen wird Javier Milei am 10. Dezember als Präsident vereidigt werden. Die argentinischen Aktien und Anleihen scheinen von den Wahlergebnissen beflügelt worden zu sein. Aber die Märkte werden in den kommenden Wochen sehr wachsam sein müssen, da Milei erklärt hat, dass es in Zukunft keinen Raum für schrittweise Entscheidungen geben wird.
Milei erhielt 56 % der Stimmen gegenüber 44 % für seinen nächsten Konkurrenten Sergio Massa. Da in Argentinien eine Wahlpflicht besteht und erwartet wird, dass die Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung ihre Stimme abgibt, verschafft das Ausmaß des Sieges Milei ein starkes Mandat der Öffentlichkeit und signalisiert einen Wendepunkt in der politischen Landschaft Argentiniens. Sein Gegenkandidat Massa, der derzeitige Wirtschaftsminister, kündigte an, dass er bis zur formellen Machtübernahme durch Milei in seinem Amt bleiben werde.
In nächster Zeit wird es wichtig sein, eine Reihe von Faktoren zu bewerten, während die Auswirkungen des Ergebnisses auf dem Markt in vollem Umfang spürbar werden. Längerfristig besteht noch mehr Ungewissheit. Aber wir erwarten in den nächsten Tagen und Wochen weitere Details und mehr Klarheit darüber, wie Milei weiter vorgehen will.
Mileis Kabinettzusammenstellung ist ein interessantes Thema. Er hatte erklärt, dass er sein Kabinett erst bei der Amtseinführung bekannt geben wird. Von großer Bedeutung ist die Wahl des Wirtschaftsministers, der eine Wirtschaft reformieren muss, die durch eine galoppierende Inflation, eine abgewertete Währung und eine Wirtschaft am Rande einer Rezession unter erheblichem Druck steht. Von den bisher genannten Namen sind die meisten marktfreundlich gesinnt. Es wird also erwartet, dass eher eine pragmatische als eine disruptive Politik vorherrschen wird.
Auch die Fiskalpolitik muss justiert werden, ebenso wie die politische Haltung von Milei. Seine Kandidatur basierte auf einem Bruch und deutete auf eine politische Partei hin, die bedeutende Veränderungen durchführen würde, einschließlich der Einführung des US-Dollars und der Auflösung der Beziehungen zu ihrem engsten Handelspartner Brasilien. Es ist jedoch zu erwarten, dass einige dieser Maßnahmen zurückgenommen werden, da es bei ihrer Umsetzung erhebliche Hindernisse geben wird.
Insbesondere die Umstellung auf den US-Dollar wird in naher Zukunft nur schwer zu verwirklichen sein. Dafür gibt es zudem kaum Präzedenzfälle. Ecuador hat diesen Schritt zwar im Januar 2000 vollzogen, aber die Dollarisierung macht ein Land nicht immun gegen wirtschaftliche Probleme. Sie würde jedoch den anhaltenden Druck auf den argentinischen Peso beseitigen und die derzeitige galoppierende Inflation abmildern. Außerdem bräuchte das Land eine solide Haushaltsdisziplin, um eine Dollarisierungspolitik glaubhaft aufrechtzuerhalten. Um überhaupt in der Lage zu sein, sie durchzuführen, wäre eine Phase der Reformen und der Stabilität erforderlich.
Eines der Haupthindernisse für die Umsetzung politischer Maßnahmen, unabhängig von ihrer unorthodoxen Art und Weise, ist die Unterstützung durch den Kongress. Mileis Partei La Libertad Avanza hat 38 von 257 Sitzen im Unterhaus und sieben von 72 im Senat. Die Union por la Patria hat sowohl im Unterhaus als auch im Senat die meisten Sitze. Dies die Partei der derzeitigen Präsidentin Cristina Kirchner und von Massa. Ohne die erforderliche Unterstützung wird es schwierig sein, einige der eher unorthodoxen politischen Entscheidungen von Milei umzusetzen.
Während die erste Marktreaktion auf das Ergebnis positiv ausfiel, preisen die Anleihen noch immer eine Restrukturierung ein. Auf diesen Niveaus scheinen die Märkte immer noch recht skeptisch zu sein, was eine rasche Änderung der Wirtschaftspolitik angeht. Sollte diese umgesetzt werden, dürften die Anleihen weiter steigen. Was die Märkte nicht einzupreisen scheinen, ist ein Szenario, in dem Argentinien die aktuelle IWF-Vereinbarung aufkündigt oder seine Auslandsschulden nicht begleichen kann. Dies könnte kurzfristig der erste Test dafür sein, wie ernst es Milei mit der langfristigen Reformierung Argentiniens ist.“
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