10,7 % des weltweiten Immobilienvermögens an einem Ort
Geschätzt haben sich in München an 3 Tagen vom 04. bis 06. Oktober Repräsentanten von mindestens ca. EUR 35 Billionen Immobilienvermögen versammelt (Schätzung: ca. 50 % der 1.856 Aussteller aus 73 Ländern verwalten im Durchschnitt EUR 1 Mrd., ca. 10 % mindestens EUR 10 Mrd., ca. 1 % mindestens EUR 100 Mrd. und ca. 0,5 % über mindestens EUR 1 Billion (vertreten waren z. B. State Street, BlackRock, Fidelity, Nuveen, Allianz, …deren AUM summiert sich zurzeit auf ca. USD 20 Billionen), der Rest verteilt sich auf „kleinere“ Entwickler und Bestandshalter sowie auf Banken/Dienstleister und Multiplikatoren. Auf der Expo waren damit ca. 10,7 % des weltweiten Immobilienvermögens vertreten. Check war für Sie vor Ort.
Immobilienvermögen weltweit Vermögenswert Nr. 1
Das weltweite Immobilienvermögen beziffert Savills Research mit USD 326 Billionen, 2/2023. Immobilien sind damit der größte Vermögensspeicher der Welt. Die größten 50 Vermögensverwalter bringen ca. USD 86,4 Billionen auf die Waage (Wikipedia 1/2023). Ca. ein Drittel der Top 50 Vermögensverwalter waren auf der Expo vertreten (entspricht im Mittel AUM-Bestände von 28,8 Billionen, der größte Teil der weltweiten Vermögenswerte ist Immobilienvermögen). Das gesamte deutsche Immobilienvermögen summiert sich allein Deutschland auf knapp 16,9 Billionen Euro. Zum Vergleich: das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands belief sich 2022 auf knapp EUR 3,87 Billionen (ZIA Deutschland). Das Immobilienvermögen ist damit 4,37-fach so hoch. Alle DAX 40 Unternehmen haben zurzeit einen Wert von knapp EUR 1,55 Billionen, das entspricht ca. dem Elftel des Immobilienvermögens. Rund 20 % der Wertschöpfung in Deutschland geht auf die Immobilienwirtschaft zurück (ZEW).
Wie können Entwickler die aktuelle Krise überleben?
Messeteilnehmer Pandion-Vorstand Sebastian Knodel (Transaktionsvolumen EUR 6,5 Mrd.) bringt es branchenübergreifend auf den Punkt: „Wir haben die Gewinne aus den guten Jahren im Unternehmen thesauriert und können uns zudem auf laufende Einnahmen aus Forward-Deals verlassen. Wir haben Speck angesetzt. Mit dem können wir länger durchhalten, ohne von weiteren Verkäufen abhängig zu sein. Und wir hatten bis zur Zinswende hohe stille Reserven in unseren Grundstücken… Diese Puffer helfen uns, mit niedrigeren Faktoren zurecht zu kommen!“
Erfolgreiches Krisenmanagement
Damit ist prinzipiell erfolgreiches Krisenmanagement derjenigen Entwickler beschrieben, die ausreichend Liquidität vorgehalten haben, um laufende Kosten zu tragen. Verlierer sind Entwickler, die zu geringe Margen einkalkuliert haben. „Manche Firmen, die jetzt umgefallen sind, waren schon in den guten Zeiten gefährdet.“, so Knodel. Zugleich macht der Immobilienprofi deutlich, warum er zurzeit (noch) nicht kauft, obwohl die Schnäppchenjäger bereits in den Startlöchern lauern, um Projekte zu erwerben, die mit einem Preisabschlag von 30 % bis 40 % auf den Markt kommen (Immobilienzeitung 29.09.2023 „Im freien Fall“).
Risikopuffer eher bei 30 % Projektrendite
Projekte, die mit einer zu niedrigen Marge kalkuliert wurden, sind seit dem Ende der „stabilen Nullzinsphase“ mit zu geringen Margen nicht mehr wirtschaftlich. Tragfähig seien dagegen Margen, die einen Puffer von ca. 30 % aufweisen. „Wir werden nichts kaufen, was von uns zügig Liquidität abfordert und bis zum ersten Halbjahr 2024 geclosed werden muss“, so Knodel. Noch seien die Preise nicht dort, wo die Schnäppchenjäger zugreifen würden. Die meisten Mezzaninefinanzierer seien in der Schieflage. Deren Eigenkapital sei so stark gesunken, dass aufgrund der gesunkenen Wertansätze Kapital nachgeschossen werden müsse. Doch dieses Geld sei faktisch unwiederbringlich verloren. Deshalb werde die Insolvenz in der Regel vorgezogen.
Anstieg der Insolvenzen
Laut Roland Berger wird deren Zahl 2023 um 52 % zum Vorjahr steigen. „Und wenn Rechnungen (der Gewerke) im Gefolge von Insolvenzen nicht bezahlt werden, ziehe das weitere Pleiten nach sich, so Anchor-Partner Vincenz von Braun. Der Transaktionsmarkt zeige noch keine Zeichen von Wiederbelebung. Während sich die klassischen Banken nach wie vor zurückhalten, sind alternative Finanzierer opportunistisch unterwegs. Sie sind der neue „Mainstream“, so Chloe Kohlhoff, Finance-Director & Head of Investor Relations GBI Group GmbH, Berlin, auf dem für die Branche richtungsweisenden Forum-Panel „Anforderung an die Finanzierung“. „Die Banken kommen (dagegen aktiv) in den Driver Seat bei der Restrukturierung“, betont dagegen Gero Bergmann, Vorstand BayernLB, München. Die Banken seien sich „ihrer Verantwortung bewusst“.
Besser als 2007/2008
Denn die Banken seien nicht so sehr „im Feuer“ wie 2007/2008, so Bergmann. In dieser jetzigen Krise bestehe eine gute Chance darin, als Senior-Lender „alle an einen Tisch zu bekommen“, um eine Lösung für die nächsten 2 – 3 Jahre zu finden „bevor alles an die Wand klatscht“… „Wir haben historisch betrachtet gar kein unnormales Zinsniveau“ … Wie muss ein vernünftiger Renditeabstand zwischen einem risikolosen Zins und einer Rendite ausfallen, den man bei einer Immobilieninvestition erwarten kann? Bergmann: die Immobilienrendite wird nicht „bei 3 plus irgendetwas“ sein können, … „auch nicht bei 4, zumindest nicht auf den unteren Grenzen“ (den unteren Nachkommastellen). Es werde dauern, aber „wir werden das hinbekommen“. Spätestens wenn der Kapitalmarkt „einen hinreichenden Renditeabstand aufweist.“ Historisch musste der Immobilienmarkt immer einen Aufschlag von ca. 2 – 4% auf Staatsanleihen bester Bonität bieten. Das wird auch jetzt wieder erwartet. Der Abstand der Immobilienrenditen zu zehnjährigen Staatsanleihen hat sich…im Verlauf des Jahres 2022 auf rund 0,5 % reduziert, so JLL in einer Pressemitteilung 2023. So niedrig sei die Renditedifferenz seit 2008 nicht mehr gewesen.
Top Prime geht immer
Und CFO Dr. Andreas Schillhofer CA Immo AG, Wien bekräftigt, dass die Banken für das richtige Produkt Finanzierungen vorhalten, wenngleich teurer. „Wir finanzieren mit Banken, die uns schon seit vielen Jahren kennen und die wissen, dass wir uns sehr moderat finanzieren im 40 % bis 50 % LTV-Bereich. Auch dass wir die Bestände lange halten und dass wir uns auf das qualitativ hochwertigste Segment spezialisiert haben, werde von den Banken anerkannt.” Gemeint sind besonders gute Bestände im Prime-Office-Segment in CBD-Lagen. Allerdings handele es um einen kleinen Premium-ESG-konformen, supermodernen Büroteilmarkt mit nachhaltigen Materialien und einer State oft the Art benutzerfreundlichen Architektur im erstklassigen Design (Glasbau, Dachterrasse, Balkon…). Bestände, die zu dieser Qualität nicht passen, „haben wir frühzeitig verkauft“.
Repricing in Deutschland zu langsam
Interessant ist der die Bankensicht modifizierende Standpunkt des alternativen Finanzierers Edmund de Rothschild REIM, Ralf Kind, Head of Real Estate Debt, Frankfurt. REIM platzierte seit 2020 weit über Plan EUR 350 Mio. und realisiert Transaktionen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, Italien und GB. Ab Q1 2023 wird an die Anleger eine Dividende von 4,5 % p.a. gezahlt. Zurzeit werde fast ausschließlich im europäischen Ausland investiert, da das „Repricing in Deutschland … etwas langsamer passiert“ Gemeint ist, zu langsam! “Die Renditen sind lange noch nicht da, wo sie in Deutschland hinmüssen.“ Deshalb suchen insbesondere auch deutsche Investoren Investitionsopportunitäten vorwiegend im Ausland, wo die Preise offenbar schon einen Boden gefunden haben.
Finanzierungsvoraussetzung ist ein schlüssiger Businessplan
Auch bei bester Bonität und willigen Sponsoren gehe nichts ohne einen schlüssigen Businessplan jedes konkreten Deals. Mangels eines solchen habe Blackstone jüngst einen großen Deal in Skandinavien platzen lassen, berichtet Kind. Jeder Businessplan muss für jedes Projekt Puffer für diverse Risikoszenarien aufweisen. Tut er das nicht hinreichend, platzt der Deal (auch bei guter Bonität).
Durchschnittlicher Bürobestand vom Leerstand betroffen
Als größtes Problem bezeichnet Bankvorstand Gero Bergmann die Zukunft des durchschnittlichen Bürobestandes und der Frage, „wie wir mit den riesigen (normalen) Officebeständen umgehen“, die keine Primequalitäten aufzuweisen und mit hohen Leerständen zu kämpfen haben. Das werde den Schmerz auf dem Officemarkt verursachen, der 2024 auf die Branche zukommen wird. „ESG ist die neue Lage“ stellt Bergmann fest. Gemeint ist, dass der zahlenmäßig breite Officemarkt den neuen ESG-Anforderungen nicht genügt und Bergmann fragt: „Wie kriegen wir neue Arbeitswelten hin?“. Dies sei nur durch Transformationen möglich, die durch politisch initiierte Fördermittel bewältigt werden können, um das „Zinsniveau ein Stück weit abzudecken“ (z. B. durch die KFW, Landesförderinstitute). Die Banken seien bereit, ihre „Margen zu subventionieren”.
Banken erwarten einen Zinsdeckungsgrad von 2
Der Dept-Fund-Manager Ralf Kind sieht das anders. Die Banken verlangen als Finanzierungsvoraussetzung einen bestimmten Zinsdeckungsgrad (errechnet mittels Quote von Einnahmen durch Zinsausgaben). Weniger ausschlaggebend sei dagegen das Verhältnis von Kreditvolumen zu den beliehenen Vermögenswerten (LTV). Wenn der Zinsdeckungsgrad nicht mindestens eine 2 vor dem Komma aufweise, „wird es (bankseitig) schwer“. Von dem Zinsdeckungsgrad mache die Bank zudem den Beleihungsgrad abhängig, z.B. 45 %, statt 50 oder 55 %. „Als Dept-Funds brauchen wir das nicht… Meine Transaktionen sind auch bei einem 1,5-fachen Zinsdeckungsgrad ok…!“ Dann könne man auch zu 60 % finanzieren. Die höhere Finanzierung koste dann allerdings auch mehr! Ferner widersprach Kind der Behauptung, die Banken würden die Margen nach unten anpassen. Die Banken hätten die Margen dagegen sogar erhöht (und damit faktisch das Risiko durch noch höhere Belastungen).
Ausblick 2024
Gefragt nach dem Ausblick für 2024 (Expo 24) prognostiziert Kind für den Immobilienmarkt ein „blutiges“ Szenario. Zwar gäbe es im Gegensatz zur Finanzkrise 2007/2008 eine Alternative zu den Banken (wenn Banken die „Regenschirme einziehen“), gemeint sind die alternativen Finanzierer. Aber das Asset-Repricing sei noch nicht vollzogen. Daher komme ein Riesenflow an Deals, abgeschlossen in den Jahren 2018/2019, sowohl im „besicherten Umfeld und vor allem auch im Umfeld unbesicherter Anleihen“ auf den Markt. Deals, die in 2024/2025 auslaufen. „Und wenn ich mir die Bewertung dieser Issuer anschaue, die refinanziert werden müssen, dann finanziert eine Bank (bestenfalls) eine 5 (5 % Mietrendite).“ Ist aber aus Sicht der Bank die Rendite darunter, „gibt es einen negativen Leverage.“ Sodass einige „über die Klinge springen werden“. Das Kapital sei zwar da, diese Deals aufzufangen „allerdings auf einem anderen Preisniveau“.
Marktbereinigung: ein gesunder Prozess
Diese Bereinigung sei für die Immobilienbranche „ein ganz gesunder Prozess… Wir haben zu lange einen Bullrun gehabt, der durch billiges Geld befeuert wurde. Wirkliche Assetleistungen haben keine Rolle gespielt. Man hat die Grundstücke eingekauft, zwei Jahre später geflippt. Dazwischen hat man hoch finanziert…Ich glaube, diese Zeiten sind vorbei … und das ist gut so!“ Kein grundsätzlicher Widerspruch kam von den übrigen Panelteilnehmern, „We should be prepared for the worst but expect for the best“, so Dr. Andreas Schillhofer. Und zum Abschluss: „Für einige wird diese hier die letzte Expo gewesen sein, sie wissen es nur noch nicht“, so Gero Bergmann. Das Jahr 2025 sehe er dann aber auf einer konsolidierten Grundlage „positiv!“
Orientierungshilfe für Berater
Eine Immobilieninvestition sollte, wie z. B. im Segment der Alternativen Investmentfonds zu finden, zum risikolosen, langfristigen Kapitalmarktzins (zurzeit zwischen 2,5 % und 3 %) einen Renditeabstand von mindestens 2 % aufweisen. Auch wenn die Laufzeiten diverser Immobilienfonds zurzeit verlängert und/oder teilweise Auszahlungen gekürzt oder ausgesetzt werden: eine Immobilieninvestition erfahrener Emittenten im Opportunity/Value Add-Segment, z.B. im Bereich energetisch sanierbarer Bestandsobjekte, bietet nach wie vor Chancen auf eine Rendite mit einer angemessenen Risikoprämie.
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Unternehmensanalyse Stephan Appel, Jaspersdiek 7, 22399 Hamburg, Tel: 040-409725, www.check-analyse.de