Nach der Veröffentlichung der EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy – RIS) Ende Mai wird in der Vermittlerbranche die Frage kontrovers diskutiert, ob die RIS beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten ein Provisionsverbot für Versicherungsmakler beinhaltet.

Um hier zu einer Klärung im Sinne der Makler beizutragen, veröffentlicht der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) jetzt das Gutachten, das er bei Professor Dr. Christoph Brömmelmeyer von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) in Auftrag gegeben hat.

Der auf Bürgerliches Recht, Versicherungsrecht und Europäisches Wirtschaftsrecht spezialisierte Wissenschaftler konstatiert, dass die RIS kein Provisionsverbot beinhaltet: „Dem Versicherungsmakler steht es nach wie vor frei, provisionsbasiert zu beraten. Das gesetzliche Berufsbild des Versicherungsmaklers hindert ihn nicht daran. Die RIS geht zwar davon aus, dass der Versicherungsmakler die Beratung im provisionsbasierten Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten als „nicht unabhängig“ bezeichnen muss. Das kann er aber auch tun. Der Versicherungsmakler braucht weder zu behaupten, dass er wie ein Arbeitnehmer persönlich abhängig sei, noch, dass er vertraglich bzw. wirtschaftlich von einem bestimmten Versicherer abhänge“, klärt Prof. Dr. Brömmelmeyer auf. „Er muss lediglich angeben, dass die von ihm angebotene Beratung auf Provisionsbasis und deswegen „nicht unabhängig“ erfolgt.“

Die Frage der Unabhängigkeit bezieht sich also nicht auf den Status des Maklers im Sinne des Berufsbildes, sondern auf seine Dienstleistung, die über Courtage oder Honorar bezahlt wird. Die Regelung soll letztlich der Transparenz dienen und wird im Grunde genommen Teil der ohnehin bestehenden Erstinformation sein.

Prof. Dr. Brömmelmeyer: „Der Versicherungsmakler gibt an, dass er selbstständig und „ungebunden“ ist, so dass er auf der Basis eines repräsentativen Marktüberblicks im bestmöglichen Interesse des Kunden Versicherungsanlageprodukte auswählen und empfehlen kann. Er gibt gleichzeitig an, ob die von ihm angebotene Beratung „unabhängig“ oder „nicht unabhängig“ erfolgt, je nachdem, ob es sich im konkreten Einzelfall um eine Honorarberatung handelt (unabhängig) oder um eine Beratung auf Provisionsbasis (nicht unabhängig).“

Zukünftig verlangt die RIS also nach aktuellem Stand von allen Branchenbeteiligten ein gewisses Maß an Differenzierungsvermögen.

„Der EU-Vorschlag besagt keineswegs, dass der Versicherungsmakler eine unabhängige Beratung anbieten muss und deswegen keine Provision verlangen kann“, stellt auch BVK-Präsident Michael H. Heinz fest. „Er hat vielmehr die Wahl gegenüber den Kunden anzugeben, dass er auf Provisionsbasis arbeitet und deshalb „nicht unabhängig“ ist oder er kann auf Honorarbasis beraten, das heißt Versicherungsanlageprodukte empfehlen, ohne dafür eine Provision von einem Versicherer zu erhalten. Dann kann er dies als „unabhängig“ bezeichnen. Man kann also mitnichten von einem Provisionsverbot für Makler sprechen, wie das einige Verbände tun. Vielmehr erweitert sich das Angebot aufgrund der Wahlmöglichkeit für den Kunden.“

Nach Ansicht des BVK entspricht diese Lesart der RIS auch dem EU-Ansatz eines abgestuften bzw. partiellen Provisionsverbotes. Denn die EU-Kommission konzedierte in der Begründung ihres Richtlinienvorschlags, dass „ein sofortiges und vollständiges Verbot von Anreizen erhebliche, plötzlich eintretende Auswirkungen auf bestehende Vertriebssysteme mit schwer vorhersehbaren Folgen nach sich ziehen würde. Ein teilweises Verbot würde hingegen bestehende Vertriebssysteme weniger stark beeinträchtigen und gleichzeitig Vorteile für die Kleinanleger bringen.“

„Nichtsdestotrotz werden wir vom BVK auf Klarstellungen in den Begründungen und bei Übersetzungen in der RIS pochen, um unterschiedliche Rechtsauslegungen zu verhindern“, sagt BVK-Präsident Heinz.

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