Allein wegen seines Umfangs konnte bislang ein chinesisches Konjunkturprogramm weltweit positive Auswirkungen entfalten und etwa den Rohstoffmärkten Auftrieb geben.

Das könnte sich nun ändern: Die Spekulationen auf dem chinesischen Wohnungsmarkt könnten nicht nur die BIP-Wachstumserwartungen in China selbst gefährden, sondern auch die bisherige Verbindung zwischen den chinesischen Konjunkturprogrammen und den weltweiten Asset-Preisen durchbrechen, sagt Erik Lueth, Global Emerging Market Economist bei Legal & General Investment Management (LGIM):

„Wir gehen davon aus, dass das chinesische BIP in diesem Jahr um 5,5 Prozent wachsen wird, obwohl die Wirtschaftstätigkeit in letzter Zeit schwächer war als erwartet. Voraussetzung ist eine gewisse Lockerung der Politik und ein moderates Wachstum von vier Prozent pro Jahr für den Rest des Jahres 2023. Der Immobiliensektor stellt jedoch ein Abwärtsrisiko für diese Aussichten dar.

Um einzuschätzen, wie stark die Bautätigkeit korrigiert werden muss oder ob sie bereits zu gering ist, schätzen wir, wie viel neue Wohnungen oder wieviel Wohnraum pro Jahr benötigt werden. Dies ergibt sich aus der jährlichen Land-Stadt-Wanderung, der Wohnfläche pro Kopf und der Rate, mit der der vorhandene Wohnungsbestand an Wert verliert.

China muss in den nächsten Jahren jährlich etwa eine Milliarde Quadratmeter neuen städtischen Wohnraum schaffen – der Bau auf dem Land ist vernachlässigbar. Die tatsächlichen Baubeginne sind in etwa auf dieses Niveau gesunken, was darauf hindeutet, dass die Bautätigkeit nicht mehr viel Aufwind hat.

Häuser horten

Ein genauer Blick auf den Wohnungsbestand legt vielmehr nahe, dass ein Abwärtstrend droht. Zieht man die kumulierten Wohnungsverkäufe von den kumulierten Wohnungsbaubeginnen ab, so ergibt sich ein normaler Wohnungsbestand, der etwa zwei Jahre nach dem Verkauf liegt. Unserer Ansicht besteht keine Wohnraumlücke, sondern der Wohnungsbestand der chinesischen Haushalte ist vielmehr zu groß.

Die Wohnfläche pro Kopf liegt in China bei etwa 40 Quadratmetern – fast doppelt so viel als für Chinas Entwicklungsstand normal wäre. Wenn der überschüssige Bestand wieder auf den Markt käme, würde es nach unseren Schätzungen 13 Jahre dauern, ihn wieder abzubauen.

Darüber hinaus sind die Überschüsse bei den derzeit im Bau befindlichen Wohnungen offensichtlich. Ihre Zahl ist etwa zehnmal so hoch wie die der jährlich fertiggestellten Wohnungen. Da es drei Jahre dauert, ein Wohnungsbauprojekt fertig zu stellen, sollte dieses Verhältnis eigentlich bei drei liegen (so wie es in den Jahren 2000-2005 tatsächlich der Fall war). Da die Bauträger für den Bau im Voraus bezahlt werden, sind die Anreize groß, immer mehr Projekte in Angriff zu nehmen, insbesondere wenn andere Finanzierungsquellen knapp werden. Wir glauben, dass es weitere 3,5 Jahre dauern wird, bis dieser Überhang an Neubauwohnungen abgebaut ist.

Natürlich ist nicht klar, ob dieser Wohnungsüberhang, der größtenteils auf spekulative Käufe zurückzuführen ist, jemals den Weg auf den Markt finden wird, und wenn ja, in welchem Zeitraum. Aber für die künftige Bautätigkeit stellt er eindeutig ein Risiko dar.

Was bedeutet das für Rohstoffe?

Die Verbindung zwischen dem chinesischen Konjunkturprogramm und den globalen Asset-Preisen basierte in der Vergangenheit auf Rohstoffpreisen und rohstoffintensiven Sektoren. Diese Unterstützung dürfte in Zukunft deutlich schwächer ausfallen als in der Vergangenheit und könnte durch den strukturellen Druck auf den Immobilienmarkt sogar komplett ausbleiben.

Bei chinesischen Vermögenswerten kann die Kombination aus übermäßig pessimistischer Stimmung und Konjunkturerwartungen unserer Meinung nach zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu einer vorübergehenden Erholung der Performance führen. Dies sollte jedoch nicht mit der Erwartung einer nachhaltigen Erholung verwechselt werden.“

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