Rahmenbedingungen für Transaktionen verbessern sich, Vonovia-Deals stützen Markt
Rückläufige Inflationsraten und ein stabileres Zinsniveau haben sich im zweiten Quartal 2023 positiv auf die Wohninvestmentmärkte ausgewirkt. Nach einer Analyse des Immobiliendienstleisters JLL fällt das Transaktionsvolumen* mit 2,35 Milliarden Euro höher aus als im ersten Quartal dieses Jahres, als Abschlüsse in Höhe von 2,1 Milliarden Euro erzielt wurden. Im Vergleich zu den Vorjahren halten sich die Investoren allerdings nach wie vor zurück. In den vergangenen fünf Jahren lag das Transaktionsvolumen im Schnitt bei 3,7 Milliarden Euro, im Vorjahr waren es drei Milliarden Euro.
Für das erste Halbjahr 2023 summieren sich die Abschlüsse auf rund 4,5 Milliarden Euro und rund 20.500 Einheiten, davon knapp 13.000 im zweiten Quartal. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 entspricht das einem Rückgang um circa 37 Prozent sowohl bei den gehandelten Einheiten als auch beim Transaktionsvolumen.
“Es sind weiterhin viele Deals in der Pipeline und Käufer und Verkäufer nähern sich bei ihren Preisvorstellungen weiter an. Die Transaktionsprozesse sind teilweise immer noch recht lang, die Abschlusswahrscheinlichkeit nimmt dafür aber kontinuierlich zu. Für die zweite Jahreshälfte bin ich deswegen positiv gestimmt und rechne mit einer weiteren, leichten Marktbelebung”, sagt Michael Bender, Head of Residential JLL Germany.
Unterstützt werde das aktuelle Marktgeschehen durch zwei Großtransaktionen, die im zweiten Quartal abgeschlossen wurden. Zum einen erwarb Apollo im Rahmen einer Joint-Venture-Struktur für mehrere Versicherungen und andere langfristig orientierte Investoren für einen Kaufpreis von rund einer Milliarde Euro eine Minderheitsbeteiligung von knapp 30 Prozent am Südewo-Portfolio von Vonovia. Zum anderen hat CBRE Investment Management für rund 560 Millionen Euro fünf Gebäude mit 1.350 Wohneinheiten in Frankfurt, Berlin und München erworben. Verkäufer war auch hier Vonovia. “Dass solche Transaktionen zustande kommen, ist ein gutes Signal für den Markt. Es könnte den einen oder anderen davon überzeugen, dass für beide Seiten attraktive Transaktionen gegenwärtig möglich sind und andererseits die Marktteilnehmer dafür sensibilisieren, dass das komplexe Marktumfeld eben auch komplexere Lösungen wie Joint-Venture-Strukturen oder anderweitige Kooperationen erfordert”, meint Bender.
Kleine Deals beherrschen das Marktgeschehen
Abgesehen von diesen beiden Abschlüssen kamen im zweiten Quartal hauptsächlich kleinvolumige Deals mit einer durchschnittlichen Größe von nur 14 Millionen Euro zustande. Mit insgesamt 53 registrierten Transaktionen lag die Marktaktivität um ein Drittel niedriger als im Vorjahresquartal (78 Transaktionen), im Vergleich zum ersten Quartal (40 Transaktionen) steht dagegen ein Plus von ebenfalls knapp einem Drittel. “Bei einer insgesamt nur langsamen Belebung des Wohninvestmentmarkts und einer Vielzahl sehr kleiner Deals bleibt damit auch die Intransparenz in der aktuellen Situation in Bezug auf das marktgerechte Preisniveau hoch”, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Das führe dazu, dass einige Marktakteure lieber abwarten und Investitionsentscheidungen zurückstellen.
Bodenbildung bei den Kaufpreisen und bei den Kreditkonditionen in Sicht
Dennoch mehren sich die Anzeichen, dass sich die Preiskorrekturen im zweiten Quartal fortgesetzt haben und damit die größten Preisanpassungen infolge des stark gestiegenen Zinsniveaus bereits erfolgt sind. “Bei den Preisen sehen wir eine sich nähernde Bodenbildung, die mit der Zinsentwicklung korreliert. Dennoch wird es voraussichtlich mindestens noch eine weitere Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank in diesem Jahr geben”, erläutert Scheunemann.
Zuletzt hat die Volatilität am Kreditmarkt deutlich abgenommen, wodurch die Preiskalkulation für Investoren grundsätzlich einfacher geworden ist. Gleichzeitig haben die Banken im Vergleich zum Ende des vergangenen Jahres ihre Kreditmargen deutlich gesenkt. Laut dem Deutschen Immobilienfinanzierungsindex (Difi), der von JLL und dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) herausgegeben wird, haben die Margen je nach Assetklasse in den vergangenen sechs Monaten um bis zu 50 Prozent nachgegeben. Auch hier geht JLL im weiteren Jahresverlauf von einer Bodenbildung aus.
Angebot hinkt der Nachfrage hinterher – Druck auf Mieten bleibt hoch
Zusätzlich sorgen steigende Wohnungsmieten dafür, dass die Attraktivität von Wohninvestments zunimmt. Auf den regionalen Mietwohnungsmärkten trifft derzeit eine hohe Nachfrage auf ein geringes Angebot. Auf der Angebotsseite ist jedoch eine notwendige Belebung des Wohnungsneubaus auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Hohe Baupreise in Verbindung mit stark gestiegenen Fremdkapitalkosten haben dazu geführt, dass viele Wohnungsbauprojekte storniert wurden. Für das Jahr 2023 rechnet JLL mit rund 240.000 neu gebauten Wohnungen. Benötigt würden etwa 700.000 Wohneinheiten pro Jahr, um die Nachfrage inklusive Bauüberhang zu bedienen.
Die Entwicklungen in der Bauwirtschaft spiegeln sich auch auf dem Wohninvestmentmarkt wider. Die Zahl der verkauften Projektentwicklungen (Forward-Deals) ist im vergangenen Jahr kontinuierlich gesunken und erreichte im ersten und zweiten Quartal 2023 mit jeweils nur drei bzw. vier beobachteten Abschlüssen ihren Tiefpunkt. Auffällig ist weiterhin, dass es sich bei den registrierten Abschlüssen überwiegend um kleinere Transaktionen von Projekten handelt, die zudem kurz vor der Fertigstellung stehen.
Der Druck auf die Mieten bleibt aufgrund der schwachen Bautätigkeit hoch. Weil sich zudem der Arbeitsmarkt trotz der schwachen Konjunktur weiterhin sehr robust zeigt und die Zahl der Erwerbstätigen weiter steigt, dürften die zuletzt kräftigen Lohnzuwächse, die durch die hohen Verbraucherpreise stimuliert wurden, die dynamische Entwicklung der Mieten auf Jahressicht weiter befeuern.
Scheunemann erkennt in Summe positive Vorzeichen für eine Marktbelebung in den kommenden Monaten: “Die anhaltende Renditedekompression und die Aussicht auf weiter steigende nominale Mietrenditen im aktuellen Wohnungsmarktumfeld dürften die Nachfrage auf dem Wohninvestmentmarkt weiter beleben. Aufgrund der Vorsicht der Marktteilnehmer entwickelt sich der Markt jedoch weiterhin in nur kleinen Schritten.”
* Verkauf von Wohnungspaketen und Studentenheimen mit mindestens zehn Wohneinheiten und 75 Prozent Wohnnutzung sowie der Verkauf von Unternehmensanteilen mit Übernahme einer Kontrollmehrheit ohne Börsengänge.
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