Großbritannien versucht beim Provisionsverbot im Prinzip schon wieder den Rückwärtsgang einzulegen:
Mit der jüngsten Konsultation der Aufsicht FCA soll zur Schadensbegrenzung (“The harm we are trying to reduce”) eine Art ‘Beratung light’ eingeführt werden (“core investment advice”), die neben der klassischen Beratung (“holistic financial advice”) die Kohlen aus dem Feuer holen soll. Die sog. ‘core investment advice’, so die Pläne der britischen Aufsicht unter dem Titel “Broadening access to financial advice for mainstream investments”, soll deutlich kostengünstiger sein und die Zugangshürden für die fehlende Finanzberatung in Folge des Provisionsverbots in UK absenken. Denn auch die FCA hat das massive Problem aufgrund des Provisionsverbots identifiziert und nun Alarmstufe Rot ausgerufen: ++ Ca. 9,7 Mio. britische Verbraucher verfügen über ein investierbares Vermögen von mehr als 10.000 £, haben dieses größtenteils oder vollständig aber in bar ++ Zwar könne es, so die FCA, unter bestimmten Umständen sinnvoll sein, derart hohe Bargeldreserven zu halten, “doch werden viele Verbraucher in dieser Situation wahrscheinlich einen Schaden erleiden, da der reale Wert ihres Vermögens aufgrund der Inflation sinkt, im Gegensatz zu den potenziellen Erträgen aus Investitionen” ++ Zu den Hürden beim Zugang zu Finanzberatung in UK zählen vor allem deren Kosten: ++ 40 % der Unternehmen verlangen eine Mindestanlagesumme und selbst Unternehmen ohne eine formale Mindestanlagesumme haben unter ihren Kunden hohe durchschnittliche Depotgrößen ++ Die durchschnittlichen Beratergebühren liegen nach offiziellen Zahlen der FCA in der Regel zwischen 1 % und 3 % der Anlagesumme. Verbraucherumfragen haben jedoch gezeigt, dass die meisten Verbraucher nur bereit wären, bis zu 1 % bzw. 100 £ für die Beratung für eine Investition von 10.000 £ zu zahlen ++ Die jährlichen Gesamtgebühren – die sowohl die Beratungs- als auch die Anlagekosten umfassen – betragen bei der ‘automatisierten Beratung’ etwa 0,8 %, während sie bei der klassischen Finanzberatung 1,9 % betragen. Reine Robo-Advice-Modelle haben jedoch nicht die erwartete Akzeptanz bei den Verbrauchern gefunden, so dass hierin auch keine Lösung für das Dilemma liegt.
‘k-mi’-Fazit: Finanzberatung ist in Großbritannien durch das Provisionsverbot teuer. Kleinanleger sind daher u. a. der hohen Inflation von 8,7 % im Mai ungeschützt ausliefert. Die EU sollte in ihrer Kleinanlegerstrategie nicht die Fehler machen, die man in UK schon bereut. Die dortige Aufsicht FCA versucht nun Schadensbegrenzung zu betreiben und Gegenmaßnahmen wie eine ‘Beratung light’ zu entwickeln, um das Provisionsverbot wieder teilweise rückabzuwickeln. Natürlich ohne die Politiker direkt bloßzustellen, die den Briten die jetzige Situation eingebrockt haben. Eine weitere politische Lehre für die EU-Kommission daraus: Politische Fehler wie die Einführung des Provisionsverbots werden zur Gesichtswahrung der Politiker nicht revidiert, sondern umständlich übertüncht. In Kürze gehen wir auf die Details der FCA-Konsultation ausführlicher ein.
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