Seit 2009 starker Anstieg der Climate-Tech Finanzierungen in Deutschland
Höchstwert von 2,6 Mrd. EUR im Jahr 2021, Rückgang auf 1,6 Mrd. EUR in 2022 im Zuge des Abschwungs an den weltweiten VC-Märkten
Dealvolumen bezogen auf die am Markt aktiven Start-ups in den USA rund das 4,7 fache höher als in Deutschland
Wagniskapitalfinanzierungen für Start-ups, die im Bereich innovativer Klimaschutztechnologien tätig sind, verzeichnen in Deutschland in den letzten Jahren einen deutlich positiven Trend. Das von Venture-Capital-Gesellschaften in so genannte Climate-Tech Start-ups investierte Gesamtvolumen stieg von 53 Mio. EUR im Jahr 2009 auf zuletzt rund 1,6 Mrd. EUR 2022 an – das ist das zweitstärkste Jahr in der Historie. Lediglich 2021 war das Dealvolumen in dem Segment mit insgesamt 2,6 Mrd. EUR noch deutlich höher, wie eine aktuelle Auswertung von Transaktionsdaten der Datenbank Dealroom.com durch KfW Research zeigt. Der jüngste Rückgang ist vor allem den erheblich eingetrübten Rahmenbedingungen infolge der Zinswende und der gesamtwirtschaftlichen Abkühlung geschuldet. Auch wenn daher 2023 nicht mit einem erneuten Anstieg zu rechnen ist, sind „grüne“ VC-Investitionen deutlich auf dem Vormarsch.
Mit dem Begriff „Climate-Tech“ werden Technologien zusammengefasst, die auf die Vermeidung oder Reduzierung von Treibhausgasemissionen abzielen oder bei der Anpassung an die Auswirkungen der globalen Erwärmung helfen. Hierunter fallen etwa Lösungen für eine treibhausgasarme Energieerzeugung und -speicherung oder eine effizientere Ressourcennutzung. Oftmals handelt es sich um hochinnovative Technologien, die Chancen auf enorme Innovationssprünge in sich bergen. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Climate-Tech Investitionen in Deutschland traditionell eine vergleichsweise hohe Bedeutung für den VC-Markt haben. Bereits im Zeitraum 2009–2012 war der Anteil des Investitionsvolumens in Climate-Tech am gesamten deutschen VC-Markt mit durchschnittlich 8,9 % deutlich höher als in wichtigen Vergleichsmärkten, wie etwa den USA, dem Vereinigten Königreich oder Frankreich. Auch im Zeitraum 2019–2022 wies Deutschland mit einem durchschnittlichen Investitionsvolumen von 13,3 % am gesamten VC-Markt erneut einen deutlich höheren Marktanteil als Großbritannien und die USA mit jeweils rund 8 % aus. Nur Frankreich kann diese Werte mit einer Quote von 13,6 % im gleichen Zeitraum knapp übertreffen.
Gleichwohl ist der VC-Markt insgesamt in Deutschland gemessen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes kleiner als in wichtigen Vergleichsmärkten. Folglich haben Climate-Tech Start-ups hierzulande weniger VC zur Verfügung, was ein Blick auf das investierte Dealvolumen pro Climate-Tech Start-up verdeutlicht: Bezogen auf die Anzahl der am Markt aktiven Start-ups im Bereich Climate-Tech war das Dealvolumen in den USA mit 13,6 Mio. EUR pro Unternehmen um rund das 4,7-fache höher als in Deutschland (2,9 Mio. EUR).
Vor diesem Hintergrund bleibt es eine große Herausforderung, die Finanzierung der „grünen“ Start-ups zu gewährleisten, die sich bereits in der Entwicklungsphase durch einen überdurchschnittlich hohen Kapitalbedarf auszeichnen. Gerade bei großvolumigen Finanzierungsrunden im Wachstumsbereich sind deutsche Climate-Tech Start-ups noch in stärkerem Maße auf ausländische Investoren angewiesen. Kamen in den Jahren 2019- 2022 bei der Seed Finanzierung noch rund 45 % der Mittel von in Deutschland ansässigen Investoren, so waren es bei späteren Runden im Scale-up-Bereich nur noch 17 %.
Auffällig ist zudem, dass die VC-Mittel nicht proportional in die Sektoren fließen, die am meisten zu den CO2-Emissionen in Deutschland beitragen. Ein Missverhältnis, das auch auf globaler Ebene beobachtet werden kann. In Deutschland entfielen von 2019-2022 durchschnittlich etwa nur 7 % der VC-Investitionen in Climate-Tech auf den Industriesektor, obgleich dieser die zweitgrößte Quelle von CO2-Emissionen darstellt und gerade hier aktuell noch großes Potenzial zur Emissionsminderung durch technische Innovation besteht.
Eine ergänzend von KfW Research durchgeführte Umfrage unter Venture Capital-Gesellschaften mit Sitz in Deutschland verdeutlicht zudem die mit Climate-Tech verbundenen Chancen und Risiken. Fast alle Investoren gehen davon aus, dass in diesem Bereich größere (34 %) oder große (62 %) Wachstumschancen bestehen. Somit ist Climate-Tech das Technologiefeld, dem Investoren aktuell die stärksten Wachstumschancen zusprechen. Gleichzeitig verbinden Investoren mit Climate-Tech aber auch knapp überdurchschnittlich hohe technologische und regulatorische Risiken im Vergleich zu anderen Technologiefeldern. Insbesondere Risiken bei der Entwicklung von Produkten, die zur bestehenden Nachfrage am Markt passen, und hohe Anforderungen bei Finanzierungsdauer und -volumen von Climate-Tech Start-ups werden als herausfordernd wahrgenommen. Als deutlich risikoreicher sehen VC-Investoren gleichwohl Investitionen in den Technologiefeldern Healthtech, Biotech/Life Science, Fintech und Blockchain/Crypto.
„Deutschland will bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden – dieses Ziel erfordert enorme Innovationssprünge. In vielen Branchen werden aktuell unter Hochdruck neue Technologien entwickelt, um Klimaziele zu erreichen und innovative Lösungen für eine klimaneutrale Welt beizusteuern. Der deutsche VC-Markt hat diesen Trend in den letzten Jahren verstärkt aufgegriffen“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Um die großen Wachstumsmöglichkeiten von Climate-Tech auch in Zukunft nutzen zu können, kommt es darauf an, ein bedarfsgerechtes Finanzierungsangebot für Start-ups hierzulande noch weiter zu stärken. Außerdem ist eine Klima- und Nachhaltigkeitspolitik zentral, die den Rahmen setzt, so dass die Unternehmen Planungssicherheit haben und die notwendigen Investitionen ein attraktives Risiko-Rendite Profil aufweisen können. Das ist der beste Anreiz damit Start-ups und Unternehmen in die Transformation investieren“.
Die aktuelle Studie ist abrufbar unter www.kfw.de/fokus
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