Marktkommentar von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL

Die als Krisenschutz angesehenen Anlagen Gold und Bitcoin haben seit Jahresanfang deutlich zugelegt. Noch im letzten Jahr waren beide von Unsicherheiten geprägt und trugen kaum zur Stabilisierung eines Portfolios bei: Bitcoin gehörte sogar zu den größten Verlustbringern. 2022 konnten sich sowohl Edelmetalle als auch Krypto-Assets den Folgen des Zins-Regimewechsels und der darauffolgenden Umwertung aller liquiden Anlagen angesichts „plötzlich“ wieder vorhandener verzinslicher Renditequellen nicht entziehen. Für die Goldnotierungen geht es bereits seit Oktober 2022 wieder aufwärts, nachdem ein Hauptbelastungsfaktor, der bis dahin sehr feste US-Dollar, eine Kehrtwende eingelegt und die Höchstnotierungen im Vergleich zum Euro unterhalb der Parität von 1 EUR/USD verlassen hat. Krypto-Assets hingegen erhielten im November 2022 zunächst noch einen heftigen Rückschlag im Zuge der Pleite der Krypto-Handelsplattform FTX. Seit Jahresanfang aber hat auch diese Anlageklasse die Reihe von Negativmeldungen und Skandalen des vergangenen Jahres hinter sich gelassen und wird von Anlegern wieder als chancenreich betrachtet. Kursgewinne in Höhe von rund 65 Prozent bei Bitcoin und des nach Marktkapitalisierung zweitgrößten Krypto-Assets Ethereum belegen das neu gewonnene Vertrauen.

Bemerkenswert ist, dass sowohl Gold als auch viele Krypto-Assets in der Hochphase des „Bankenbebens“ – rund um die Pleite der Silicon Valley Bank und die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS Mitte März – deutliche Kursgewinne verzeichnen. Es sieht so aus, als ob sich Anleger auf der Suche nach Diversifikation doch wieder breiter aufstellen. Zudem geben anhaltend hohe Inflationsraten und daraus resultierend negative Realzinsen sowie eine nur schwache globale Konjunkturerholung weiterhin einen guten Anlass, Aktien- und Anleiheportfolios mit anderen Anlageklassen zu ergänzen. Es dürfte aber auch die Erkenntnis eine Rolle gespielt haben, dass die Zentralbanken künftig bei der Umsetzung eines restriktiven geldpolitischen Kurses an Grenzen stoßen, wenn sie gleichzeitig die Stabilität des Finanzsystems nicht zu stark gefährden wollen.

Fazit: Wir gehen davon aus, dass Gold und Bitcoin im weiteren Jahresverlauf weiter zulegen, denn das Erreichen positiver Realzinsniveaus dürfte noch einige Zeit dauern und die Unsicherheiten im Zuge anhaltend höherer Zinsen werden in Form von Belastungen der Konjunkturdynamik sowie zunehmenden Unternehmensinsolvenzen zunehmen.

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