Der Anleihemarkt hat nach Jahren der Nullzinspolitik für Anleger wieder an Attraktivität gewonnen.

Warum festverzinsliche Wertpapiere in jedes diversifizierte Depot gehören und wie Anleger sie richtig einsetzen.

Aktuelle Markteinschätzung von Nermin Aliti, Leiter Fonds Advisory der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ

Die Sorge vor einer neuen Bankenkrise nach der Pleite der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) hat in den vergangenen Wochen den Anlegern vor Augen geführt, wie schnell sich massive Verlustrisiken an der Börse aufbauen können. Weil viele Kunden ihre Guthaben von der SVB abhoben, musste die kalifornische Regionalbank langlaufende Staatsanleihen aus ihrem Bestand mit Milliardenverlusten verkaufen. Die waren nach den massiven Zinserhöhungen der Notenbanken seit vorigem Jahr stark im Wert gefallen. Weil auch andere US-Regionalbanken ins Schlingern gerieten, stand schnell das Szenario einer sich ausbreitenden Bankenkrise im Raum. Inzwischen hat sich die Lage aber wieder etwas beruhigt.

Anleger sind ein wichtiger Stabilitätsanker

Anleger sollten aufgrund der Bankenpleite nun aber nicht denken, Staatsanleihen wären gefährlich. Das Gegenteil ist der Fall. Als das Schreckgespenst einer neuen Bankenkrise die Runde machte, flohen etliche Anleger erst einmal in sichere Häfen. Und das waren neben Gold vor allem: Staatsanleihen mit guter und sehr guter Bonität.

Durch die Zinserhöhungen der Notenbanken sind Anleihen endlich auch für Privatanleger wieder attraktiv geworden. Dementsprechend stark ist der Rentenmarkt in das neue Jahr gestartet. Neben ihrer gestiegenen Verzinsung gibt es aber eine Reihe weiterer Gründe, warum ein Anleiheanteil im Depot grundsätzlich sinnvoll ist. Ein zentrales Argument für Anleihen ist, dass sich der Rentenmarkt historisch betrachtet zumeist entgegengesetzt zum Aktienmarkt entwickelt. Die Renditen der festverzinsten Wertpapiere können so Kursverluste am Aktienmarkt kompensieren. Anleihen tragen so zur Risikostreuung bei und geben jedem Depot Stabilität. Das gilt insbesondere für Staatsanleihen, aber auch Unternehmensanleihen können diesen Effekt bewirken.

Anleihe ist nicht gleich Anleihe

Während der Finanzkrise und nun nach der SVB-Pleite waren etwa Bundesanleihen gefragt, da sie als besonders sicher gelten und nach Jahren der Negativrendite durch die Zinswende nun auch wieder positive Renditen bieten. So liegt etwa die Rendite für eine Bundesanleihe mit einjähriger Laufzeit aktuell bei rund 2,9 Prozent. In den USA, wo die Federal Reserve die Leitzinsen schneller und früher anhob, wirft eine einjährige US-Staatsanleihe derzeit sogar eine Rendite von 4,9 Prozent ab. Und Schwellenländer wie Brasilien, Indien oder die Türkei bieten gar zweistellige Zinsraten, allerdings weisen diese Anleihen aufgrund ihres höheren Ausfallrisikos auch ein größeres Risiko auf. Gleiches gilt für asiatische Anleihen, die besonders von der Wiedereröffnung Chinas profitieren könnten.

„Kurzläufer“ sind derzeit eine gute Wahl

Der Rentenmarkt ist daher in einer besonderen Phase: Anleihen mit kurzer Laufzeit bieten eine höhere Rendite als Anleihen mit langer Restlaufzeit. Dieses Phänomen einer inversen Zinsstrukturkurve gilt vielen Marktbeobachtern als Vorbote einer Rezession, weil sie die Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen einschränkt und verteuert. Investoren tun daher gut daran, aktuell bevorzugt auf kurze Laufzeiten zu setzen. Kurzlaufende Anleihen bieten neben der höheren Verzinsung noch einen Vorteil: Sie reagieren weniger stark auf – möglicherweise noch weitere – Zinsänderungen der Notenbanken als langlaufende Anleihen. Für Privatanleger, die bereits langlaufende Anleihen im Depot haben, ist hingegen ein Aussitzen unproblematisch. Sie können diese Papiere bis zum Laufzeitende halten und bekommen so ihr investiertes Kapital plus Zinsen mit hoher Wahrscheinlichkeit zurück. Kursverluste am Rentenmarkt können ihnen gleichgültig sein, solange sie die Anleihen nicht vor Fälligkeit verkaufen. Diese Unabhängigkeit von der Kursentwicklung macht Anleihen zum wichtigen Stabilitätsanker im Portfolio.

Wo Chancen locken, lauern auch Gefahren

Neben Staats- bieten sich auch Unternehmensanleihen als Depotbeimischung an. Auch diese haben historisch betrachtet ein attraktives Chancen-Risiko-Profil. Doch Vorsicht: Auch bei Unternehmensanleihen gilt natürlich: Wer eine hohe Rendite anstrebt, muss auch ein vergleichsweise höheres Risiko eingehen. Zwar gibt es eine ganze Reihe von Unternehmen, die zweistellige Zinskupons bieten. Auf der anderen Seite besteht jedoch auch die Gefahr, dass das Unternehmen die Anleihe bis zur Fälligkeit nicht stets bedienen kann. Vor einem Investment ist daher die Berücksichtigung der eigenen Risikoneigung ebenso wichtig, wie die Risikoanalyse des emittierenden Unternehmens.

Zudem sollten Anleger bei Anleiheinvestments unbedingt mögliche Wechselkursrisiken im Blick haben. Zwar bietet eine US-Staatsanleihe im Vergleich zu Bundesanleihen eine höhere Rendite, doch wenn der US-Dollar gegenüber dem Euro weiter an Wert verliert, erleiden Anleger aus dem Euroraum Währungsverluste. Gleiches gilt auch für Unternehmensanleihen in Fremdwährungen.

Kurzum: Einen möglichst attraktiven Mix aus Staats- und Unternehmensanleihen unterschiedlicher Laufzeiten, Zinskupons und Bonitätsstufen zu identifizieren, ist ein komplexer Prozess, den Privatanleger womöglich besser in die Hände von erfahrenen Anlageprofis legen sollten. Diese können viele verschiedene Rentenpapiere einsetzen, um Rendite, Laufzeit und Risiko zu optimieren. Und: Zwar haben Anleihen im Zuge des Zinserhöhungszyklus wieder an Attraktivität gewonnen, doch sollten sie freilich nur ein Depotbaustein von vielen sein. Für Anleger kommt es also auf die richtige Mischung aus Aktien, Anleihen, Rohstoffen, alternativen Investments und Liquidität im Depot an, um Verlustrisiken zu minimieren und Gewinnchancen zu maximieren.

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