Drei größere Transaktionen dominieren das Marktgeschehen im ersten Quartal 2023
Das nach wie vor von Unsicherheit geprägte Marktumfeld hat für einen sehr verhaltenen Jahresauftakt am Wohninvestmentmarkt gesorgt. In den ersten drei Monaten 2023 summierten sich die Transaktionen* nach Analyse des Immobiliendienstleisters JLL auf ein Volumen von rund 2,1 Milliarden Euro, bei rund 7.600 gehandelten Einheiten. Im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres (4,0 Milliarden Euro) ist das gleichbedeutend mit einem Rückgang um fast die Hälfte. In der Fünfjahresbetrachtung fällt das Minus mit zwei Dritteln noch deutlicher aus.
Das Interesse an Wohnimmobilien ist weiterhin vorhanden und Investoren schauen sich viele Produkte sehr genau an, unterstreicht Michael Bender, Head of Residential JLL Germany. Jedoch sei das Repricing in Folge des Zinsanstiegs noch nicht abgeschlossen, auch wenn sich Käufer und Verkäufer bei ihren Preisvorstellungen annähern. “Allen Marktteilnehmern ist bewusst, dass Wohnimmobilien aufgrund der weiter steigenden Mietpreise mittel- und langfristig eine äußerst attraktive Assetklasse sind.”
Im ersten Quartal zählte JLL 39 Abschlüsse. Das sind nur rund halb so viele wie im vierten Quartal 2022 und zwei Drittel weniger als im Fünfjahresschnitt der jeweils ersten Quartale der Vorjahre. Rund die Hälfte des Transaktionsvolumens entfiel auf die drei größten Deals. Dazu zählen der Verkauf von zehn Projektentwicklungen durch Quarterback Immobilien an HIH Invest Real Estate, die Veräußerung von rund 1.300 Wohneinheiten von S Immo an ein Family-Office sowie der Verkauf von zwölf Wohngebäuden in München durch MEAG an die Versicherungskammer Bayern. Zwei Drittel des gesamten Transaktionsvolumens entfielen auf die sieben großen Immobilienmärkte.
Kaum noch Forward-Deals und Fokus auf Bestand
Annähernd zum Erliegen gekommen sind Verkäufe von Projektentwicklungen. Lediglich drei Forward-Deals wurden im ersten Quartal gezählt – so wenige gab es bisher noch nie in einem Quartal. “Der Fokus liegt klar auf dem Bestand. Wir sehen viele kleinere, lokale Teilportfolios, die zum Verkauf stehen, aber auch einige großvolumige Opportunitäten”, sagt Bender. Auch Sonderwohnformen wie das Marktsegment studentisches Wohnen stießen derzeit auf erhöhtes Investoreninteresse. Angesichts des insgesamt breiten Angebots rechnet Bender für das Gesamtjahr mit einem Transaktionsvolumen zwischen 14 Milliarden und 15 Milliarden Euro.
Stabile Zinsen wesentliche Voraussetzung für Marktbelebung
Wann eine generelle Marktbelebung einsetzt, hängt nach Ansicht von Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany, von mehreren Faktoren ab. Dazu zählt in erster Linie, dass die hohe Volatilität an den Kreditmärkten abnimmt. “Mit einer Schwankungsbreite von rund 45 Basispunkten basierend auf dem zehnjährigen Hypothekenzins in den vergangenen drei Monaten ist die kurzfristige Volatilität weiterhin sehr hoch. Dies erschwert sowohl die kurz- als auch die mittelfristige Planung der Finanzierung im Transaktionsgeschäft und wirkt sich bremsend auf die Investitionstätigkeit aus”, erläutert Scheunemann. Die hohe Unsicherheit an den Kapitalmärkten beträfe zudem insbesondere Portfoliotransaktionen, die aufgrund des umfangreicheren Investitionsvolumens ein höheres selektives Anlagerisiko darstellten.
Ob es zu einer Stabilisierung bei den Finanzierungskonditionen kommt, hängt davon ab, wie erfolgreich die Zentralbank bei der Eindämmung der Inflation ist. Dazu Scheunemann: “Derzeit ist es sehr wahrscheinlich, dass die Zentralbanken in der Lage sein werden, die geldpolitische Straffung zu beenden, sobald sich eine deutliche Wende bei der Inflation abzeichnet. Erste Merkmale dafür sehen wir bereits. So schrumpfte die Inflationsrate in Deutschland im März dieses Jahres den dritten Monat in Folge auf einen Wert von nun 7,4 Prozent. Die Kerninflation liegt aber mit einem Wert von rund 5,9 Prozent immer noch deutlich über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank. Sinkt die Teuerungsrate weiter, ist eine Rückkehr zu einem moderaten geldpolitischen Kurs wahrscheinlich, wenn auch weit entfernt von der Niedrigzinspolitik des vergangenen Jahrzehnts.”
Es braucht einen Großdeal mit Signalwirkung
Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine Marktbelebung sind ihm zufolge “signalwirksame Transaktionen aus den Reihen der gelisteten Wohnungsunternehmen”. Bereits im vergangenen Jahr haben börsennotierte Wohnungskonzerne großvolumige Portfolios zum Verkauf angeboten. Bislang wurden jedoch nur geringe Teile davon tatsächlich am Markt platziert. Vielen Marktteilnehmern dienten diese öffentlichkeitswirksamen Verkaufsabsichten als Gradmesser für die aktuelle Marktaktivität. “Deswegen hätten großvolumige Verkäufe eine deutliche Signalwirkung und könnten zu weiteren Transaktionen motivieren”, sagt Scheunemann.
Realwirtschaftliche Rahmenbedingungen geben zusätzlichen Rückenwind
Ungeachtet dessen sprechen die langfristigen Perspektiven am Mietwohnungsmarkt für ein baldiges Anziehen der Marktaktivitäten. So dürfte sich die Lücke zwischen Wohnungsangebot und -nachfrage in diesem Jahr weiter vergrößern. Hohe Baupreise gepaart mit kräftig gestiegenen Fremdkapitalkosten sorgen dafür, dass viele Wohnprojekte storniert werden. Für 2023 rechnet JLL lediglich mit 230.000 bis 240.000 fertiggestellten Wohnungen. Gleichzeitig wächst die Bevölkerung durch eine hohe Nettozuwanderung, unter anderem aus der Ukraine, und somit insbesondere in den großen und attraktiven Städten auch die Wohnungsnachfrage. Daher dürfte der Druck auf die Nettokaltmieten hoch bleiben.
Zuletzt sind die Neuvertragsmieten als auch die Bestandsmieten bereits deutlich gestiegen. Nach Analyse von JLL haben sich in den acht Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart die Angebotsmieten im zweiten Halbjahr 2022 im Schnitt (Median) um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verteuert. Gleichzeitig ist die Fluktuation am Mietwohnungsmarkt und damit das inserierte Angebot zurückgegangen. “Die Angebotsknappheit dürfte die Hauspreiskorrektur abmildern und sich mittelfristig in einen Rückenwind verwandeln, sobald Zinsen und Finanzierungskosten moderater werden”, prognostiziert Scheunemann.
* Verkauf von Wohnungspaketen und Studentenheimen mit mindestens zehn Wohneinheiten und 75 Prozent Wohnnutzung sowie der Verkauf von Unternehmensanteilen mit Übernahme einer Kontrollmehrheit ohne Börsengänge
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