Marktkommentar von Matthew Benkendorf, CIO, Vontobel Quality Growth

  • Das Rezessionsrisiko in den USA ist in Folge der jüngsten Ereignisse im Bankensektor gestiegen
  • Die Bankenkrise hat wahrscheinlich die Notwendigkeit künftiger Zinserhöhungen verringert
  • US-Aktien aus dem Gesundheitswesen und dem Konsumgüterbereich bieten den Anlegern Berechenbarkeit

Mit Blick auf die USA bereiteten den Anlegern in den letzten Monaten vor allem die Zins- und die Inflationsentwicklung Sorgen. Was die Zinsen betrifft, so hatte die Fed bis zur Bankenkrise damit mehr zu tun. Aber die Krise hat das Vertrauen erschüttert und den Plan der Fed erschwert, durch eine Erhöhung der Zinssätze und die Verringerung der Bilanzsumme das Wirtschaftswachstum zu bremsen und die Inflation zu dämpfen.

Die Vertrauenskrise im Bankensektor hat wahrscheinlich die Notwendigkeit künftiger Zinserhöhungen verringert. In Anbetracht der gegenwärtigen Inflationssituation glaube ich zwar, dass weitere Zinserhöhungen bevorstehen. Aber viele werden es vermutlich nicht sein, und sie werden sich eher im Bereich von 25 Basispunkten bewegen. Prognosen sind nicht unsere Sache, aber wenn wir die Wirtschaftswachstumsdaten berücksichtigen, so befinden wir uns nahe des Zinshöhepunktes, was jedoch nicht unbedingt eine automatische Umkehr der Entwicklung bedeutet. Das ist eher das Wunschdenken einiger Marktteilnehmer.

Die Anleger sollten daran denken, dass eine Korrektur des Inflationspfades immer Geduld und eine wirtschaftliche Normalisierung erfordert. Zinserhöhungen sind ein wirksames Instrument, aber sie wirken mit Verzögerung, und es wird einige Zeit dauern, bis sich die Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen auf das Wirtschaftswachstum zeigen. Obwohl der Inflationsdruck nachgelassen hat und wahrscheinlich auf ein komfortables Niveau sinken wird, dürfte er wahrscheinlich strukturell höher bleiben, als wir es gewohnt sind.

Das Rezessionsrisiko ist gestiegen

Volkswirtschaften leben vom Vertrauen. Die jüngsten Ereignisse im Bankensektor sind exogene Schocks, die das Vertrauen der Verbraucher und das Verhalten der Unternehmen erschüttern, was sich wiederum auf das Verbraucherverhalten auswirkt und eine Konjunkturabschwächung auslöst. Berücksichtigt man also diese Auswirkungen auf das Vertrauen zusätzlich zu den zugrunde liegenden Wirtschaftsdaten, so steigt der Trend zu einer Rezession – allerdings eher gegen Ende dieses Jahres und im nächsten Jahr.

Meiner Meinung nach ist der Bankensektor immer noch gut kapitalisiert, und die Fed verfügt über genügend Munition, um dieses Problem zu lösen. Wenn es dem Sektor wieder gelingt, Vertrauen zu gewinnen, wird sich das Rezessionsrisiko wahrscheinlich verflüchtigen.

Das Erreichen der US-Schuldenobergrenze ist ein Risiko

Die Anleger sollten die Möglichkeit weiterer externer Schocks allerdings nicht außer Acht lassen. Zu den potenziellen Auslösern zählt die Anhebung der US-Schuldenobergrenze, die derzeit im Kongress diskutiert wird. Ein Scheitern mit all seinen Folgen könnte das Vertrauen sowohl der Unternehmen als auch der Verbraucher weiter beeinträchtigen und zu einer unnötigen Volatilität an den Kapitalmärkten führen, die das Wachstum noch stärker bremsen könnte.

Anleger sollten Berechenbarkeit schätzen

Die Zinserhöhungen und der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank sorgen dafür, dass die Refinanzierungskosten vor allem in den Sektoren ein Thema werden, die seit über zehn Jahren recht aggressiv finanziert werden. Hier werden wir Auswirkungen sowohl auf die Kreditkosten als auch auf die Beschränkung der Kreditvergabe sehen. Cash-arme Unternehmen und solche, die auf eher spekulative Weise finanziert wurden, dürften unter Druck geraten. Sektoren wie Technologie und zyklische Konsumgüter wären ebenso betroffen wie einige aggressive Geschäftsmodelle im Finanzbereich und in spekulativen Bereichen. Ich gehe davon aus, dass der Markt irgendwann korrigieren wird, was natürlich und gesund wäre.

Vor dem Hintergrund der Unsicherheiten und Unwägbarkeiten sollten Anleger gut positionierte Unternehmen in Sektoren bevorzugen, deren Geschäfte von klaren und robusten Faktoren angetrieben werden. Der Gesundheitssektor beispielsweise ist in Bezug auf die zugrunde liegenden Trends und Faktoren recht gut vorhersehbar. Das Gleiche gilt für die Konsumgüterindustrie. Hier sind Aktien von Herstellern hochwertiger Konsumgüter mit Preissetzungsmacht und Potenzial für langfristige Umsatzsteigerungen besonders attraktiv. Ausgewählte Unternehmen in beiden Sektoren sind eher in der Lage, den Inflationsdruck weiterzugeben.

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