Die Berichtssaison ist in vollem Gange.
Die Ausblicke der Unternehmen deuten zwar bereits an, dass uns Schwierigkeiten bevorstehen, doch die Prognosen der Analysten sollten Bestand haben – jedenfalls solange die befürchtete Rezession nicht tatsächlich eintritt, sagt Lars Kreckel, Global Equity Strategist bei Legal & General Investment Management (LGIM):
„Bis Mitte Februar werden mehr als die Hälfte der S&P 500-Unternehmen ihre Zahlen für das vierte Quartal vorgelegt haben. Schon jetzt werden Muster sichtbar. Die Q4-Zahlen sind allgemein in Ordnung, zumindest wenn man sie mit den Schätzungen der Analysten bei Banken und Brokern vergleicht. Etwa drei Viertel der Unternehmen, die in den ersten Wochen ihre Ergebnisse vorlegten, konnten die Schätzungen übertreffen – das liegt leicht über dem historischen Durchschnitt. Will sagen: Die Analystenschätzungen für die aktuellen Gewinne liegen nicht zu weit von der Realität entfernt, so dass kein großer Druck besteht, die Prognosen zu senken.
Allerdings ist das Gewinnwachstum weitgehend zum Stillstand gekommen. Die Konsensprognosen gehen für den S&P 500 von einem Rückgang des Gewinns pro Aktie von zwei Prozent im Jahresvergleich aus. Rechnet man die typische Marge hinzu, mit der Unternehmen die Analystenschätzungen übertreffen, dürften die Gewinne gerade noch leicht über dem Vorjahresniveau liegen. Dies entspricht ziemlich genau dem, was wir zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg in eine Gewinnrezession im Jahr 2023 erwartet hatten.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass es Unternehmen zwar leicht fallen mag, die Schätzungen der Sell-Side-Analysten zu übertreffen, dass es aber schwieriger ist, Anleger zu beeindrucken. Nur etwa die Hälfte der Unternehmen übertraf mit ihrer Kursentwicklung den Markt am Tag nach den Ergebnissen. Der Unterschied zwischen übertroffenen Prognosen und der Reaktion des Aktienkurses besteht darin, dass Analysten die rückwärtsgerichteten Gewinne messen, die in Ordnung zu sein scheinen, während die Börse sich eher auf zukunftsgerichtete Kommentare bezieht, die anscheinend schwächer eingestuft werden.
Das kann kaum überraschen – Unternehmen „leben“ in derselben Welt wie wir, sehen sich die gleichen Daten an und lesen die gleichen Nachrichten. Wie viele CEOs werden unter diesen Umständen besonders optimistisch in das nächste Jahr blicken?
Solange sich die derzeitige Konjunktur so gut entwickelt wie bisher – wie sich ja an den Zahlen für das vierte Quartal ablesen lässt –, ist andererseits keine übermäßig pessimistische Kommunikation zu erwarten oder gar die aktive Vorbereitung auf eine Rezession. Der ehemalige CEO der Citibank Chuck Prince formulierte es vor der Finanzkrise so: „Solange die Musik spielt, muss man tanzen.“
Nach dem bisherigen Verlauf der Berichtssaison rechnen wir weiterhin damit, dass die Erträge der US-Unternehmen in der Rezession, die wir für das zweite Quartal dieses Jahres erwarten, um 20-25 Prozent sinken werden. Ein spürbarer Gewinnrückgang und deutliche Senkungen von Analystenprognosen setzen erst ein, wenn die Rezession tatsächlich beginnt.
Vorerst erleben wir also eine guten Berichtssaison, in der die meisten Unternehmen die Schätzungen der Verkaufsanalysten übertreffen, sich aber hinsichtlich der Aussichten vorsichtig äußern. Analysten werden ihre Gewinnschätzungen entsprechend senken. Dementsprechend bleiben wir Risikoanlagen gegenüber leicht skeptisch.“
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