Geht es 2023 an der Börse wieder bergauf oder folgt ein weiteres Jahr zum Vergessen?
Anlegern, die mit Hebelzertifikaten handeln, dürfte das egal sein. Schließlich sind mit dieser Zertifikate-Gattung in jeder Marktphase hohe Renditen zu erzielen. Im Worst-Case-Szenario droht aber auch ein Totalverlust.
Aktuelle Markteinschätzung von Michael B. Bußhaus, Gründer und Geschäftsführer von justTRADE
Es kann nur besser werden. Das Gros der Anleger dürfte froh sein, dass 2022 überstanden ist – und hoffen, dass das Jahr 2023 nicht erneut solch eine Menge an Hiobsbotschaften bereithält. In der Tat war 2022 ein überaus herausforderndes Jahr. Ein Jahr, in dem das Corona-Virus und die löchrigen Lieferketten immer noch für Unruhe sorgten, in dem sich mit dem Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine, der Energiekrise, der ausufernden Inflation und deutlich gestiegenen Zinsen aber auch zusätzliche Belastungsfaktoren auftaten.
Es gibt also einige gute Gründe, weshalb die Börsen rund um den Globus teils kräftig Federn lassen mussten. So büßte beispielsweise der DAX in 2022 rund 12 Prozent an Wert ein, während der US-Technologieindex um über 30 Prozent gen Süden marschierte. Auch die meisten Industriemetalle haben sich im abgelaufenen Jahr verbilligt und investierte Anleiheinvestoren hatten aufgrund der steigenden Zinsen ebenfalls keinen Grund zur Freude.
Vorsichtig optimistisch
Zwar neige ich keinesfalls zu übertriebener Schwarzmalerei – ganz im Gegenteil –, doch ist es keineswegs gewiss, dass in 2023 der Kapitalmarkt nur so vor Kraft strotzen und eine Kursrakete nach der anderen gezündet wird. Einige der jüngst veröffentlichten Wirtschaftsdaten und Konjunkturindikatoren machen zwar durchaus Mut; so dürfte etwa die US-Notenbank Fed aufgrund der zuletzt gesunkenen US-Inflationsrate in 2023 weitaus weniger restriktiv vorgehen als in 2022. Doch ist es keineswegs so, dass sich pünktlich zum Jahreswechsel die Krisen und Probleme der Vergangenheit in Luft auflösen werden.
Dies bedeutet nun aber nicht, dass Anleger der Börse den Rücken kehren sollten. Denn: Ganz gleich, ob die Kurse steigen, fallen oder sich seitwärts entwickeln werden – mit dem entsprechenden Finanzvehikel haben Anleger in jeder Marktphase die Chance auf attraktive Renditen. So erzielen Investoren beispielsweise mit Discountzertifikaten sowohl bei leicht fallenden oder leicht steigenden Kursen als auch in seitwärts tendierenden Märkten in der Regel eine höhere Rendite als mit dem entsprechenden Basiswert – also beispielsweise einer Aktie oder einem Index. Auch Bonuszertifikate, Capped-Bonuszertifikate oder Reverse-Bonuszertifikate zählen zu den strukturierten Wertpapieren, die Anlegern in verschiedenen Marktphasen attraktive Renditechancen ermöglichen können.
Wette auf steigende oder fallende Kurse
Wer es hingegen weitaus riskanter mag und überproportional an der Entwicklung des entsprechenden Basiswerts partizipieren möchte, kann auch so genannte Knock-Out Zertifikate oder Mini Future Zertifikate wählen. Mit diesen Zertifikate-Gattungen können Anleger die Entwicklung des Basiswerts hebeln. Mit Mini Future Long Zertifikaten profitieren Investoren dabei überproportional von einem steigenden Kurs des Basiswertes, mit Mini Future Short Zertifikaten winken hingegen hohe Gewinne, wenn der entsprechende Basiskurs an Wert verliert. Wie kräftig der mögliche Gewinn ausfällt, wird von der Höhe des Hebels bestimmt. Ist das Short-Zertifikat beispielsweise mit einem Hebel von 5 ausgestattet, gewinnt das Papier bei einem dreiprozentigen Rückgang des Basiswertes rund 15 Prozent an Wert.
Doch Vorsicht: Knock-Out Zertifikate sind nur für äußerst wagemutige Investoren, die zudem eine klare Meinung zum entsprechenden Basiswert haben, eine Option. Grund: Der Hebel wirkt in beide Richtungen. Das Zertifikat kann also nicht nur rasant an Wert zulegen, es kann auch im Nu überproportional zum Basiswert verlieren, bis hin zum Totalverlust. Wer etwa ein Mini Future Long Zertifikat mit einem Hebel von 5 auf den DAX besitzt, muss bei einem dreiprozentigen DAX-Rückgang einen Verlust von rund 15 Prozent hinnehmen.
Hebelzertifikate bieten keinen ruhigen Schlaf
Richtig brenzlig wird es, wenn das Zertifikat die Knock-out-Barriere oder die Stop-Loss-Marke berührt. Denn dann endet die Laufzeit des Papiers sofort und das Hebelzertifikat verfällt wertlos. Dabei gilt: Je höher der Hebel, desto geringer der Abstand zur Knock-out-Barriere – also umso größer die Gefahr, dass das Zertifikat vorzeitig „ausgeknockt“ wird.
Ob das Börsenjahr 2023 sich nun eher freundlich oder weniger erfreulich entwickelt, spielt für Anleger, die sich für Hebel-Zertifikate entscheiden, also eine untergeordnete Rolle. Für sie ist einzig und allein von Bedeutung, dass die Richtung des Basiswerts korrekt eingeschätzt wird. Gelingt dies jedoch nicht, droht schlimmstenfalls der Totalverlust. Ein Szenario, dessen Gefahr auch von erfahrenen Anlegern häufig unterschätzt wird. Vor allem bei Zertifikaten mit einem hohen Hebel kann das Papier innerhalb kürzester Zeit wertlos verfallen.
Über den Autor
Michael B. Bußhaus ist Gründer und Geschäftsführer von justTRADE. Er war Geschäftsführer der onvista bank und verantwortete bis 01/2019 als Head of Brokerage das gesamte Wertpapiergeschäft der comdirect bank AG.
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