Jedes Jahr kehren viele Menschen aus unterschiedlichsten Motiven heraus
Deutschland den Rücken – Doch es lauern etliche rechtliche und steuerliche Fall[1]stricke – FPSB-Deutschland Vorstandsmitglied Iris Hoschützky erläutert, was Auswanderungswillige besonders berücksichtigen sollten
In den vergangenen Jahren scheint sich der Wunsch vieler Bundesbürger, Deutschland zu verlassen, verstärkt zu haben. Waren es laut Medienangaben 2011 noch rund 140.000 Auswanderer, so kletterte die Zahl im Jahr 2019 auf über 270.000 – und damit fast auf das Doppelte. Seitdem ging es zwar wieder leicht nach unten, in 2021 aber waren es mit rund 250.000 immer noch deutlich mehr als zehn Jahre zuvor, die ihr Heimatland verlassen haben.
Die Motive sind dabei sehr vielfältig. Neben Gründe wie dem besseren Klima in anderen Ländern, der Erweiterung des Horizonts oder dem Erlernen einer Fremdsprache geht es insbesondere um altbekannte Themen wie steuerliche Gründe oder niedrigere Lebenshaltungskosten.
Aus ihrem Beratungsalltag weiß FPSB-Vorstandsmitglied Iris Hoschützky, CFP® und CFEP®, aber auch, dass sich Bundesbürger durchaus um die Zukunft des Euro oder um die politische und steuerliche Stabilität hierzulande Sorgen machen. „Insbesondere Unternehmer machen sich Gedanken über möglicherweise weiter steigende Steuern und Abgaben und inwieweit diese für das eigene Unternehmen dann noch tragbar sind“, sagt die erfahrene zertifizierte Finanzplanerin. Dazu kommen berufliche Motive wie bessere Verdienstchancen, berufliche Weiterbildung oder einfach die Möglichkeit, in einer globalisierten Arbeitswelt aus dem Ausland heraus zu arbeiten.
Schweiz und Österreich am beliebtesten
Ausgehend von den genannten Motiven wie niedrigere Einkommenssteuersätze und der Sorge um die Stabilität des Euro erscheint es wenig verwunderlich, dass die Schweiz an erster Stelle der Zielländer deutscher Auswanderer steht. Dort leben derzeit laut dem statistischen Bundesamt mehr als 309.000 Zuwanderer mit deutschem Pass. Danach folgt Österreich, wo derzeit rund 209.000 Bundesbürger ihren Wohnsitz haben. „Dort dürfte es für viele interessant sein, dass es keine Erbschaftssteuer gibt“, sagt Hoschützky, die auch Wealth Plannerin im Family Office der Frankfurter Bankgesellschaft ist. „Außerdem bieten die beiden Nachbarländer den Vorteil, dass es keine Sprachbarrieren gibt und man seinen Kulturkreis nicht ganz verlassen muss.“ Erst dahinter folgen laut dem Statistischen Bundesamt Großbritannien und Spanien.
Doch so verlockend es für manche klingen mag, für immer woandershin zu gehen, man sollte zuvor alles sehr genau durchdenken. Zum Beispiel geben Menschen damit unter Umständen ihr persönliches Netzwerk und Umfeld auf. „Zudem darf man auch nicht vergessen, dass beispielsweise die Schweiz zwar niedrigere Einkommenssteuersätze aufweist, dafür aber die Lebenshaltungskosten auch deutlich höher sind als hier“, sagt die Expertin.
Unternehmensbeteiligungen überprüfen
„Doch vor allem gibt es steuerliche und rechtliche Fallstricke, die es zu beachten gilt“, warnt Hoschützky. Das gilt insbesondere für Unternehmer, deren Firma eine Kapitalgesellschaft ist. „Denn wenn sie auswandern, dann behandelt das Finanzamt das in Deutschland weiter ansässige Unternehmen so, als wenn es verkauft werden würde“, erklärt sie weiter. Das bedeutet, dass eine Schätzung des Unternehmenswertes durch das Finanzamt stattfindet und der Eigentümer entsprechende Steuern auf diesen theoretischen Verkaufspreis zahlen muss.
Deshalb müssen sich Unternehmer, die planen, Deutschland zu verlassen, vorab Gedanken darüber machen, eventuell die Rechtsform zu ändern und eine neue Firmenstruktur aufzubauen. „Das Gleiche gilt übrigens, wenn Kinder, die am Unternehmen beteiligt sind, zum Studium ins Ausland gehen“, erklärt die Finanzplanerin. „Allerdings gilt es bei einem vorübergehenden Aufenthalt auch die Möglichkeit, eine Steuerstundung zu beantragen, so dass nach der Rückkehr die Steuerschuld wieder aufgelöst wird.“
Auch wer Immobilien oder Grundstücke weiterhin in Deutschland hat und diese vermietet, muss bedenken, dass diese Einkünfte in Deutschland weiter steuerpflichtig sind. „So spannend und erfahrungsreich ein neues Land auch sein kann, ich kann nur jedem raten, alles zu prüfen, was steuerlich und rechtlich im neuen Land und bezüglich des verbleibenden Vermögens in Deutschland auf den Auswanderer zukommt“, so Hoschützky. „Denn sonst kann man plötzlich mit steuerlichen Belastungen konfrontiert sein, mit denen man so gar nicht gerechnet hat.“
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