Die Inflation könnte das Schlimmste überstanden haben.
Mut macht auch die Entwicklung der Erzeugerpreise. Dass die Teuerungsrate jetzt aber im Nu sinken wird, erscheint dennoch recht unwahrscheinlich.
Das Jahr 2022 wird wohl noch in einigen Jahren als Jahr der Inflation gelten. Dabei haben mehrere Entwicklungen zur Teuerung geführt. So zogen die Preise bereits vor dem Krieg in der Ukraine teils kräftig an. Regelrecht durch die Decke gingen die Preise in vielen Bereichen aber erst nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine – vor allem im Energie-Sektor.
Der Angriffskrieg Russlands hält zwar nach wie vor an, allerdings macht sich bei der Inflation inzwischen teilweise ein wenig Entspannung breit: Tanken ist wieder günstiger geworden und auch die deutschen Gas-Speicher weisen ein recht beruhigendes Niveau auf. Hinzu kommt, dass nach und nach mehr Flüssiggas-Terminals ans Netz gehen sollen – Deutschlands Gas-Hunger sollte dann auch ohne den Energieträger aus Russland weitgehend gestillt werden können. Unter Experten gilt der Winter 2023 / 2024 noch einmal als Herausforderung. Danach könnte Deutschland – was die Versorgung mit Öl und vor allem Gas angeht – über den Berg sein. Doch wie sollten Anleger mit der aktuellen Situation umgehen?
Um die Entwicklung der Inflation bewerten zu können, bietet sich ein Blick auf die Erzeugerpreise an. Im Oktober sind diese in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr zwar um stattliche 34,5 Prozent gestiegen, im Vormonat legte die Rate aber noch um fast 46 Prozent zu. Hinzu kommt, dass sich die Erzeugerpreise im Monatsvergleich um 4,2 Prozent abgeschwächt haben – und damit das erste Mal seit Mai 2020 schrumpften. Die Erzeugerpreise gelten als Indikator für die späteren Verbraucherpreise, da produzierende Unternehmen ihre Kosten an die Konsumenten weitergeben. Jede Entspannung bei den Erzeugerpreisen sorgt auch für einen geringeren Preisdruck. Trotzdem sollten Konsumenten und Anleger die Inflation nicht vorschnell ad acta legen.
Trotz Entspannung – Inflation ist gekommen, um zu bleiben
Zwar lässt die aktuelle Lage Raum für eine Erholungs-Rally am Aktienmarkt, die auch für langfristig denkende Anleger eine gute Chance sein kann, doch es verbleiben Risikofaktoren – zumindest für alle, die eine Inflation fürchten. Der Arbeitsmarkt in den USA und damit einhergehend das Verbrauchervertrauen entwickelte sich zuletzt deutlich positiver als erwartet. Auch die Einzelhandelsumsätze dies- und jenseits des Atlantiks lassen sich optimistisch deuten. Das spricht einerseits dafür, dass Konsumenten trotz der steigenden Preise nicht in den Käufer-Streik treten und die darbende Konjunktur damit stützen. Auf der anderen Seite könnte die Konsumfreude aber für die Teuerung eine schlechte Nachricht sein. Eine große Umlaufgeschwindigkeit des Geldes treibt in aller Regel auch die Preise. Wenn Unternehmen trotz Teuerung eine robuste Nachfrage von Konsumenten spüren, die ihr Geld lieber heute als morgen ausgeben, entstehen Mitnahme-Effekte – nicht ausgeschlossen, dass die Konsumentenpreise letztlich trotz sinkender Erzeugerpreise auf einem hohen Niveau bleiben.
Dennoch: Der größte Inflationsschock scheint inzwischen verdaut. Auch die Angst vor einer langanhaltenden und tiefen Rezession hat sich ein wenig verflüchtigt. Dem stehen niedrige Bewertungen bei vielen Aktien und Anleihen aus den großen Indizes entgegen. Wer langfristig denkt, sollte in Tranchen – also Schritt für Schritt – an den Aktienmarkt zurückkehren. Diversifikation und auch zeitliche Streuung sollten Anleger dabei aber stets im Blick behalten.
Renditechancen trotz schwelender Krisen
Hohe Inflationsraten werden wohl nicht ebenso schnell zurückgehen, wie sie gekommen sind, sondern können auch weiterhin für Verwerfungen sorgen. Insbesondere müssen die Notenbanken die Gratwanderung zwischen Inflationsbekämpfung, Verhinderung einer tiefen Rezession und den künftigen Staatsfinanzen meistern. Das dürfte auch den Kapitalmarkt in den kommenden Monaten weiter beschäftigen. Anleger, die vorsichtig mit Augenmaß agieren, können die bevorstehende Markphase aber trotz verbleibender Risiken erfolgreich meistern. Vorausgesetzt, sie setzen nicht alles auf eine Karte – streuen das Vermögen also über einen längeren Zeitraum und nutzen für den langfristigen Vermögensaufbau verschiedene Asset-Klassen.
Nermin Aliti, Leiter Fonds Advisory der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ
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