PwC-Studie untersucht Herausforderungen gesetzlicher Krankenkassen bis zum Jahr 2030 / Digitaler Wandel fordert klassische Rollen und Aufgaben heraus / Transformationsprozess verändert Arbeitsabläufe und erfordert Aufbau digitaler Strukturen / Kooperationen gewinnen im digitalen Gesundheitsökosystem an Bedeutung
Ist die Zeit gesetzlicher Krankenkassen als reine Erstattungs- und Prüfinstanzen vorbei? Mit der Entstehung eines digitalen Gesundheitsökosystems, neuer Präventionsangebote und individualisierter Therapien steht die Organisation des Gesundheitswesens vor bedeutenden Veränderungen. Neue Marktteilnehmer wie Startups und möglicherweise bald auch Tech-Konzerne sorgen für eine verschärfte Wettbewerbssituation.
Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Rolle gesetzlicher Krankenkassen hat, ist Gegenstand der Studie „GKV 2030 – Stresstest für Krankenkassen: Wer besteht gegen die Startups und Tech-Giganten?“. Die Studie wurde im Auftrag von der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC) sowie Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC GmbH, in Kooperation mit Prof. Dr. David Matusiewicz, Direktor des Instituts für Gesundheit & Soziales (ifgs) der FOM Hochschule, durchgeführt. Sie basiert auf einer Befragung von gesetzlichen Krankenversicherungen, die anschließend von einer Expertengruppe kritisch diskutiert und eingeordnet wurde. Die befragten Kassen repräsentieren einen Anteil von ca. 45 Prozent der gesetzlich krankenversicherten Personen in Deutschland.
Prof. Dr. David Matusiewicz, Studienleiter und Direktor des Instituts für Gesundheit & Soziales (ifgs) der FOM Hochschule: „Aktuell sehen wir bei den gesetzlichen Krankenkassen ein sehr heterogenes Stimmungsbild zwischen Stillstand und Aufbruch. Einige sehen die Digitalisierung als Chance. Andere haben das Thema noch nicht einmal auf der Vorstandsebene verankert.“
Konkurrenz durch die digitale Elite: Steht der Markteintritt von Tech-Konzernen bevor?
Von den befragten Krankenkassen befürchten 42 Prozent, dass sie künftig auch mit Tech-Giganten konkurrieren. 30 Prozent gehen davon aus, dass die Konzerne mit neu gegründeten Startups oder eigenen Krankenkassen den Markt betreten. Eine erwartete Konsequenz der verschärften Wettbewerbssituation ist eine Konsolidierung des Marktes. Aktuell gibt es in Deutschland knapp 100 gesetzliche Krankenkassen. Laut der Befragung rechnen 44 Prozent damit, dass sich diese Zahl bis 2030 auf 50 bis 60 reduzieren wird.
Thorsten Weber, Mitherausgeber der Studie und Leiter Beratung GKV bei PwC Deutschland: „Der Einzug von Apple, Amazon und Co. in den deutschen Gesundheitsmarkt hängt wie ein Damoklesschwert über der Gesundheitsbranche. Gesetzliche Krankenkassen sind schon heute im Wettbewerb um Versicherte und Leistungserbringer. Zusätzliche Konkurrenz durch digital-getriebene Tech-Konzerne unterwirft sie einem bis dato nicht gekannten Stresstest.“
Neue Arbeitswelten setzen sich durch: Neuausrichtung interner Strukturen
Der Veränderungsprozess in Folge der digitalen Transformation bedeutet für die GKV einen Wandel bisheriger Arbeitsabläufe sowie der Unternehmenskultur. Fast alle der Befragten nutzen heute bereits regelmäßig Kollaborationsplattformen für Remote-Work. Die Mehrheit geht von einem weiteren Wandel der Arbeitsweisen bis 2030 aus. Die Ausbildung der Sozialversicherungsfachangestellten (SoFa) wurde hingegen 1993 zuletzt reformiert. Dabei erfordert die Digitalsierung neue Kompetenzen und Mitarbeiterprofile. Verstärkt gesucht werden Datenanalyst:innen, Datenarchitekt:innen, Digita Media Manager:innen und KI-Expert:innen.
Einige Krankenkassen stehen dem digitalen Wandel offen gegenüber, andere hingegen abwartend. Diese Haltung spiegelt sich in den sehr unterschiedlichen Einschätzungen zur Umsetzungsdauer digital-bezogener politischer Reformen wider. Für 38,4 Prozent sind die Bemühungen zu langsam, für jeweils 30,8 Prozent zu schnell oder mittelmäßig. Die deutlichsten Effekte politischer Rahmenbedingungen erwarten die Befragten im Bereich digitaler Prozesse und einer höheren Vernetzung im Gesundheitswesen.
Im digitalen Gesundheitsökosystem sind Krankenkassen auf Kooperationen angewiesen
Michael Burkhart, Mitherausgeber der Studie und Leiter Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland: „Mit der Entstehung eines digitalen Gesundheitsökosystems müssen auch gesetzliche Krankenkassen plattformzentriert denken und Kundenbedürfnisse in den Fokus stellen. Es geht darum, neue Angebote zu schaffen – von der Online-Geschäftsstelle bis zu digitalen Zusatzleistungen. Die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren am Markt gewinnt an Bedeutung.“
Mit 88,5 Prozent ist die große Mehrheit der Befragten überzeugt, dass Krankenkassen bis 2030 mehr Kooperationen mit Health-Startups eingehen. Davon profitieren sollen vorrangig die Leistungsnehmer. So erwartet ein Großteil der Befragten Fortschritte im Bereich der Therapie und Nachsorge sowie eine schnellere Diagnostik.
Eine mögliche künftige Schwerpunktsetzung der GKV liegt laut der Studie in der Unterstützung einer datengetriebenen Versorgung. Die regulatorische Stellung als Treuhänder von Gesundheitsdaten bringt sie in eine besondere Ausgangsposition. Kein anderer Akteur des Gesundheitswesens verfügt über so große Datenmengen. Sie könnten dazu beitragen, individuelle Präventions- und Versorgungsangebote zu schaffen. Voraussetzung dafür ist jedoch ein gesetzlich eingeräumter Gestaltungsspielraum, mit dem sich die GKV zu einem Innovationstreiber und einer Art Lotse im digitalen Gesundheitssystem weiterentwickeln kann.
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