Die Herausforderungen an den Kapitalmärkten werden immer größer – Inflation, Zinswende, Konjunktur und Geopolitik wirken sich auf zukünftige Erträge aus – Wie sich Anleger auf die neuen Realitäten einstellen können
Zeitenwende – dieser Begriff wird aktuell in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft geradezu inflationär verwendet. Ob die internationalen Handelsbeziehungen, die Energiemärkte oder die Zinspolitik der Notenbanken – überall sind tatsächlich tiefgreifende Veränderungen zu beobachten. Von Normalität keine Spur. Im Gegenteil. Investoren haben mit einer großen Zahl von Herausforderungen und Problemen gleichzeitig zu kämpfen.
Die Anleger-Zukunft ist deshalb geprägt von einer wieder zunehmenden Abschottung der Volkswirtschaften, weiter steigender Staatsverschuldung und zunehmenden geopolitischen Risiken – und nicht zuletzt von der Rückkehr zu höheren Inflationsraten. Investoren werden sich in diesem Umfeld auf niedrigere Renditen einstellen müssen, gerade an den Aktienmärkten. „Anleger sollten nicht den Fehler machen, die hohen Unternehmensgewinne der vergangenen Jahre in die Zukunft zu projizieren“, so Tilmes.
Die Trauben an den Kapitalmärkten hängen derzeit hoch. „Es wird für Investoren immer anspruchsvoller, nach Abzug von Steuern und Inflationsrate mit der Kapitalanlage überhaupt ein Plus zu erzielen“, sagt Professor Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board (FPSB) Deutschland. Er fügt hinzu: „Das Zeitalter leicht verdienter Erträge ist angesichts hoher Inflation und nachlassender Wirtschaftsdynamik erst einmal vorbei.“ Das Anlageziel Kapitalerhalt dürfte wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.
Die Notwendigkeit einer neuen Bescheidenheit ist jedoch bei vielen Anlegern noch nicht angekommen. Laut der aktuellen Schroders Global Investor Study erwarten die befragten Sparer und Anleger, dass ihre künftigen Anlageerträge im Durchschnitt mehr als 11 Prozent pro Jahr betragen werden.
„Tatsächlich wurden wir gerade vom Aktienmarkt in den vergangenen Jahren ziemlich verwöhnt. Und auch Immobilienbesitzer durften sich über deutliche Wertsteigerungen freuen“, erklärt Tilmes, der neben seiner Vorstandstätigkeit auch Academic Director Finance & Wealth Management an der EBS Executive School, Oestrich-Winkel, ist. Das aber wird sich nicht fortsetzen.
Aus Sicht des Experten gibt es dennoch mehrere Möglichkeiten, die Ertragsaussichten zu verbessern. Zum einen durch eine kluge und globale Diversifikation. Zum anderen gilt es, das ganze Spektrum der Anlagemöglichkeiten zu nutzen. Anleger könnten beispielsweise ihrem Portfolio AbsoluteReturn sowie marktneutrale Strategien hinzufügen. Auch eine Investition in Währungen ist eine Alternative, die im aktuellen Umfeld für den Kapitalerhalt oder das Wachstum des Kapitals sorgen könnten. Und alternative Investments wie Private Equity oder Infrastruktur könnten die Korrelation auf Portfolioebene deutlich verbessern und für zusätzliche Erträge sorgen. Eine andere Möglichkeit sind Absicherungsstrategien, um ein Portfolio vor hohen plötzlichen Verlusten zu schützen.
„Die Kunst ist es, ein Portfolio so aufzubauen, das es über eine Vielzahl von Anlageklassen und über eine breite Streuung über verschiedene Einzeltitel Anlegern ausreichende reale Erträge für den Kapitalerhalt liefert und zudem die Chance auf einen Wertzuwachs eröffnet“, fasst der Experte zusammen. Entscheidend ist dabei, dass die gewählten Anlageklassen und Produkte auch zu den individuellen Anlagezielen und der persönlichen Risikoneigung des Anlegers passen.
Professionelle Finanzplaner senken das Risiko
Es empfiehlt sich daher, das eigene Portfolio kritisch zu überprüfen. „Viele Anleger wissen häufig nicht, wie die Summe aller Teile aussieht, wo ihr Portfolio Übergewichte oder Klumpenrisiken aufweist und ob vielleicht sogar eine bedenkliche Unwucht besteht“, sagt Tilmes. Professionelle Unterstützung bei der Vermögensplanung leisten die vom FPSB zertifizierten CFP® -Professionals. Sie helfen Sparern und Anlegern dabei, die passende Strategie – individuell abgestimmt auf den Anlagehorizont und die jeweilige Risikoneigung – zu finden. Im Rahmen einer Finanzplanung wird jeder einzelne Vermögenswert einer genauen Analyse unterzogen.
Gleichzeitig können verschiedene Risikoszenarien durchgespielt werden. Diese ganzheitliche und vernetzte Beratungsphilosophie der Zertifikatsträger grenzt sich deutlich von den oft dominierenden produkt- und vertriebsorientierten Beratungsansätzen ab. Der individuelle Finanzplan wird in regelmäßigen Abständen an veränderte gesamtwirtschaftliche und persönliche Rahmenbedingungen angepasst. „Die Gefahr von Fehlallokationen und somit von Vermögensverlusten kann dadurch deutlich verringert werden“, sagt Tilmes.
Der FPSB Deutschland sieht es als eine seiner Aufgaben, die Finanzbildung hierzulande zu verbessern und Wissen rund um das Thema Altersvorsorge und Vermögensaufbau zu vermitteln. Deshalb setzt der FPSB Deutschland in jedem Quartal Schwerpunktthemen. Im zweiten Quartal 2022 ist es das Thema Investment.
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