Die USA und EU sind bereits dabei, Indien und Russland wollen nun auch: immer mehr Staaten verfeinern die Regulierung Krypto-Assets.
Das ist ein positives Signal. Zum einen werden Kryptos auch von Staaten endlich als ernstzunehmende Anlageklasse verstanden. Zum anderen kann eine durchdachte Regulierung die Eintrittsbarrieren für Investments in Krypto-Assets senken.
Krypto-Assets erfreuen sich wachsender Beliebtheit und werden mittlerweile auch von vielen Währungshütern, Regierungen und Aufsichtsbehörden als ernstzunehmende Anlageklasse betrachtet. Staaten gehen dabei meist zwei Wege. Sie schränken den Handel für Kryptowährungen mit Verboten umfassend ein oder sie regulieren den Markt mit Besteuerung und Auflagen. Interessanterweise findet in dieser Frage bei vielen Regierungen derzeit ein Umdenken statt. Für Russland als auch Indien kam vor Kurzem noch ein generelles Verbot des Krypto-Sektors in Frage. Nun möchten sie den Bereich doch lieber regulieren und für Anleger öffnen. So plant Indien eine vergleichsweise hohe Besteuerung digitaler Assets mit 30 Prozent. Auch China kann sich dem Bann der Blockchain nicht ganz entziehen. Hatte die Volksrepublik erst im letzten Jahr alle Krypto-Aktivitäten untersagt, wird nun im Zuge der Einführung des digitalen Yuan zumindest an der Implementierung neuer Blockchain-Technologien geforscht.
EU will einheitliche Regeln für digitale Assets
Das Hauptaugenmerk der Krypto-Szene liegt derzeit aber auf der Europäischen Union und den USA. Während vor wenigen Jahren ein Großteil der Aktivitäten noch in Asien stattfand, haben sich die beiden Wirtschaftsräume innerhalb kürzester Zeit zu den Krypto-Vorreitern entwickelt. Während die Administration von US-Präsident Joe Biden aber noch über geeignete regulatorische Maßnahmen nachdenkt, ist die EU schon einen Schritt weiter. Unter „Markets in Crypto-Assets“ (MiCA) will sie in diesem Jahr eine einheitliche Verordnung für Krypto-Assets und Kryptodienstleistungen in das EU-Recht integrieren.
Die Gründe liegen auf der Hand: Europas Krypto-Markt wächst rasant. Im letzten Jahr verzeichnete kein anderer Wirtschaftsraum ein so hohes Transaktionsvolumen von Kryptowährungen, zudem siedeln sich immer mehr Unternehmen aus dem Blockchain-Bereich in Europa an. Doch trotz des rasanten Wachstums existiert in der EU noch immer kein einheitlicher Rechtsrahmen für Krypto-Assets. Unternehmen, die auf dem europäischen Markt Fuß fassen wollen, müssen sich zudem mit 27 verschiedenen Rechtsordnungen auseinandersetzen. MiCA will hier Klarheit und einheitliche Regeln schaffen – mit Blick auf die Emission, den Handel und die Verwahrung von Kryptowerten.
USA eröffnen mehrere Regulierungs-Baustellen
Auch in den USA steht das Jahr 2022 im Zeichen der Regulierung. Insbesondere sogenannte Stablecoins will die Biden-Administration genauer prüfen. Stablecoins wie Tether und USD Coin erfüllen eine Schlüsselfunktion im Krypto-Bereich: sie unterliegen kaum Preisschwankungen und sind an den Wert des US-Dollar gekoppelt. Die Dollar-Token können einfach über die Blockchain verschickt, in dezentralen Finanzdienstleistungen gegen andere Krypto-Assets eingetauscht oder als Sicherheit hinterlegt werden. Stablecoins repräsentieren mittlerweile einen Wert von rund 170 Milliarden US-Dollar und sind integraler Bestandteil des alltäglichen Krypto-Tradings. Das US-Finanzministerium will nun prüfen, wieviel Liquidität hinter solchen Coins steckt und mit welchen hinterlegten Sicherheiten der Wert der Dollar-Token garantiert wird. Auch MiCA sieht ein eigenes Regime für Stablecoins vor, die hier als “Electronic Money Token” bezeichnet werden.
Neben dem US-Finanzministerium untersucht derzeit auch die Börsenaufsicht SEC den Markt für digitale Assets. Ein Verbot von Kryptowährungen schließt SEC-Chef Gary Gensler mittlerweile aus. Stattdessen will die Behörde mit neuen Maßnahmen die wachsende Zahl an Krypto-Investoren besser schützen. So sollen in den USA tätige Handelsplätze strengere Auflagen erfüllen. Das sorgt jedoch insbesondere bei Nutzern von Plattformen im Bereich Decentralized Finance (DeFi) für Verwirrung. Denn viele der DeFi-Protokolle sind komplett dezentral. Viele der Handelsplattformen haben keinen zentralen Sitz, eine Registrierung oder Sammlung von Nutzerdaten ist nicht vorgesehen.
Neue Chancen durch Regulierung
Natürlich kann die Regulierung des Krypto-Sektors auch Wirkungen entfalten, die so gar nicht gewollt sind. Werden bestehende Kapitalmarktregelungen 1:1 auf Krypto-Assets übertragen, können die Potenziale der zugrundeliegenden Technologie nicht optimal genutzt werden. Schlimmer noch, sie kommen gar nicht erst zum Einsatz, um Innovationen voranzubringen. Dabei spielt die hohe technische Komplexität eine Rolle, aber möglicherweise auch fehlendes Verständnis bei Entscheidungsträgern.
Dennoch: Mittelfristig können durchdachte Regulierungen dem Markt für Kryptowährungen helfen und Brücken zwischen dem traditionellen und digitalen Kapitalmarkt bauen. Viele Investoren sind an digitalen Assets interessiert, scheuen den Sektor aber noch, weil es an transparenten rechtlichen Rahmenbedingungen mangelt. Hier können Gesetzgeber mit klaren Vorgaben für mehr Vertrauen sorgen.
Autor: Sebastian Warnke, Geschäftsführer der Boerse Stuttgart Digital Exchange GmbH
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