Immer mehr Verbraucher interessieren sich für nachhaltige Finanzdienstleistungen. Und sie sind auch bereit, dafür zu bezahlen.
Was das für Banken im deutschsprachigen Raum bedeutet und wie sie dieses Potenzial nutzen, erklären die Branchenexperten Max Biesenbach und Sonia King von der globalen Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners:
Umweltbewusste Verbraucher sind auch im Finanzsektor immer häufiger anzutreffen – das zeigt die neue Simon-Kucher „Global Sustainability Study“*. Bereits heute betrachtet mehr als jeder dritte Empfänger von Finanzdienstleistungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Nachhaltigkeit als ein entscheidendes Kaufkriterium. Und knapp 20 Prozent würden einen Bankwechsel in Betracht ziehen, sollte sich das Angebot des aktuellen Dienstleisters als nicht nachhaltig erweisen. Bei der Wahl des Finanzdienstleisters spielt das Thema Nachhaltigkeit also eine relevante Rolle.
Höhere Zahlungsbereitschaft für mehr Nachhaltigkeit
Hinzu kommt: Fast 30 Prozent der Verbraucher sind auch bereit, einen Aufpreis für nachhaltige Finanzprodukte zu bezahlen. Das sind zwar weniger als in anderen Branchen (in der Konsumgüterindustrie würden 40 Prozent zu diesem Zweck höhere Preise akzeptieren). Trotzdem besteht hier ein Monetarisierungspotenzial, das Finanzdienstleister nicht vernachlässigen sollten.
Im Durchschnitt sind an Nachhaltigkeit interessierte Bankkunden nämlich bereit, einen Aufschlag von 20 Prozent für nachhaltige Angebote zu zahlen. Mit Blick auf unterschiedliche Altersgruppen akzeptieren – wenig überraschend – jüngere Verbraucher (18 bis 39 Jahre) wesentlich häufiger zusätzliche Kosten für ressourcenschonende Services. Darüber hinaus wären knapp 25 Prozent der Bankkunden in der DACH-Region sogar bereit, für mehr Nachhaltigkeit auch auf einen Teil der jährlichen Rendite zu verzichten.
Finanzdienstleister müssen jetzt handeln: drei Erfolgsfaktoren
Um von diesem Trend zu profitieren, müssen Finanzdienstleister jetzt Maßnahmen ergreifen. Durch unsere Branchenerfahrung konnten wir drei Faktoren definieren, die für eine erfolgreiche Monetarisierung entscheidend sind:
- Gütesiegel für Nachhaltigkeit im Finanzsektor verwenden: Bisher gibt es weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene verpflichtende Regelungen, wann ein Finanzprodukt als nachhaltig bezeichnet und vertrieben werden darf. Ähnlich wie bei den als „BIO“ zertifizierten Lebensmitteln benötigt die Finanzbranche zeitnah ein Gütesiegel, um Vertrauen zu schaffen und dadurch höhere Zahlungsbereitschaft zu generieren. Jedoch: Die von der EU geplante Taxonomie, die Investitionen in Atomstrom und fossiles Gas als nachhaltig zertifiziert, wird den Vorstellungen der wenigsten Konsumenten entsprechen und eher die gegenteilige Wirkung haben. Deshalb sind unter Umständen wieder nationale Regierungen gefragt, eigene, strengere Gütesiegel für Finanzprodukte zu schaffen. Bis dahin sollten Banken freiwillige Standards wie z. B. FNG-Siegel für nachhaltige Investmentfonds oder generelle nationale Gütesiegel, wie zum Beispiel das Österreichische Umweltzeichen, verwenden.
- Glaubhaftigkeit der Initiativen fördern: Viel zu häufig wird das Bestandsangebot um ein nachhaltiges Produkt erweitert, ohne den Kern der Angebotspalette zu verändern. Das nachhaltige Produkt ist nur ein Add-on – das stellt die Glaubwürdigkeit der Finanzdienstleister in Frage. Um das zu verhindern, sollten Anbieter ihr gesamtes Angebotsportfolio so gestalten, dass Kunden die Möglichkeit haben, genau so nachhaltig zu investieren, wie sie es wünschen. Im Idealfall sind diese individuell wählbaren Optionen in einer darauf ausgerichteten digitalen Customer Journey sichtbar. Das lässt jedem Kunden die Freiheit, seinen Investitionsschwerpunkt auf die Themen Environment, Social oder Government (ESG) selbst zu setzen.
- Initiativen sinnvoll priorisieren: Bei der Entscheidung, welche Maßnahmen eine Bank prioritär ergreifen sollte, ist nicht nur die ESG-Konformität wichtig, sondern auch die Deckungsbeitragsrelevanz. Das höchste Zukunftsrisiko liegt bei wenig nachhaltigen Produkten mit hohen Gewinnspannen – hier sollten Banken als allererstes ansetzen. Beispielsweise ist Krypto-Trading bei vielen Onlinebrokern zum starken Deckungsbeitragsbringer geworden – der CO2-Abdruck von so mancher Kryptowährung lässt allerdings durch den hohen Energieaufwand in der Produktion zu wünschen übrig. Diese beiden Elemente zu vereinen, wird für viele Finanzdienstleister entscheidend sein.
Zentral bei allen ergriffenen Maßnahmen ist, dass sie sich positiv auf den Kundennutzen auswirken – sei es direkt durch ein nachhaltiges Produktangebot oder indirekt durch das Gefühl der Kunden, bei einer Bank zu sein, die das Thema ernst nimmt. Nur so entsteht für Konsumenten wie Banken ein „Nachhaltigkeits-Win-win” und für letztere eine profitable Monetarisierungschance.
*Über die Studie: Die „Global Sustainability Study 2021“ wurde im Juli 2021 von Simon-Kucher & Partners durchgeführt und basiert auf Paneldaten von Dynata, einem unabhängigen Marktforschungsinstitut. Im Rahmen der Studie wurden 10.281 Verbraucher in 17 Ländern befragt, 2.046 in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
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