Mit 111 Mrd. Euro Transaktionsvolumen wird 2020 um 36 Prozent übertroffen

 

Der deutsche Investmentmarkt hat 2021 mit dem erwarteten Rekord abgeschlossen: Das Transaktionsvolumen[1] inklusive Living summierte sich auf insgesamt 111 Mrd. Euro – gleichbedeutend einem Plus von 36 Prozent gegenüber 2020. Allein im zweiten Halbjahr wurden Immobilien im Volumen von 77 Mrd. Euro gehandelt, die Quartale Drei und Vier trugen somit zu fast 70 Prozent des Jahresergebnisses bei. Dass nun aber die Prognosen sogar noch übertroffen wurden, kann man nicht mehr nur der Vonovia/Deutsche Wohnen-Fusion zuschreiben. „Es dokumentiert zum einen die Attraktivität des deutschen Marktes quer durch alle Sektoren und zum anderen ist es nach wie vor Ausdruck eines Mangels an renditebringenden Alternativen. Doch auf der anderen Seite steht fest: Alle Themen, die den Markt 2021 begleitet haben, darunter Corona, Lieferengpässe, Inflationsanstieg, Nachhaltigkeit oder die Zukunft der (Büro-)Arbeit bleiben auch 2022 erhalten“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Das größte Fragezeichen ist und bleibt derzeit die Inflation. Im November lag sie laut Statistischem Bundesamt bei 5,2 Prozent und erreichte damit nicht nur ein Jahreshoch, sie lag damit auch so hoch wie zuletzt im Juni 1992. Für das Gesamtjahr 2021 dürfte die Inflationsrate um 3 Prozent gestiegen sein. „Anders als im Dollar-Raum gehe ich aber für Europa von einer kurzfristigen Inflationsphase aus, so dass wir bereits 2022 wieder eine gewisse Entspannung bei den Verbraucherpreisen in Deutschland erleben dürften“, erwartet Jan Eckert, Head of Capital Markets JLL Germany, Austria, Switzerland.

Eine baldige Rückkehr zu Zeiten mit einer Inflation von nahezu Null wird es aber nicht geben. Dazu waren einerseits die Einschnitte der Pandemie für zahlreiche Unternehmen zu gravierend, diese werden versuchen, die Umsatzausfälle zum Teil über höhere Preise wieder auszugleichen und laut ifo-Institut wollen so viele Firmen wie nie in Deutschland ihre Preise erhöhen. Andererseits bleibt die Wirtschaft auf Wachstumskurs, was ebenfalls die Preise treibt. Und schließlich wird die Europäische Zentralbank (EZB) ihre expansive Geld- und Finanzpolitik weiter fortsetzen – wenn auch abgeschwächt. „Angesichts der aktuellen konjunkturellen Lage sowie der Staatsverschuldung ist die EZB aber noch nicht in der Lage, wieder an der Zinsschraube zu drehen“, sagt Eckert.

Der Kapitaldruck der Investoren bleibt derweil auch in den nächsten Jahren hoch und wird sogar weiter steigen. In den kommenden vier Jahren werden deutsche Staatsanleihen im Volumen von insgesamt fast einer Billion Euro auslaufen. Selbst bei einem bis dahin steigenden Zinsniveau wird ein Teil dieses Kapitals in Immobilien re-investiert werden. „Aktuell laufen auch Kapitaleinsammelaktivitäten sehr erfolgreich und mit dem Abflauen der Pandemie wird zusätzliches internationales Kapital auf den deutschen Markt kommen. Hier herrscht derzeitig einiges Aufholpotenzial“, gibt Eckert einen Ausblick auf die Kapitalströme.

Es hatte sich schon im Verlauf des Jahres angedeutet, dass der deutsche Investmentmarkt auf ein rekordverdächtiges Ergebnis zusteuern würde. Neben dem weiterhin manifestierten niedrigen Zinsen ist im zweiten Halbjahr eine Inflationsrate hinzugekommen, die die realen Zinsen tief in den Keller gedrückt hat. Und Immobilien können als Sachanlage einen gewissen Schutz vor dem inflationsbedingten Wertverlust bieten. „Darüber hinaus – und das mag sogar angesichts der Pandemie noch wichtiger sein – fassen Investoren wieder Zuversicht. Dies zeigt sich auch daran, dass neben dem krisenbedingten Core-Fokus auch wieder Value Add-Opportunitäten gesucht werden“, analysiert Helge Scheunemann.

Über fast alle Assetklassen hinweg hat es Transaktionen jenseits der Milliarden-Euro-Grenze gegeben und auch hier finden sich sieben dieser zehn Deals in den Monaten Juli bis Dezember. Größter Abschluss nach drei Wohnungs-Portfolios mit der Vonovia/Deutsche Wohnen-Fusion (23,5 Mrd. Euro) an der Spitze, war das Frankfurter Bürogebäude T1, der für rund 1,4 Mrd. Euro verkauft wurde. Und im letzten Quartal sorgte die Veräußerung von drei Oppenheim/Esch-Fonds in Köln zu einem Preis von 1,1 Mrd. Euro an die RFR für Beachtung.

In Summe übertraf das Volumen der Einzelabschlüsse das des Vorjahres um 20 Prozent. Auf der anderen Seite war die Dynamik in Bezug auf Portfolioverkäufen beachtlich. Hier hat sich aus dem Minus zum dritten Quartal ein Plus von 55 Prozent ergeben, maßgeblich getrieben durch die Vonovia/Deutsche Wohnen-Fusion. In Summe wechselten Portfolios im Volumen von 58,5 Mrd. Euro die Besitzer.

Wohninvestments bauen ihre Dominanz aus

Nicht verwunderlich, dass bei der Betrachtung des Transaktionsvolumens nach Assetklassen, das Segment Living seine Dominanz gegenüber den Vorquartalen nochmals ausgebaut hat. 52,2 Mrd. Euro wurden in Wohnimmobilien, Pflegheime, oder Studentenwohnanlagen investiert. Das sind rund 47 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens. „Die Assetklasse hat ein enormes Wachstum – trotz der politischen Debatten um Mietendeckel und Enteignungen. Vor allem in den Teilprodukten ist sehr viel Dynamik zu erkennen, was sich auch in diesem Jahr fortsetzen wird“, differenziert Eckert.

Büros werden jetzt unter der Qualitätsfrage diskutiert

Es folgen Büroimmobilien mit einem Anteil von fast 25 Prozent (27,5 Mrd. Euro) und einem Plus gegenüber 2020 von immerhin zwölf Prozent. Die Talsohle scheint durchschritten und 2021 lieferte in Summe immerhin das drittbeste Ergebnis der vergangenen zehn Jahre. Immerhin 27 Transaktionen mit jeweils mehr als 200 Mio. Euro stehen in der Bürostatistik mit in Summe 11,8 Mrd. Euro. Im Vergleich dazu waren es 2020 nur 23 Transaktionen mit rund 7,8 Mrd. Euro. Die sich besser als gedacht erholenden Vermietungsmärkte sowie das Vertrauen der Investoren in das Produkt Büro sind die Basis für das Comeback dieser Assetklasse.

„Wir sehen eine eindeutige Entspannung in der Debatte um die Zukunft des Büros. Es ist mittlerweile unstrittig, dass Unternehmen moderne, repräsentative Büros brauchen. Mehr noch:

Mehr denn je ist Qualität gefordert und Büros mit intelligenten Konzepten, welche Mitarbeiter wie auch Kunden begeistern, werden besonders gefragt sein. Das haben Nutzer, aber ebenso Entwickler und Bestandshalter verstanden“, sagt Eckert.

Zugleich stehen Investoren besonders bei Büroimmobilien vor neuen Herausforderungen: Künftig werden die Themen ESG und Nachhaltigkeit den Büromarkt prägen und es wird nicht mehr um einen grünen Preisaufschlag gehen, sondern einen Preisabschlag für nicht-nachhaltige Immobilien. Investoren werden versuchen, ihre Bestände zu bereinigen – also Immobilien, die nicht der Taxonomie entsprechen, zu verkaufen. Solche Objekte sollten dann eigentlich mit einem Preisdiscount gehandelt werden. Auch bleibt abzuwarten, wer die nicht-taxonomiekonformen Immobilien kaufen wird, wenn doch eigentlich alle nach nachhaltigen Immobilien suchen. „Hinzu kommt, dass auch die Finanzierung für solche ,brown assets‘ künftig schwieriger werden wird und wir erwarten, dass Banken als Finanzierungsgrundlage einen klaren Plan einfordern, der den Weg zu einem nachhaltigen Gebäude aufzeigt“, so Scheunemann. Doch allein auf ESG zu schauen reicht nicht: „Ein unattraktives Objekt, das ESG-konform ist, ist immer noch ein unattraktives Objekt. Man muss die Immobilie also insgesamt modern und ansprechend denken – und ESG ist dann ein wichtiger Teil davon“, gibt Eckert zu bedenken.

Logistik hat noch viel Wachstumspotenzial auf Lager

Im Schatten der beiden dominierenden Assetklassen haben sich Logistikimmobilien weiter dynamisch entwickelt. Mit insgesamt 10,2 Mrd. Euro (Anteil von 9,3 Prozent) floss so viel Kapital in Distributions-, Produktions- und Lagerhallen wie noch nie. Neben weiteren Nachfrageschüben aus den Bereichen E-Commerce, Gesundheitswesen und Life Science erwartet JLL, dass im Zuge einer Optimierung der zumeist globalen Lieferketten auch die Produktion wieder näher an Deutschland als Absatzmarkt heranrücken wird. Ob das dann auch in Deutschland selbst stattfinden wird, bleibt noch abzuwarten, aber gerade die global vernetzten Industrieunternehmen werden sich angesichts der jüngsten Produktionsausfälle strategische Puffer aufbauen, um vorübergehende Lieferkettenunterbrechungen besser zu überstehen. „In dem Segment steckt noch sehr viel Wachstumspotenzial. Viele institutionelle Investoren arbeiten sich gerade erst an diese Assetklasse heran. Speziell im Bereich Sale & Lease Back wird sich noch viel tun“, prognostiziert Jan Eckert.

Einzelhandelsmarkt lebt vom Erfolg der Fachmarktprodukte

In einzelhandelsgenutzte Immobilien flossen insgesamt nur 8,5 Mrd. Euro, was einem Anteil von acht Prozent am Gesamtvolumen entspricht. Positiv stimmt der Trend, denn 64 Prozent des Volumens wurden im zweiten Halbjahr erzielt. Dies lässt darauf hoffen, dass eine gewisse Erholungstendenz eingesetzt hat. „Dennoch bleibt die Lage für diesen Sektor insgesamt herausfordernd, ausländische Käufer halten sich nach wie vor zurück und mit 6 Mrd. Euro flossen über 70 Prozent des investierten Kapitals in Fachmärkte, Supermärkte und Discounter sowie überwiegend lebensmittelgeankerte Fachmarktzentren“, meint Eckert. Dieser Trend wird wohl auch solange noch anhalten, solange Shopping-Center, Warenhäuser und innerstädtische Geschäftshäuser unter pandemiebedingten Einschränkungen leiden.

Der großvolumige Wohnmarkt macht Berlin zum Maß der Dinge

Mit einem Volumen von 70,7 Mrd. Euro entfallen 64 Prozent des Transaktionsvolumens auf die Big 7. Das entspricht einem Wachstum von 75 Prozent gegenüber 2020. Der Blick auf die Einzeltransaktionen offenbart denn auch, dass sich mit dem Verkauf eines Bürogebäudes in Wiesbaden für 270 Mio. Euro ein Deal außerhalb der Big 7 erst auf Platz 18 findet. Seine Dominanz als nationale und internationale Investment-Destination hat Berlin deutlich ausgebaut. Über 37 Mrd. Euro flossen in Immobilien der deutschen Hauptstadt, eine Verdreifachung gegenüber 2020. Und auch ohne den Einmaleffekt der Vonovia/Deutsche Wohnen Transaktionen läge das Ergebnis immer noch deutlich über dem Vorjahr. Zwar fokussieren sich vor allem wohnungsmarktorientierte Investoren auf Berlin, doch gab es daneben auch eine Reihe an großvolumigen Transaktionen anderer Assetklassen. Neben Berlin verblassen die übrigen sechs Hochburgen in der Statistik, dennoch sollte erwähnt werden, dass auch in Köln das Transaktionsvolumen um 160 Prozent auf 4,5 Mrd. Euro angestiegen ist und auch Stuttgart, München und Frankfurt mit einem Plus im Jahresergebnis abgeschnitten haben. Lediglich in Hamburg und Düsseldorf konnte das Jahr 2021 nicht an das Vorjahr 2020 heranreichen. Während das Transaktionsvolumen in der Hansestadt mit 6,2 Mrd. Euro nur moderat um 9 Prozent nachgab, reichte es in Düsseldorf nur für 2,9 Mrd. Euro, was einem Rückgang von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Spitzenrenditen sinken weiter moderat

Trotz der nach wie vor vorhandenen Risiken in Bezug auf die globale politische und wirtschaftliche Entwicklung, sinken die Renditen für die meisten Assetklassen auch zum Ende des Jahres 2021 weiter. Der größte Rückgang ist bei Fachmarktzentren mit einem Lebensmittelanker zu beobachten. Hier sanken die Renditen im letzten Quartal 2021 um weitere 25 Basispunkte auf nun 3,50 Prozent. Diese nochmalige Verteuerung dieser Immobilien bestätigt sich in mehreren laufenden Verkaufsprozessen und dürfte daher auch im neuen Jahr zu einem weiteren Druck auf die Anfangsrenditen führen. Auch für Supermärkte müssen Investoren nach wie vor tief in die Tasche greifen, auch hier liegen die Renditen mit 3,85 Prozent unter der Vier-Prozent-Marke. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen haben sich die Spitzenrenditen für innerstädtische Geschäftshäuser über das Jahr hinweg im Mittel über die sieben Hochburgen stabil bei 2,91 Prozent gehalten. Gleichwohl führt die Zurückhaltung bei den Käufern zu wenig Evidenz und wir bemerken, dass z.B. mehrgeschossige Handelsimmobilen, egal wie gut ihre Lage ist, keine Top-Renditen mehr erzielen.

Neben den lebensmittelspezifischen Immobilien gehörten Logistikimmobilien zu den Wertgewinnern des vergangenen Jahres. Insgesamt sanken die Renditen um 35 Basispunkte seit Ende 2020 auf aktuell 3,03 Prozent. Angesichts des Kapitals, das in diese Assetklasse geflossen ist, verwundert dieser Preisanstieg nicht. Da wir von einer Fortsetzung dieser dynamischen Entwicklung ausgehen, sehen wir unsere Prognose für 2022 bei Werten unter drei Prozent.

Das teuerste Investmentprodukt im Markt ist aber nach wie vor die Top-Büroimmobilie. Die durchschnittliche Rendite sank auch hier im Jahresverlauf um 17 Basispunkte und liegt nun bei 2,64 Prozent über alle Big 7 hinweg. Angesichts der Diskussionen rund um die Zukunft der Arbeit und damit um die Zukunft von Büros mag diese Entwicklung überraschen. Doch es hat sich nach einer anfänglichen Katerstimmung die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Büro seinen Platz als zentraler Ort der Arbeit behalten wird, steigende Neuvermietungszahlen belegen diesen Trend. Und noch entscheidender und unabhängig davon, ob Flächen reduziert oder erweitert werden: angesichts der neuen Taxonomie-Verordnungen und dem stärkeren Fokus auf umfassende Sanierungen von Bestandsgebäuden erwarten wir auf Basis von sich verteuernden Bau- und qualitativen Investitionskosten steigende Mieten und damit steigende Vervielfältiger oder andersherum, die Netto-Anfangsrenditen sollten 2022 um weitere zehn Basispunkte sinken.

Mietperspektiven rechtfertigen weiter sinkende Renditen

„Auch wenn der Kapitaldruck, der Wettbewerb und damit die Preise für Topprodukte weiter steigen werden, gibt es keine Anzeichen für eine Blasenbildung. Insbesondere bei Büro und Logistik mangelt es an Produkt, was den Druck auf die Mieten konstant hochhält. Das also steigende Mieten realistisch sind, sind auch niedrigere Renditen gerechtfertigt. Das wird sich erst wieder ändern, wenn die Produkt-Pipeline nachgezogen hat“, analysiert Jan Eckert.

[1] Das Transaktionsvolumen umfasst Büro-, Einzelhandels-, Logistik – und Industrieimmobilien, Hotels, Grundstücke, Spezialimmobilien, gemischt genutzte Immobilien sowie die Asset-Klasse Living mit Mehrfamilienhäusern und Wohnportfolios ab 10 Wohneinheiten und 75 Prozent Wohnnutzung, Verkauf von Unternehmensanteilen (ohne Börsengänge), Appartementhäuser, Studentenwohnen, Senioren-/Pflegeimmobilien und Kliniken

 

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