J.P. Morgan Asset Management: Nach V-förmiger Erholung folgt nun die mittlere Zyklusphase – es geht weiter aufwärts, aber der Weg wird steiniger
Hohe Inflationsraten, zunehmende Angebotsengpässe und eine nach wie vor nicht ausgestandene Pandemie: Die Wirtschaft weltweit gerät in zunehmend schwieriges Fahrwasser. Nach Ansicht von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt, zeigt ein differenzierter Blick auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, dass sich das Momentum für Wirtschaft und Kapitalmarkt allmählich verändert. Auf der anderen Seite stellt der Marktexperte bei der Vorstellung des Guide to the Markets für das 4. Quartal 2021 fest, dass Industrie und Verbraucher noch in einer guten Ausgangslage seien. Insgesamt betrachtet könne man sehen, dass die V-förmige Erholung nun in einen Mittzyklus übergehe. Die defensive Stärkung des Portfolios verbunden mit einer größeren Diversifizierung über verschiedene Anlageklassen hinweg sei nun allerdings besonders wichtig.
Gute Verbraucherstimmung, investierfreudige Unternehmen – doch strukturelle Risiken
Die Verbraucher stellen nach Ansicht von Tilmann Galler die wichtigste Komponente der Wirtschaft dar – und hier zeige sich nach wie vor eine gute Stimmung. Verbraucher weltweit verfügten dank staatlicher Transfers und Konsumverzicht in den Lockdowns immer noch über erhebliche Überschussersparnisse. In vielen Bereichen habe sich nun eine große Nachfrage aufgestaut. Gleichzeitig zeigten sich viele Unternehmen sehr investierfreudig. Dies beflügele das weitere Wirtschaftswachstum. Auf der anderen Seite kämen jedoch strukturelle Risiken hinzu. Denn verbunden mit der Investierfreude der Unternehmen und den Lockerungsmaßnahmen steige der Bedarf an Arbeitskräften. Die Zahl der freien Stellen habe mittlerweile stark zugenommen, doch der Arbeitskräftemangel mache sich nun negativ bemerkbar und könnte das Wachstum bremsen.
Auch deuten aktuelle Zahlen etwa von Einkaufsmanagerindizes darauf hin, dass sich gerade im Dienstleistungssektor die Erholung verzögert. „Das zuletzt positive Sentiment beginnt sich abzukühlen“, erklärt Ökonom Galler. Eine wesentliche Rolle dabei spielt nach Einschätzung von Tilmann Galler die – trotz aller Impffortschritte – sich wieder verschlechternde Infektionslage in der Pandemie.
Inflation: gekommen, um zu bleiben?
Die starke Nachfrage nach Gütern verbunden mit Angebots- und Lieferengpässen, aber auch die Bereitschaft von Unternehmen, höhere Löhne als Anreiz für Mitarbeiter zu bezahlen, hat die Inflationsraten weltweit in die Höhe getrieben.
Als Beispiel nennt Galler die Automobilbranche: „Beim Autokauf waren früher hohe Rabatte gang und gäbe. Dies hat sich stark verändert. Aufgrund der großen Nachfrage sehen Autohändler nicht die Notwendigkeit, auf Rabattforderungen der Kunden wie im früheren Umfang einzugehen“, sagt Galler. Erst im zweiten Halbjahr 2022 könnte sich die Situation im Automobilbereich wieder entspannen, weil bis dahin die Liefermengen wieder deutlich höher liegen könnten.
Die Strategie der Notenbanken jedoch heißt einstweilen: Abwarten. Einzig die Bank of England dürfte nach Einschätzung von Tilmann Galler aufgrund strukturell erhöhter Inflationsrisiken schon kurzfristiger Handlungsbedarf sehen und an der Zinsschraube nach oben drehen. Weder bei der EZB noch bei der US-Notenbank Fed sieht Galler bislang Ambitionen, Zinsen zu erhöhen. Dabei spiele auch ein politischer Aspekt eine Rolle: „Im November 2022 stehen in den USA die Kongresswahlen an. Die Fed dürfte nicht gewillt sein, sich mit einer Zinserhöhung vor Ende 2022 politisch instrumentalisieren zu lassen. Wir rechnen daher erst Anfang 2023 mit einem Zinsschritt. Daneben dürfte die Reduzierung von Liquidität aber weiter auf der Agenda bleiben“, erklärt der Kapitalmarktexperte.
Aktienmarkt: Druck auf Margen nimmt zu – Valuewerte attraktiver
Für Unternehmen könnte aus Sicht von Tilmann Galler das Thema Inflation durchaus noch weitere Konsequenzen mit sich bringen. „Grundsätzlich ist Inflation für Unternehmen nichts Negatives. Allerdings wird es bei höheren Inflationsraten zunehmend wichtig, dass Unternehmen Preissteigerungen, die sie selbst unmittelbar betreffen, auch an Abnehmer weitergeben können. Aktuell zeigt sich, dass Kunden allerdings durchaus preissensibel sind und nicht jede Steigerung, etwa beim Auto- oder Hauskauf, mitmachen“, sagt Galler. Durch die Notwendigkeit, höhere Löhne zu bezahlen, um vorhandene Arbeitskräfte zu binden oder neue zu gewinnen, komme weiterer Preisdruck hinzu. „Wir rechnen für das nächste Jahr immer noch mit einem globalen Wirtschaftswachstum von ca. 4 Prozent. Doch die Kostenseite tritt bei Unternehmen stärker zutage, wodurch das Gewinnmomentum bei vielen Unternehmen nachlassen dürfte“, ergänzt der Experte.
Die Bewertungen – bemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) – seien jedoch insgesamt nicht als exzessiv zu bezeichnen. Einzig bei den großkapitalisierten US-Wachstumsunternehmen sei eine gewisse Übertreibung in Form von erheblichen Bewertungsprämien zu erkennen. „Angesichts des aktuellen Zinsumfelds bieten Aktien weiterhin stabiles Renditepotenzial. Vor allem Werte aus dem Value-Sektor dürften künftig gute Dividenden liefern“, sagt Tilmann Galler.
Generell werde der Schutz in rauen Zeiten wichtiger: Die Volatilität dürfte zukünftig zunehmen und die Wachstumsraten nehmen ab. „Um die defensive Seite im Portfolio zu stärken, halten wir etwa Anleihen in China und anderen asiatischen Ländern aus dem Investment-Grade-Segment für geeignet, zumal diese nicht nur rund 3 Prozent rentieren, sondern bisher auch eine niedrige Korrelation mit dem Aktienmarkt aufweisen. Die gute Ertragslage der Unternehmen favorisiert weiterhin High-Yield Die relativ kurzen Laufzeiten von Hochzinsanleihen und die hohen Zinszahlungen sollten im aktuellen Umfeld besser vor steigenden Zinsen schützen“, so Ökonom Galler. Auch Wandelanleihen seien attraktiv, ebenso alternative Anlagen wie Makrostrategien, die weniger abhängig von der Marktentwicklung sind.
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