Marktkommentar der Boerse Stuttgart Digital Exchange GmbH
Am 7. September war Bitcoin-Day: In El Salvador wurde die wohl bekannteste Kryptowährung zum zweiten offiziellen Zahlungsmittel neben dem US-Dollar. Der mittelamerikanische Staat wagte als erste Nation weltweit diesen Schritt. Ein Meilenstein sollte es für die Krypto-Community werden. Doch die Märkte waren nicht überzeugt, der Tag endete mit einem veritablen Absturz des Bitcoins und zahlreicher anderer digitaler Assets. So sank die Marktkapitalisierung aller Krypto-Werte in der Spitze um 400 Milliarden Dollar. Warum das geschah und weshalb sich an den langfristig positiven Aussichten bei Krypto-Assets dennoch nichts ändert.
Staatlicher Gegenwind dämpft Krypto-Optimismus
Kaum hatte El Salvadors Staatspräsident Nayib Bukele den Startschuss für Bitcoin als zweite offizielle Landeswährung gegeben, rauschte der Bitcoin in die Tiefe und riss zahlreiche andere Werte wie Ethereum, Litecoin oder Cardano mit sich. Die älteste Kryptowährung gab innerhalb kürzester Zeit im zweistelligen Prozentbereich von 55.000 auf zwischenzeitlich 43.000 US-Dollar nach. Im Grunde kam der Einbruch wenig überraschend. Einerseits trennten sich zahlreiche Großanleger nach dem Börsenmotto „Buy the rumour, sell the news“ von ihren Bitcoin-Beständen. Andererseits wurde spekuliert, dass auch staatliche Stellen und Notenbanken sowie Hedgefonds, die sich Liquidität beschaffen wollten, ihren Beitrag zum Kurssturz geleistet haben könnten.
Abseits solcher Mutmaßungen scheint sicher: Krypto-Assets sind vielen staatlichen Institutionen durchaus ein Dorn im Auge. Durch ihre dezentrale Struktur und die daraus resultierende fehlende Möglichkeit der Kontrolle bedrohen Kryptowährungen und insbesondere Stable Coins als digitaler Dollar- oder Euro-Ersatz aus Sicht der Staaten die etablierten Währungs- und Zahlungssysteme. Wenig verwunderlich, dass Institutionen wie die Weltbank oder der IWF, Regierungen und Notenbanken das Experiment El Salvadors argwöhnisch betrachten und – in seltener Einmütigkeit von China über Europa bis in die USA – als unerwünscht einstufen.
El Salvador als Vorbild für Nachahmer?
El Salvdors Präsident Bukele verfolgt mit seinem Schritt ein hehres Ziel: Mehr Bürger des mittelamerikanischen Staates sollen Zugang zum Finanzsektor erhalten. Denn: Bislang haben rund zwei Drittel der rund 6,5 Millionen Einwohner kein Bankkonto. Bukele erhofft sich vom Bitcoin allerdings noch mehr: Die Kryptowährung soll Investitionen ins Land holen, Arbeitsplätze schaffen und die Transaktionsgebühren von Auslandsüberweisungen nach El Salvador senken. So ganz durchgedrungen scheinen diese Hoffnungen bei den Salvadorianern jedoch noch nicht – das zeigen die Proteste gegen die Einführung der Kryptowährung. Dennoch wird das Experiment weltweit genau beobachtet – vor allem von finanzschwächeren Nationen wie Kuba, Panama, Simbabwe oder der Ukraine. Ob diese oder andere Staaten Bitcoin ebenfalls als offizielles Zahlungsmittel einführen wollen, scheint derzeit eher fraglich. Denn die Einführung dürfte lang und beschwerlich sein.
Bitcoin – Freiheit versus Regulierung
Auch wenn der Bitcoin-Day am 7. September nur von – bislang – bescheidenem Erfolg gekrönt war, so wird doch deutlich, dass Kryptowährungen trotz aller Widerstände in der Finanzwelt angekommen sind. Digitale Assets wie Bitcoin, Ethereum, Tether oder Ripple versprechen die Schaffung globaler Währungen und eine Befreiung vom Staat und seinen regulierenden Institutionen – von möglichen Kursgewinnen einmal ganz abgesehen. Dem stehen jedoch die hohe Volatilität und die absehbaren Regulierungen gegenüber. Investitionen in Krypto-Assets setzen daher bei Anlegern in erster Linie starke Nerven, ein klares Risikomanagement und eine genaue Kenntnis der Krypto-Welt voraus.
Kryptowährungen und Blockchain-Technologie verändern die Finanzwelt
Stark schwankende Kurse oder skeptische Währungshüter können allem Anschein nach nicht verhindern, dass sich Krypto-Assets bereits als neue Anlageklasse etabliert haben. Vor allem die hinter Krypto-Assets stehende Blockchain-Technologie hat das Potenzial, die Finanzwelt nachhaltig zu verändern. Vor diesem Hintergrund dürfte das finanzielle Experiment El Salvadors weiterhin hohe Aufmerksamkeit genießen und ein Lackmustest für die Krypto-Anlageklasse sein. Gelingt das Bitcoin-Projekt El Salvadors allen Widerständen zum Trotz, dürfte es Nachahmer geben, die dem Beispiel des mittelamerikanischen Kleinstaates folgen – ein Domino-Effekt mit weitreichenden Folgen für die Finanzwelt.
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