Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem von Wirth-Rechtsanwälte erstrittenen Urteil vom 14.07.2021 zum Geschäftszeichen IV ZR 153/20 entschieden, dass der Versicherungsfall in einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit Ablauf des sogenannten Sechsmonatszeitraums eintritt.

 

Das gilt gemäß dem BGH dann, wenn die Versicherungsbedingungen nicht bestimmen, dass auch bei einer rückschauenden Betrachtung der Versicherungsfall ab dem ersten Tag des Sechsmonatszeitraums vorliegt. In dem vom BGH entschiedenen Sachverhalt hatte der Kläger mit seiner Berufsunfähigkeitsversicherung eine Nachversicherungsgarantie vereinbart, nach welcher der Versicherungsumfang ohne erneute medizinische Risikoprüfung erhöht werden konnte. Er erlitt am 29.07.2016 einen Arbeitsunfall und ist seitdem nicht mehr arbeitsfähig. Am 11.10.2016 verlangte er die Erhöhung des Versicherungsschutzes um 100 %. Diese Erhöhung bestätigte ihm die Versicherung mit einem Nachtrag vom 18.10.2016 mit Wirkung zum 01.11.2016.

Zum Versicherungsfall „Berufsunfähigkeit“ hatten die Parteien unter anderem Folgendes vereinbart:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung, … 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben.“

Der Kläger meldete im Dezember 2016 Leistungsansprüche an, die von der Berufsunfähigkeitsversicherung im September 2017 anerkannt wurden. Allerdings zahlte die Versicherung nur die am 29.7.2016 vereinbarte Rente von nur 500 EUR monatlich und nicht die im Nachtrag vom 18.10.2016 vereinbarte höhere Rente von 1.000 EUR monatlich. Dagegen wendete sich der Kläger mithilfe der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte und bekam schließlich vor dem BGH Recht.

Der BGH führte zunächst aus, dass in der oben zitierten Klausel zwei Alternativen eines Versicherungsfalls geregelt sind. Die erste Alternative („sechs Monate ununterbrochen außerstande war“) erfordert eine rückschauende Betrachtung, die erst nach Ablauf dieses dort genannten Sechsmonatszeitraums möglich ist. Die zweite Alternative („voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist“) ist hingegen in die Zukunft gerichtet. Laut dem BGH ergibt eine Auslegung der ersten Alternative, dass der Versicherungsfall erst mit Ablauf der sechs Monate eingetreten ist. Dies ergibt sich unter anderem aus der Formulierung: „Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person …“ und auch daraus, dass in den Bedingungen keine Rückwirkung des Versicherungsfalls auf den Anfang des Sechsmonatszeitraum vereinbart war.

Für den Kläger bedeutet diese Klarstellung des BGH, dass ihm aller Voraussicht nicht nur 500 EUR monatlich, sondern 1.000 EUR monatlich als Berufsunfähigkeitsrente zustehen. Die in der ersten Alternative vereinbarten sechs Monate waren gerechnet vom 29.07.2016 erst im Januar 2017 vollendet und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die höhere Rente vereinbart war.

„Wir freuen uns zunächst, dass wir den Fall für unseren Mandanten nun doch vor dem BGH zu seinen Gunsten drehen konnten, nachdem das Landgericht Berlin und das Kammergericht die Klage abgewiesen hatten. Ebenso zeigt dieser Fall, wie wichtig es sein kann, durch versierte Fachanwälte vertreten zu werden, die auch den Weg zum BGH nicht scheuen“, so Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing, Partner der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte.

Über Wirth-Rechtsanwälte: Seit 1998 vertrauen anspruchsvolle Mandanten in Rechtsfragen auf die Kompetenz der bundesweit tätigen Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. Die in der Kanzlei tätigen Anwälte haben sich insbesondere auf das Versicherungs-, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie gewerblichen Rechtschutz und Datenschutz spezialisiert.

 

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