Seit rund 15 Monaten hat die Corona-Pandemie alle gesellschaftlichen Bereiche fest im Griff.

 

Viele Dinge müssen plötzlich neu bewertet werden, das Verhalten der Menschen musste sich teilweise dramatisch ändern. Auch das Immobilienrecht macht da keine Ausnahme, wie diese Extra-Ausgabe des Infodienstes Recht und Steuern der LBS am Beispiel von aktuellen Urteilen zeigt. Selbst so alltägliche Ereignisse wie der Besuch des Kaminkehrers können da plötzlich zum Problem werden.

Bei all diesen Urteilen ist zu bedenken, dass sich die Corona-Rechtsprechung immer noch laufend fortentwickelt. In zahlreichen Fallkonstellationen fehlen noch höchstrichterliche Entscheidungen.

Besonders stark betroffen von der Pandemie sind die Eigentümerversammlungen, denn dabei kommt häufig zwangsläufig eine größere Zahl von Menschen zusammen. Aber trotz aller Vorsichtsmaßnahmen darf eines nicht geschehen, wie das Amtsgericht Kassel (Aktenzeichen 800 C 2563/20) entschied: dass die Teilnehmerzahl im Vorfeld auf weniger Personen als die Mitglieder und den Verwalter beschränkt wird. Alle Eigentümer müssen ohne Beschränkungen eingeladen werden. Geht eine Verwaltung nicht so vor, dann sind alle in der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig.

Eine der Grundregeln der Pandemiebekämpfung lautet bekanntermaßen, dass sich nicht zu viele Menschen in einem geschlossenen Raum aufhalten sollen. Das steht in einem gewissen Widerspruch zum Prinzip der Eigentümerversammlungen, an denen alle Mitglieder teilnehmen können. Deren Zahl darf nie eingeschränkt werden, wie im vorigen Urteil erwähnt wurde. Allerdings ist es dem Verwalter nach Ansicht des Landgerichts Frankfurt/Main (Aktenzeichen 2-13 S 108/20) gestattet, unter den Eigentümern Vertretungslösungen zu bewerben, um im gegenseitigen Einvernehmen die Personenzahl zu beschränken.

Der gewählte Versammlungsraum muss mindestens für die Teilnehmerzahl geeignet sein, die erfahrungsgemäß zu erwarten ist. Ein Verwalter hatte einen 100 Quadratmeter großen Saal ausgewählt, für den nach der geltenden Covid-19-Verordnung nur maximal sieben Personen zugelassen worden waren. In den zurückliegenden drei Jahren waren aber immer mindestens 19 Personen zugegen gewesen. Das Amtsgericht Dortmund (Aktenzeichen 514 C 88/20) betrachtete diese Ortswahl als einen Ermessensfehler. Selbst dann, wenn tatsächlich nur sieben Teilnehmer erschienen wären, hätten die Beschlüsse auf Anfechtung wegen des schon zum Zeitpunkt der Einladung ungeeigneten Raums für ungültig erklärt werden können.

Wenn das gesamte öffentliche Leben zum Erliegen gekommen ist, weil es ein pandemiebedingtes behördliches Versammlungsverbot gibt, dann sollten keine Eigentümerversammlungen mehr stattfinden und solche nicht einmal für diesen Zeitraum anberaumt werden. Denn durch eine solche Fehlentscheidung können auch Kosten (Saalmiete, Porto) entstehen. So urteilte das Amtsgericht München (Aktenzeichen 1291 C 2946/21) und stellte fest, dass es einen Anspruch auf Absage der Eigentümerversammlung gebe, wenn diese trotz pandemiebedingten Versammlungsverbots durchgeführt werden soll. Zudem sei die Formulierung der Einladung (“sollten nicht mehr als 2-5 Teilnehmer dabei sein” – was weniger als die Hälfte der Eigentümer darstellte) geeignet gewesen, “einen psychischen Zwang bei den einzelnen Wohnungseigentümern auszulösen, der sie von der Wahrnehmung ihrer Kernrechte abhält”.

Manche Menschen wollen in diesen Zeiten am liebsten niemanden in ihre Wohnung bzw. in ihr Haus einlassen, um sich keinem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen. Doch diese Vorsichtsmaßnahmen haben ihre Grenzen. So wies das Verwaltungsgericht Hannover (Aktenzeichen 13 A 4340/20) darauf hin, dass Schornsteinfegerarbeiten aus Gründen des Brandschutzes unverzichtbar sind und die Vertreter dieses Handwerks Zugang erhalten müssen.

Nahezu alle Fitnessstudios sind seit Monaten für ihre Mitglieder nicht mehr zugänglich. Die Behörden betrachten das Infektionsrisiko als zu hoch. Eine Lösung kann allerdings nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Hannover (Aktenzeichen 15 B 343/21) möglich sein und das ist die stundenweise Untervermietung der Räumlichkeiten an Einzelpersonen oder einen Haushalt. Hier handle es sich gar nicht mehr um ein Fitnessstudio im klassischen Sinne, stellten die Richter fest.

 

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