Sehr geehrte Damen und Herren,
die insgesamt gewaltige Beachtung unserer aktuellen Erhebung zu den „Auswirkungen von COVID-19 auf die Antrags- und Leistungsprozesse der Berufsunfähigkeitsversicherung“ hat uns gefreut, da Sie den von uns seit vielen Jahren eingeschlagenen Weg für mehr Verbindlichkeit, Verständlichkeit und Transparenz in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung bestätigt.
Allerdings zeigt die Reaktion des Vereins „Zukunft für Finanzberatung e.V.“ in der „Öffentlichen Stellungnahme“ eine „Klarstellung zu Falschaussagen über das Absicherungsniveau von Berufsunfähigkeitsversicherungen – Aktuelle Studie von Premium Circle zieht nach Auffassung des ZfF e.V. augenscheinlich populistische Schlüsse aus unzureichender Datenlage“
auch, dass offenbar breitflächiger Informations- und Qualifizierungsbedarf auf Ebene einiger Vermittler besteht.
Denn: die vorgenannte Reaktion erfolgte, obwohl die dort mitunterzeichneten Vermittler und Versicherer die detaillierten Inhalte der Studie gar nicht gekannt haben. Sie erfolgte ausschließlich aufgrund einer Veröffentlichung in der Welt am Sonntag vom 02.05.2021.
Es ist überraschend, dass gerade ein Verein, der sich als kommunikatives Sprachrohr aller beratenden Berufe in der Finanz- und Versicherungswirtschaft sieht, die mangelnde Bereitschaft eines Großteils der Versicherer zur Transparenz, undifferenziert unterstützt.
Nachfolgend erhalten Sie die Stellungnahme der PremiumCircle Deutschland GmbH.
Nach den Auseinandersetzungen um die Betriebsschließungsversicherung und dem zähen juristischen Kampf darum, ob die Auswirkungen der Pandemie vom Versicherungsschutz gedeckt seien oder nicht, war unser zentrales Anliegen der diesjährigen Erhebung im Rahmen unserer Qualitäts- und Transparenzinitiative zur Berufsunfähigkeitsversicherung, für Vermittler und Versicherte einen ersten Überblick darüber zu schaffen, wie die Versicherer im Antrags- und Leistungsprozess in der Blackbox BU mit COVID 19 umgehen.
Der Umstand, dass generell immer weniger BU-Versicherer an Studien teilnehmen lässt den Schluss zu, dass ein Großteil der Branche scheinbar lieber durch Verschwiegenheit auf die Sicherung der oft einseitig steuerbaren Geschäftsmodelle setzt, als darauf, mit verständlichen und verbindlichen Produkten die Attraktivität für Versicherte zu erhöhen. Denn: keine Antwort ist eben auch eine Antwort.
Gerade der Antrag der Bundestagsfraktion „Die Linke“ Drucksache 19/28905 unter Bezug auf unsere QTI 2018 vom 21.04.2021 zur Stärkung der Verbraucherrechte zeigt ja erneut, dass unsere Studien von der Politik aufgegriffen werden. Verschwiegenheit zahlt sich dauerhaft eher nicht aus.
Die meisten Versicherer begreifen unsere Arbeit für die Versicherten und Vermittler leider immer noch nicht als Chance zum Reputationsgewinn und somit auch zur Umsatzsteigerung. Verständliche, verbindliche und weitgehend interpretationsfreie Produkte werden sicher eher gekauft, als eine Blackbox, deren Inhalt weitgehend nebulös ist. Die will wirklich niemand.
Mit freundlichen Grüßen
Claus-Dieter Gorr
Geschäftsführender Gesellschafter
PremiumCircle Deutschland GmbH
Kaiserstraße 177, 61169 Friedberg
Postfach 10 07 64, 61147 Friedberg
Tel: 06031-16959-11, Fax: 06031-16959-30
Internet: www.premiumcircle.de und www.premiumsoftware.de
E-Mail: claus-dieter.gorr@premiumcircle.de
Stellungnahme zur Kritik an dem Artikel in der „Welt am Sonntag“ vom 2. Mai 2021
(Titel: Berufsunfähig durch Corona – und später altersarm?)
Am 2. Mai 2021 hat die „Welt am Sonntag“ sowohl in beiden Printausgaben als auch in der Onlineausgabe einen Artikel veröffentlicht, in dem versucht wird, das Ergebnis unserer 78-seitigen Studie „Auswirkungen von COVID-19 auf die Antrags- und Leistungsprozesse der Berufsunfähigkeitsversicherung“ zu der Fragestellung, ob die Auswirkungen der Corona-Pandemie durch den BU-Versicherungsschutz abgedeckt sind oder nicht, redaktionell wiederzugeben. Der Artikel in der „Welt am Sonntag“ wurde im Zuge der journalistischen Freiheit und Unabhängigkeit verfasst. Der „Welt am Sonntag“ lag unsere komplette Studie zur Vorbereitung des Artikels vor.
Um eine Wiederholung der Diskussionen und gerichtlichen Auseinandersetzungen wie kürzlich in der Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie möglichst auszuschließen, ist das Ziel unserer Studie für die Branche einen ersten Überblick darüber zu schaffen, wie die Anbieter von Berufsunfähigkeitsversicherungen im Antrags- und Leistungsprozess mit den Folgen der Corona-Pandemie umgehen.
Die derzeitige Klagewelle im Zusammenhang mit den Betriebsschließungsversicherungen führt den Vermittlern klar vor Augen, dass Versicherer „im Ernstfall“ teilweise „versuchen“, Schlupflöcher in ihren eigenen Bedingungen zu finden, um eine Leistung zu vermeiden. Eine klare einheitliche Linie unter den Gerichten ist derzeit nicht auszumachen. Eine zweite Klagewelle könnte dann folgen, wenn der versicherte Betrieb nach Ablehnung des Leistungsfalls durch den Versicherer seinen Vermittler wegen möglicher Falschberatung in Regress zu nehmen versucht.
Uns wurde nunmehr eine öffentliche Stellungnahme mit folgendem Titel zugesandt: „Klarstellung zu Falschaussagen über das Absicherungsniveau von Berufsunfähigkeitsversicherungen – Aktuelle Studie von PremiumCircle zieht nach Auffassung des ZfF e.V. augenscheinlich populistische Schlüsse aus unzureichender Datenlage“. Diese Stellungnahme wurde nach unserer Kenntnis breitflächig an Versicherer und Vertriebe verschickt. Sie stammt von dem Verein „Zukunft für Finanzberatung e.V.“, der sich selbst als „Interessenvertreter der Branche“ bezeichnet. In dieser inhaltlich nicht fundierten Stellungnahme wird pauschal behauptet, dass PremiumCircle Deutschland mit „Falschaussagen“ „augenscheinlich populistische Schlüsse aus unzureichender Datenlage“ dargestellt habe. Diese Behauptungen werden dabei ohne Einsicht in die Studie aufgestellt, also ohne Kenntnis der konkreten Studienergebnisse. Uns überrascht, dass gerade ein Verein, der als kommunikatives Sprachrohr aller beratenden Berufe in der Finanz- und Versicherungswirtschaft fungieren möchte, die mangelnde Bereitschaft zur Transparenz eines Großteils der Versicherer undifferenziert unterstützt. Es muss doch gerade im Interesse von Versicherungsvermittlern liegen, ihren Kunden verbindliche Aussagen liefern zu können.
Zu den Kritikpunkten des ZfF e.V. wird nachfolgend unter I-IV Stellung genommen:
I.
Der ZfF e.V. schreibt in seiner Stellungnahme:
„An der Untersuchung beteiligten sich nach Darstellung in der Presse nur sieben, nach Darstellung auf der Website des Studienanbieters inzwischen knapp zwölf Prozent der 59 angefragten Versicherer. Nach unseren Informationen haben aber aus diesem Kreis zudem nicht alle Unternehmen die vorgelegten Fragebögen vollumfassend beantwortet. Aus dieser Umfrage deshalb einen kausalen Zusammenhang für den Gesamtmarkt der Versicherungsunternehmen herzustellen, entbehrt nach unserem Dafürhalten als Vertreter der Versicherungsvermittler, einer fundierten Grundlage!“
Die „Welt am Sonntag“ hat die Teilnehmerquote mit 7 von 59 teilnehmenden BU-Versicherern im Artikel erwähnt, sodass sich jeder Leser sein eigenes Bild davon machen kann, ob diese Teilnahmequote eine statistische Aussagekraft hat.
Insgesamt wurden die Studienergebnisse auf folgender Datengrundlage ausgewertet:
- Es haben 7 der 59 angefragten Versicherer geantwortet. Die Teilnahmequote beträgt dem-nach aufgerundet 12%.
- Die Datenbereitstellung ist in der Studie ausgewiesen. Sie variiert zwischen den Versicherern zwischen 27% und 100%. Kumuliert wurden von 7 Versicherern 68% aller Fragen beantwortet.
- Darüber hinaus haben alle Teilnehmer zusätzliche Hinweise und Anmerkungen geliefert, die die beantworteten Fragen teilweise einschränkten, relativierten oder negierten.
Alle angefragten Versicherer hatten die Möglichkeit, an der Erhebung teilzunehmen und zur dringend benötigten Transparenz im Antrags- und Leistungsprozess beizutragen.
II.
Im Frageblock zur Leistungsprüfung wurde u.a. die Reisetätigkeit abgefragt. Gefragt wurde konkret, ob die Reise in ein COVID-19-Risikogebiet oder Mutationsgebiet (In- und Ausland) bei einem daraus in der Folge durch eine COVID-19-Infektion mittelbar oder unmittelbar resultierenden Leistungsfall zu einer Leistungsablehnung führen kann.
Ein Versicherer hat dies bejaht und dabei auf einen Quellenhinweis der eigenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) mit dem Zusatz „Ausschluss möglicher Vorsatz“ verwiesen. Dieser AVB-Bestandteil liegt inhaltlich allen BU-Verträgen zugrunde.
Diese Antwort zeigt exemplarisch auf, wie die Regelungen der AVB im Leistungsfall ausgelegt werden könnten.
In „Welt am Sonntag“ wurde dieses Ergebnis zutreffend als „Extrembeispiel“ wiedergegeben und als „vor Gericht kaum haltbar“ bezeichnet.
So heißt es in dem WamS-Artikel:
(…) Denn aus der Abfrage geht hervor, welche Hintertüren sich die Versicherer zum Teil offenhalten. Ein Extrembeispiel ist ein Versicherer, der angekündigte: Sei ein Kunde in ein Corona-Risikogebiet gereist, sei dies ein mögliches Ausschlusskriterium für Zahlungen. Denn dies könne als „absichtliche Herbeiführung der Berufsunfähigkeit“ gewertet werden. Vor Gericht dürften solche Argumentationen keinen Bestand haben – doch für die Betroffenen können sie jahrelange, kräftezehrende Auseinandersetzungen bedeuten.
Der ZfF e.V. kommentiert diese Darstellung folgendermaßen:
„…Es wurde laut Presseberichten angeführt, dass eine BU-Leistung verweigert werden kann, wenn der Versicherte sich bei einer Reise in ein Risikogebiet angesteckt hat, da das in diesem Fall eine absichtliche Herbeiführung der BU wäre.“
Diese pauschale Kommentierung setzt die Wertung einer Reise in ein COVID-19-Risikogebiet als absichtliche Herbeiführung voraus. Dies ergibt sich nicht aus der oben genannten Formulierung in dem Artikel der „Welt am Sonntag“ und auch nicht aus unserer Studie.
III.
Der ZfF e.V. schreibt weiterhin in seiner Stellungnahme, dass wir zu folgendem Ergebnis hinsichtlich der Homeoffice-Tätigkeit gekommen seien:
„Außerdem könne auch ein Leistungsanspruch für Haltungsschäden, welche aus der Arbeit im Home-Office resultieren, abgelehnt werden, da es sich bei der beruflichen Ausübung nicht mehr um die „übliche Tätigkeit“ handle.“
Die Frage, ob Haltungsschäden in der Berufsunfähigkeitsversicherung mitversichert sind, war nicht Gegenstand des Erhebungsbogens.
Im Fragenblock zur Leistungsprüfung wurden u.a. die Auswirkungen von Homeoffice im Leistungsfall auf die Ermittlung des Tätigkeitsprofils abgefragt:
„Bei welchen der nachfolgend aufgeführten Szenarien hat Homeoffice aufgrund COVID-19 eine Auswirkung im Leistungsfall auf die Ermittlung des Tätigkeitsprofils der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit (wie ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet)?“
Zu beantworten waren unter Berücksichtigung der ergänzenden Erläuterungen folgende Szenarien:
- Szenario: Ab welchem prozentualen Anteil und/oder wie lange muss VP bereits im Homeoffice gearbeitet haben, damit die Homeoffice-Tätigkeit als Tätigkeitsprofil zugrunde gelegt wird?
Ergänzende Erläuterung: Es wird abhängig von prozentualem Anteil der Homeoffice-Tätigkeit an der monatlichen Gesamtarbeitszeit und/oder zeitlicher Dauer auf die zuletzt aus-geübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Beginn der Homeoffice-Tätigkeit ab-gestellt.
- Szenario: Homeoffice aufgrund COVID-19 findet generell Berücksichtigung; es zählt das Tätigkeitsprofil nach Beginn der Homeoffice-Tätigkeit
Ergänzende Erläuterung: Es wird auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Beginn der Homeoffice-Tätigkeit abgestellt, unabhängig von prozentualem Anteil der Homeoffice-Tätigkeit an der monatlichen Gesamtarbeitszeit und/oder zeitlicher Dauer der Homeoffice-Tätigkeit.
- Szenario: Homeoffice aufgrund COVID-19 findet generell keine Berücksichtigung; es zählt das Tätigkeitsprofil vor Beginn der Homeoffice-Tätigkeit
Ergänzende Erläuterung: Es wird auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung vor Beginn der Homeoffice-Tätigkeit abgestellt, unabhängig von prozentualem Anteil der Homeoffice-Tätigkeit an der monatlichen Gesamtarbeitszeit und/oder zeitlicher Dauer der Homeoffice-Tätigkeit.
Die Antworten der Versicherer waren uneinheitlich. 2 Versicherer haben angegeben, dass Homeoffice generell keine Auswirkung auf die Ermittlung des Tätigkeitsprofils hat.
Demgegenüber haben 2 andere Versicherer angegeben, dass Homeoffice eine Auswirkung hat.
6 von 7 Versicherern lieferten zusätzliche schriftliche Hinweise, ob und wann Homeoffice bei der Ermittlung des Tätigkeitsprofils berücksichtigt wird.
Beispiele der schriftlichen Hinweise der Versicherer:
- „Entscheidung im Einzelfall“
- „Nach heutigem Stand ist eine aufgrund der Pandemielage veranlasste Homeofficetätigkeit keine dauerhafte Änderung des ursprünglichen Tätigkeitsprofils. So lange davon auszugehen ist, dass es sich nur um eine vorübergehende Situation handelt, ist analog zur Arbeitslosigkeit das ursprüngliche Tätigkeitsbild relevant.“
- „Hier kann es keine pauschale Aussage dazu gebe, da ist jeder Fall individuell. Es ist auch davon auszugehen, dass die Berufswelt nach Corona nicht so wird wie vorher.“
Der „Welt am Sonntag“ haben wir hierzu eine Zitatfreigabe erteilt, die sowohl in der „Welt am Sonn-tag“ als auch in der „WeltKompakt“ redaktionell ohne unsere Kenntnis geändert wurde.
IV.
Ferner schreibt der ZfF e.V. wie folgt:
„Die Herausforderungen in der Leistungsfall-Entscheidung sind durch die Corona-Pandemie sicher nicht kleiner geworden. Die über viele Jahre weiterentwickelten Bedingungswerke der einzelnen Ver-sicherer, stellen heute belastbare Rahmenbedingungen für ein Verfahren dar, das eine möglichst gerechte Leistungsentscheidung für den Einzelnen, vor dem Hintergrund des Kollektivgedankens der Versichertengemeinschaft, ermöglicht. Die mehrfach nachgewiesenen* Leistungsquoten von stabil über 75 Prozent der Leistungsanträge bestätigen das nachhaltig (* Quelle: Analysen von Franke Bornberg).“
Im Rahmen der von uns durchgeführten Qualitäts- und Transparenzinitiative (QTI) 2016 und 2018 zum tatsächlichen Leistungsverhalten der BU-Versicherer hat sich gezeigt, dass die unternehmensindividuellen Leistungsquoten von anerkannten Leistungsfällen zwischen 44,2% und 87,7% variieren. Dementsprechend gibt es bei einzelnen Unternehmen starke Abweichungen zum Branchendurchschnitt.
Die Varianz zeigt sich beispielsweise auch in der Anzahl der Fälle, in denen der Versicherte gegen den Versicherer klagt, mit einer Klagequote von 0% bis zu 32%. Nochmals untermauert wird dies durch die Quote der erstinstanzlichen Urteile zugunsten des Versicherten, die zwischen 0% und 83,3% variieren.
Alle Informationen zur Qualitäts- und Transparenzinitiative zum tatsächlichen Leistungsverhalten der BU-Versicherer finden Sie weiterhin auf unserer Homepage:
https://www.premiumcircle.de/fachinformation/
Verantwortlich für den Inhalt:
PremiumCircle Deutschland GmbH, Kaiserstraße 177 , D-61169 Friedberg,Tel.: 06031 169590, www.premiumcircle.de , www.vorsorgefachforum.de